Montag der 10. Woche im Jahreskreis (B), 11. Juni 2018. Hl. Messe und Andacht des Aidsdienstes Malteser
Die Seligpreisungen Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes Loser. Krabbler, hilflose. Verklemmte Pfaffen. Langweilige Katholiken. Einschichtige. Kleine Leute. Verzopfte Aristokraten. Ausländer. Kraftlose Bücherleser. Arme. Kranke. Sie wissen, dass die Welt so denkt, wenn sie in eine Kirche schaut. Diese Welt braucht um zu funktionieren ganz viel Verachtung. Doch da ist einer, der schaut dich an und sagt ein Wort. Ein einziges, kurzes Wort. Er sagt es ruhig, sanft und mit unfassbarer Autorität: Selig! Du bist selig, alte Frau! Du bist selig, du Ratloser! Selig seid ihr, ihr Kranken! Und man ist verstört. Hallo? Und man beginnt zu spüren: Das ist nicht nur Rede, das ist nicht Gefühlsduselei, keine Schlager- und Kino-Liebe. Das ist Hochachtung. Vielleicht kann man die Liebe Jesu so beschreiben: Hochachtung für Menschen. Also das, was wir nur noch schwer hinbekommen. Oder gar nicht mehr, wenn wir nur lange genug unter Menschen gelebt haben. Jesus hält durch, was wir aufgeben. Der Blick auf Christus im Evangelium, die Erfahrung mit ihm zeigen: Das ist kein leeres Gerede. Wer das nicht sofort spürt, der versteht es, wenn er aufs Kreuz schaut. Er versteht es am Ostermorgen, wenn Jesus auf seine Leute zutritt und Ihnen sagt: „Empfangt den Heiligen Geist. Selig seid ihr!“ – „Selig seid ihr!“ Das ist die Achtung Gottes für den Menschen. Und es ist eine Verheißung. Eine neue Chance für die Welt. „Selig, die arm sind vor Gott… die keine Gewalt anwenden und Frieden stiften. Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit.“ Das ist eine Umbenennung. Das, was die Welt erbärmlich findet, nennt Jesus selig. Er schafft etwas Neues. Wer das hört und annimmt, wird ein neuer Mensch. Jesus sagt es so, dass es Menschen verändert. So, dass wir uns dieser Welt stellen können. Ein Wort – „selig seid ihr! Ihr, denen die Leute einreden, sie seien Loser“ – ein Wort genügt, um Ketten zu zerbrechen. Nicht irgendwann: jetzt. Jesus sieht „die vielen Menschen, die ihm folgen“ und sagt denen: „Selig seid ihr! Von nun an.“ Nicht erst dann, wenn alle katholisch geworden sind; nicht erst dann, wenn die Weltrevolution funktioniert hat und ihre Gegner erledigt sind; nicht erst dann, wenn jeder ein Eigenheim hat. Nicht erst dann, sondern jetzt. Weil er es sagt, ist es auch einforderbar. Die Kranken, die der Malteser-Ritter-Orden betreut, können ab jetzt sagen: „Behandelt uns nicht als Kranke, sondern als Selige!“ Als Jesus diese Worte zum ersten Mal aussprach, dachten die Jünger da: Von wem spricht der eigentlich? Nein, sie verstanden: Et spricht von uns! Die Frauen und Männer, die Jesus folgten, waren ja Arme, Trauernde, Friedliche, voll Sehnsucht nach Gerechtigkeit. Und Jesus selbst hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit und hat ein reines Herz und stiftet Frieden. Jesus selbst ist der erste Selige. Um ihn entsteht eine neue Gemeinschaft. Die Menschen verstanden: Dieser Mann sieht mich anders als die anderen; anders als ich mich selbst sehe, weil mir alle einreden, ich sei nicht viel wert. „Wer bist du schon? Du wirst vergessen werden!“, sagt uns die Welt. Jesus sagt: „Selig bist du!“ Auf wen wollen Sie hören? Das müssen Sie wirklich selbst entscheiden. Wollen Sie auf eine Welt hören, die Ihnen zu verstehen gibt, schonungslos, scharfsichtig: Du bist ohne Belang. Deine Stimme zählt nicht. Oder wollen Sie auf den hören, der Ihnen sagt: Selig! Was du für deine Niederlage hieltest, so viele Jahre lang, das ist in Wahrheit dein Sieg. In den Selig-Preisungen trennt Jesus die Welten, die alte und die neue Welt. Er verheißt etwas Großes. Er zeigt uns, wie das geht: auf neue Weise leben. Wie fremd Jesus in dieser Welt ist! Wer ihm folgt, verzichtet auf die gängigen, gewohnten Kategorien. Also letztlich auch auf das konkrete Mitmischen. Wir Christen leben am Rand. Dort, wo die alte Welt aufhört und die neue beginnt. Wer Jesus folgt, wird irgendwann beim Kreuz stehen, stimmt. Und merken: Das Kreuz ist gar nicht der Ort der Niederlage. Es ist der Ort Herrlichkeit. Hier wird nichts mehr weg gelogen. Hier ist meine Gemeinschaft. Alle, die da stehen, sind arm, alle hungern, alle haben Sehnsucht. Auch der Orden steht da (und wehe, wenn er woanders stehen will!). Der Orden kann helfen, aber er kann das Kreuz nicht auflösen. Er kann die Krankheit und die Armut nicht ein für alle Mal wegnehmen. Auch den Unglauben nicht. Aber er kann dableiben, statt wegzulaufen. Das ist so viel: Wenn einer bei dir bleibt. Der Orden kann aushalten, hinschauen, anschauen. Weil er weiß und glaubt, was Jesus sagt: Selig seid ihr! Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.