1. Jänner 2019
Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes Der erste Jänner heißt auch „Oktavtag von Weihnachten“. Das kommt aus dem Lateinischen und bedeutet: der achte Tag nach Weihnachten. Die großen Feste des Kirchenjahres werden nämlich acht Tage lang gefeiert. Am Christtag wird das Kind gefeiert, heute die Mutter, Maria. Theoretisch. Praktisch stehen die meisten ratlos vor dem Bild Marias; sie stehen stumm vor Jesus; sie wissen gar nicht, was das Ganze eigentlich soll, Weihnachten, Ostern und so weiter. Von Wissen und Glauben ist nur noch der Brauch übrig: Man feiert Weihnachten, wie man zur Kommunion geht. Die Predigten zur Erklärung bewirken: gar nichts. Und weil hinter den Bräuchen nichts mehr steht, kein Wissen und kein Glaube, wird das alles hier sterben. Dieses Gebäude wird weiter dastehen, es wird eine Kindergruppe geben und das Pfarrcafé, aber beten wird niemand mehr. Der Glaube verschwindet. Warum mache ich dennoch weiter? Weil ich den Glauben richtig finde und wunderschön. Ich bin wie ein Verleger, der weiter Bücher herausbringt, auch wenn keiner mehr Bücher liest. Er tut es, weil er Bücher gut findet, aber er weiß, dass er den Zeitgeist nicht verändern kann. Die Menschen wollen den Glauben nicht mehr. „Was wird an Weihnachten gefeiert?“ Gehen Sie los und fragen Sie. Fragen Sie Ihre Nachbarn. Fragen Sie noch: „Und an Pfingsten?“ Sie wissen es: Die Antwort wird Schweigen sein oder Blödsinn. Dabei könnten alle die Antwort wissen, aber es interessiert einfach keinen. Das Wissen über die Glaubensdinge ist fort, und niemand will es zurückhaben. Und der Glaube selbst? Alles, was vom Gottesglauben übrig ist, steht in zwei Sätzen: Erstens, negativ, „Gott ist schuld.“ Gott wird nicht geliebt, er wird angeklagt. Zweiter Religionssatz, positiv: „Gott nimmt uns, wie wir sind.“ Also alles gut. Kein Stress, Herr Pfarrer! Wozu dann das Evangelium? Wozu Jesus Christus? Wozu sein Kreuz? Wozu Maria? Geben Sie mir eine Antwort! Ich frage weiter: Gott nimmt uns, wie wir sind. Auch die Kinderschänder? Und KZ-Wächter? Und die Terroristen? Nimmt er die auch, wie sie sind? Und ich frage weiter. Gott nimmt uns, wie wir sind – und dann? Was ist dann? Hier antworte ich Ihnen: Ja, Gott nimmt uns, wie wir sind. Aber er lässt uns nicht, wie wir sind. Er verändert uns. Wer sich auf Gott einlässt, wer also wirklich glaubt, der wird verändert. Und warum? Damit die Welt ein bisschen besser wird? Damit wir gut dastehen? Ich nenne Ihnen den letzten, entscheidenden Grund dafür, dass Gott uns nicht lässt, wie wir sind: So wie wir geworden sind, sind wir Gott unerträglich. Gott ist der Heilige und erträgt nur Heiliges. Nur das Gute. Im Himmel hat nur das Gute Platz. Das Böse an uns muss weg. Es ist Gott unerträglich. Oder glauben Sie, Gott liebt meinen Jähzorn? Und will, dass ich so bleibe? Im Himmel werden nur Heilige sein. Und Gott wird uns heilig machen, hier oder nach dem Tod, im Fegfeuer. Dazu ist Christus gestorben: dass wir überhaupt heilig werden können. Sie lieben ihr Kind. Aber Sie lieben nicht das Falsche, das Ihr Kind vielleicht tut. Sie können es tolerieren, Sie können Geduld haben, aber Sie können das Böse, das Ihr Kind eines Tages vielleicht tun wird, nicht lieben. Wer das Böse liebt, ist irre. Geisteskrank. Gott nimmt uns, wie wir sind: Wer das sagt, will, dass alles bleibt, wie es ist. Das hat mit dem Evangelium nichts zu tun. „Kehrt um und glaubt an das Evangelium!“ Haben Sie dieses Wort nie gehört? Wir Katholiken können eine Heimat bieten, Gemeinschaft fördern, Kultur erhalten. Aber irgendwann werden wir gefragt werden: Glaubt ihr? Wollen Sie glauben? Die Kinder und die Eltern der Kinder? Die Alten? Die Jungen? Argumente helfen nicht zum Glauben. Hier sind Predigten nutzlos; mein Beispiel ist nicht gut genug. Menschlich gesehen, hat der Glaube hier keine Chance. Bleibt nur das Wunder der Gnade. Was ich nicht bewirken kann, das kann Maria, das können die Heiligen. Maria kann Ihre Herzen bewegen, ich nicht. Ich wünsche Ihnen, dass die Gnade an Ihnen wirkt. Auf die Fürbitte Marias kann Gott uns ein neues Jahr schenken, ein neues Jahr nicht der Gesundheit, nicht das Friedens und des Wohlstands, sondern ein Jahr des Glaubens. Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.