Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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Predigt zum Jahresende 2016 und zum Hochfest der Gottesmutter, 1. Jänner 2017 – Die Hoffnung –

16/01/2017 


m Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Und? Wie war das Jahr jetzt? Toll, „geht so“ oder ganz schlimm? Ich kenne viele, deren 2016 richtig übel war. Aber trifft mein Eindruck die Wirklichkeit? Was, wenn ich andere Menschen getroffen hätte? Haben Jahre einen Charakter? War 2016 wirklich besonders schwierig, – oder habe ich frühere Jahre nur vergessen? Vielleicht würde es helfen, in den Geschichtsbüchern zu lesen und sich vorzustellen, wie das damals war. Sich etwas vorstellen meint, von sich selbst wegtreten und sich in andere hinein versetzen: der erste Schritt zu Mitgefühl und Nähe. Und diese sind doch wichtiger als die Beurteilung eines Jahres! Was soll aus dem Land werden, in dem das Mitgefühl schwindet?

Sie merken, worauf ich hinaus will: Ein gerechtes Urteil über ein Jahr zu fällen, ist gar nicht möglich. Auch nicht nötig. Wie könnten wir Einzelne einem Weltjahr gerecht werden? Wie könnte unser beschränkter Blick das Ganze schauen? Kein Urteil – kein Stress. Gelassenheit. Dinge offen lassen. „Urteilt nicht…!“, sagt die Hl. Schrift. Das hilft für den Umgang mit der Vergangenheit. Und für die Zukunft hilft Hoffnung.

Also das Positive sehen? Sich selber gut zureden? Sich zusammen nehmen? Das alles ist ganz recht; Hoffnung ist es nicht. Wer je in schwierigen Zeiten zu hoffen versuchte, ahnt es: Hoffnung kann nicht aus uns selbst kommen. Wir können sie nur empfangen. Hoffnung ist ein Geschenk Gottes, – das er uns durch andere macht. Freunde schenken uns Hoffnung. Eltern geben ihren Kindern Hoffnung: Die Hoffnung, beschützt zu sein. Und Kinder schenken ihren Eltern Hoffnung. Aber keiner schafft die Hoffnung aus sich heraus. „Denn Hoffen ist aus dem Geist Gottes, Verzweifeln ist aus unserem eigenen Geist.“ Da hat Luther Recht. Verzweifeln kann jeder. Es braucht nur ein, zwei Schläge. Hoffen, das ist ein Geschenk. Und das ist jetzt; Hoffnung ist jetzt, nicht irgendwann. – Sie wollen sich einen guten Vorsatz machen zum Neuen Jahr? Dieser täte Not: Ich will hoffen, jetzt. Weil Gott mir Hoffnung schenkt.

Geschenk ist das, was schon bereit liegt; was uns angeboten wird; was nur noch offen und dankbar angenommen werden muss, in einer Begegnung. Das macht die echte Hoffnung so leicht und unangestrengt. Wir müssen nichts tun. Nur annehmen. Und weil sie ein Geschenk Gottes ist, ist die echte Hoffnung stark. Denn Gott ist stark. Stärker als alles, was unser Wille erreichen könnte, nicht wahr? Solche Hoffnung reicht weit.

Hoffnung ist keine Strategie; man lernt sie nicht in Seminaren; sie braucht keinen beliebten Papst, keinen Sound, keine großen Gefühle. Hoffnung sitzt nicht sinnend am Fenster; sie ist so viel mehr als seufzendes Warten. Hoffnung ist enthusiastisch. Der stille, inspirierende Enthusiasmus der christlichen Hoffnung. Nicht das Grölende der Stadien und Plätze, wo sie auf einen Sieg hoffen; nicht das Naive und Kurzatmige der Gedankenlosen, nicht das Verbissene der Fanatiker. Unser Enthusiasmus ist heiter und ernst, dankbar und greift so viel weiter! „Hochherzigkeit.“ Mit diesem schönen Wort wurde früher beschrieben, was ich meine.

Sich erheben: Das tut uns not. Wenn es nur um Realismus und Umsetzbarkeit geht, wird das Leben platt. Wir ersticken. Politik, Kirche, Pfarre, Ehe…: Sie brauchen die großen Vorhaben, die Visionen. Um über sich selbst hinauszuwachsen, muss man nach oben streben. In den Himmel. Die Menschen wünschen sich doch nicht, dass alles für alle so bleibt, wie es ist! Das können sich ernstlich nur ein, zwei Prozent derer wünschen, die auf dieser Erde leben. Alle anderen sehnen sich nach Veränderung.

Die Kirche feiert von heute Abend an nicht den Jahreswechsel, sondern den achten Tag der Weihnachtszeit, das Hochfest der Gottesmutter Maria. Sie feiert eine Frau, nicht eine Zahl. Marias Art, in die Zukunft zu gehen, ist: königlich. Diese Frau überantwortet sich Gott mit der schlichten Großherzigkeit, die nur königliche Menschen haben. Souverän ist, wer sich nicht ständig selbst reflektieren muss. Wer tut und im Tun ganz bei sich ist. So ist diese Frau.

Maria sagt ja und beginnt den Weg. Sie wird. Sie reift an ihrem Kind. In der Bitternis, die zwischen sie und ihren Verlobten tritt; wie sie nach Bethlehem geht und dort in Not und Armut ihr Kind zur Welt bringt; wie sie fliehen und in der Fremde leben muss. Wie sie die Fremdheit Gottes an ihrem Kind erlebt. Sie ist dem Geschehen nicht gewachsen, sie begreift es nicht, aber sie „bewahrt es in ihrem Herzen“. Immer wieder lernt sie Gott neu kennen und wächst im Glauben nach. „Selig, dass du geglaubt hast!“

Wir leben in Zeiten, in denen jeder freundliche Zauber von den Dingen gefallen ist. Die Widersprüche stoßen hart auf einander. Uns Heutigen ist ein erwachsenes Glauben auferlegt. Die Gestalt Marias, wie sie im Neuen Testament steht, zeigt uns das Christenleben, wie es wirklich ist, – wie es die Zukunft bestehen kann. Mit Glauben und Hoffnung. Dem Geschenk Gottes.

„Ein neues Jahr steigt nun herauf, noch fremd und unbekannt. /

Sei still, mein Herz! Sei nur getrost! Es kommt aus Gottes Hand.

Ein neu’ Geschenk ist dieses Jahr, verhüllt, geheimnisvoll. /

Doch er, der heut’ und gestern war, weiß auch, was werden soll.

Des Christen Herz kann stille sein in wunderbarer Ruh. / Es spricht in Nöten und Gefahr: Zu Hilfe kommst doch Du.“

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

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