Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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23. Sonntag im Jahreskreis (B), 9. September 2018

09/09/2018 


Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Sie können und Sie könnten. Sie könnten etwas tun oder Sie tun es tatsächlich. Sie haben Möglichkeiten, aber nicht alle verwirklichen Sie. Männer könnten z. B. von ihren Gefühlen reden, aber sie tun es nicht. Wir bleiben hinter unseren Möglichkeiten zurück; deswegen ist das Leben immer auch Verzicht, Hemmung, Vergeudung. Ein Schmalspurleben im Vergleich zu dem, was es sein könnte.

Mit manchem Verzicht kann man leben. Jeder könnte Klavierspielen lernen, aber es geht auch ohne. Auch wer kein Musiker ist, ist ein ganzer Mensch.  Aber wenn einer nicht hört und nicht spricht? Natürlich ist auch der Taubstumme ein Mensch. Es gibt keine Behinderung, die einem Menschen das Menschsein, die Würde nehmen könnte. Wir müssen das klar verkünden, weil immer und immer wieder versucht wird, anderen das Menschsein abzusprechen. Die Würde. Indianern, Schwarzen, Juden, Mördern, Menschen im Koma… Aber wenn einer nicht hören und nicht reden kann, ist ein wichtiger Teil seines Menschseins gebunden, nicht verwirklicht.

„Den Tauben gibt er das Gehör und den Stummen die Sprache.“ Ein Taubstummer begegnet Jesus – und kann hören und sprechen. Das Wunder ist ein Bild dafür, dass Jesus Menschen zu ganzen Menschen macht, weit über Hören und Reden hinaus.

Wunder gibt es, damit wir verstehen. Sie sind Zeichen, keine Weltverbesserungen. Warum sollte Gott diese Welt hier verbessern? Er hat sie gemacht. Ist schlecht, was er erschaffen hat? Und Gott respektiert unsere Freiheit. Also auch das, was wir aus dieser Welt machen. Er hat sie uns übergeben. Den Krieg machen wir Menschen, nicht Gott.

Gott will eine neue Welt. Deswegen sind die Wunder nicht nur Zeichen, sondern auch Aufträge, Befähigungen. Der Taubstumme wird nicht nur geheilt, damit er wieder gesund ist, sondern auch, damit er reden kann. Verkünden. Das Wunder befähigt ihn zu sprechen. Wovon?

Vom Reich Gottes. Das Reich Gottes verkünden Sie schon, wenn Sie sagen: „Ich helfe dir!“ Oder: „Erzähle mir, ich höre dir zu.“ Oder: „Ich bin dein Freund.“ Sie spüren es selbst: Der Taubstumme wird nicht geheilt für Tratsch, Schmäh und Rechthaberdiskussionen. Er soll das Reich verkünden. – Ich hungere danach, dass Sie mich nach Gott fragen oder mir von Ihrem Glauben erzählen. Warum geht das nicht? Liegt das nur an mir? Nur daran, dass Sie es nicht gewohnt sind? Spricht man nicht von dem, was einem wichtig ist, was einen bewegt? In der Kirche wird so viel geredet: über alles Mögliche, aber nie über Gott. Sogar wenn Priester beisammensitzen… Das ist schwer auszuhalten.

Das Wunder ist also ein Zeichen, damit wir verstehen. Und ein Auftrag, damit wir handeln. Es ist schließlich auch: eine Gnade. – Gnade? Das ist das, was Gott am Menschen tut. Gnade macht den Menschen fähig für das Reich Gottes. Die Lesung aus dem Alten Testament bringt es in ein wunderschönes Bild: „Der Glutsand wird zum Teich; das Durstland wird zu Wasserquellen.“ Die Gnade verwandelt den Menschen. Er bleibt auf dieser Erde, aber wird geheilt, fruchtbar, lebendiger. Wasserquelle statt Glutsand. – Jesus sagt dem Menschen nicht: „Verschließe dich!“ Nicht: „Sei vorsichtig!“ Nicht: „Bleib ganz wie du bist!“ Er sagt: „Öffne dich!“ So ist Gnade.

Die Leute meinen, Gott, so es ihn denn gibt, Gott handle außen, wirke entweder Wunder oder gar nicht. Sie meinen: Wunder bedeutet, dass Gott diese Welt hier aus den Angeln hebt. Krebszellen verschwinden lässt, Steuer herumreißt, Vulkane verstopft, Diktatoren erschlägt. Falsch. Gott handelt in unserem Inneren.

Was tut er? Er versöhnt uns mit sich. Wir haben ihm den Krieg erklärt, er macht Frieden mit uns (s. Agnus Dei). Die Theologen nennen das „Rechtfertigung“. Dann schenkt Gott uns Glauben, Hoffnung und Liebe.

Und was können wir tun? Die Sakramente empfangen. Das Sakrament der Versöhnung (Beichte). Wir können beten. Das heißt hören, reden, schweigen. Wir können lernen (Lektüre). Erkennen, wo wir stehen. Wir können Gutes tun.

Und was braucht es dazu? Energie. Große Wünsche. Und innere Armut. Es braucht Hoffnung. Freiheit des Geistes. Freundschaften. Geistliche Freundschaften. Es braucht Rat. Es braucht Christus.

Dabei gilt: Was wir allein besorgen können, lässt Gott uns auch alleine tun. Er greift nicht ständig auf außerordentliche Weise ein. Wir müssen schon selbst lernen, Gott wird uns das heilige Wissen nicht eingießen. Konkret: Je besser wir uns bemühen, die Hl. Schrift zu verstehen, desto mehr schenkt uns Gott, dass wir ihn erkennen.

Gott passt sich uns an, unserem Temperament, unseren Bedürfnissen und Fähigkeiten, der Zeit, in der wir leben. Gott spricht mit dem Hirtenmädchen Bernadette in Lourdes anders als mit dem Theologen Thomas von Aquin. Aber beide erkennen Gott. Beide erfahren Gnade. Also göttliche Liebe.

Göttliche Liebe ist eine Liebe, die läutert. Die Menschen vereint, nicht nur körperlich. Göttliche Liebe, das ist eine Liebe, die erleuchtet, also besser verstehen lässt. Die einen verwandelt. Barmherziger macht. Sinn für Gott gibt. Tapfer macht, geduldig, demütig. Eine Liebe, die reden lässt.

Was sagen Sie einem, wenn Sie ihm Mut machen wollen? „Es wird schon gut gehen“? Wirklich?! Oder sagen Sie ihm: „Es ist, wie es ist. Stell dich nicht an!“ Oder: „Ich verstehe dich.“ Was sagen Sie der Welt, ihren Leuten daheim? Beim Propheten Isaias heißt es: „Sprecht zu den Verzagten: Seid stark. Seht da, euer Gott!“

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

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