Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

Aktuelles

Unsere Liebe Frau von Jerusalem, 21. November 2016

22/12/2016 


Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Wo ist die Heimat des Malteser-Ritter-Ordens? Dessen offizieller Name übrigens lautet: „Souveräner Ritterorden vom Hospital des heiligen Johannes von Jerusalem, genannt von Rhodos, genannt von Malta.“ Wo also ist seine Heimat? In Rom, wo seine Regierung sitzt? In Malta, das seinen Namen prägt? in Jerusalem, wo der Orden gegründet wurde vor beinahe eintausend Jahren?

Lassen wir die Frage fürs Erste unbeantwortet und schauen auf das heutige Fest: „Unsere Liebe Frau von Jerusalem.“ Es erinnert an das Jahr 543, als in der Nähe des Ortes, wo früher der Tempel stand, jener prächtige Tempel, in dem Jesus lehrte, als dort eine Basilika zu Ehren der Gottesmutter geweiht wurde. Die Basilika wurde zerstört, wie auch der Tempel zerstört worden war. Dennoch wurde das Fest im ganzen Orient weitergefeiert. In den römischen Kalender wurde es 1585 aufgenommen: beinahe tausend Jahre nach jener heiligen Weihe. Wir feiern also hier in Wien die Weihe einer verschwundenen Kirche in Jerusalem. Wir feiern hier in Österreich ein Fest des Orients, weil die Kirche Roms, zu der wir gehören, es in ihren Kalender aufgenommen hat. Jerusalem, Rom, Rhodos, Malta, Wien… die Geschichte wandert. Es gibt keine Heimat.

Wir versuchen, uns eine Heimat zu geben. Wir blicken über ein Land und flüstern: „Heimat!“ Wir hören seine alten Lieder und spüren: Da gehöre ich hin. Wir bauen uns Heimat in Häusern, in Wohnungen, in Denkmälern, Büchern, Sammlungen, Dialekten. Die Bettlerin versucht es mit ihren zwei Gepäckstücken, die Prinzessin mit ihrem Stammbaum. Und Jesus fragt: „Wer ist meine Mutter, und wer sind meine Brüder?“ Und Jesus sagt von sich: „Der Menschensohn aber hat keinen Ort…“ Und Millionen von Menschen verlassen ihre Heimat und suchen eine neue. Und die Ideen fangen an zu wandern. Was vor zehn Jahren noch feststand, gilt jetzt nichts mehr. Die Idee der Elite, der Vernunft, die Idee der Wahrheit, des Allgemeinwohls, die Vorstellung von Öffentlichkeit und Privatsphäre, von Frauen und Männern… alles wandert, und wir wissen nicht, wohin es geht.

Die Geschichte drängt, immer stärker, und an diesem Festtag geht uns auf: Die Geschichte entgleitet uns auch. Die verschwundene Kirche in Jerusalem ist das Bild dazu. Wir brauchen doch aber Stärke! Wir brauchen einen Halt. Die Zeiten sind schwierig und vielleicht werden sie schwer.

In der Tradition der orientalischen Kirche wird das heutige Fest verbunden mit dem Einzug der Mutter Gottes in den Tempel: Joachim und Anna bringen ihre Tochter Maria in das Haus Gottes. Die Hl. Schrift erzählt davon nichts. Aber die Lesungen des Tages weisen ebenfalls auf den Tempel hin. In einem viel tieferen Sinn als die Legende. „Juble und freue dich, Tochter Zion, denn siehe, ich komme und wohne in deiner Mitte.“ Das Wort Gottes an Maria: „Ich komme und wohne in deiner Mitte.“

Zion und Jerusalem sind Bilder für Maria, und Maria ist ein Bild für die Kirche. Gott wohnt in Marias Mitte, in ihrem Herzen und in ihrem Leib. Maria ist der Tempel Gottes. „Vas spirituale“, „Kelch des Geistes“, „Kelch der Hingabe“, „Goldenes Haus“, „Bundeslade Gottes.“ Christus ist in seiner Kirche wie er in Maria ist.

Die Geschichte wird Inneres. Die Heilsgeschichte beginnt im Herzen und im Leib einer Frau. „Siehe, ich komme und wohne in deiner Mitte.“ – „Mir geschehe.“

Maria ist die Kirche, und wir sind die Kirche. Wir gehen den Weg nach, den Maria zuerst gegangen ist. Wir hören das Wort Gottes wie sie. Das ist es, was in der Kirche des Malteser-Ritter-Ordens geschieht. Wir hören Gottes Wort; wir eignen es uns an; wir tun es.

„Wer den Willen meines himmlischen Vaters tut, der ist mir Bruder und Schwester und Mutter.“ Wir werden Geschwister Jesu. Wir werden seine Mutter…!

Wir stellen uns heute dem Verlust der Geschichte; wir feiern aber auch ihre Weitung: Unsere Liebe Frau von Jerusalem, Unsere Liebe Frau von Philermos, von Mailberg, vom Guten Rat, vom Rosenkranz, Unsere Liebe Frau im Walde und von der Sonne, wie man sie in St. Stephan verehrt… Wir feiern die Weite der Heilsgeschichte. Und treten wieder in die Geschichte ein. Mutig, selbstbewusst, gläubig. Denn wer das Wort Gottes hört und den Willen Gottes tut, der gestaltet die Geschichte. Das ist unsere Aufgabe. „Allen zu leuchten, die in Finsternis sitzen und im Schatten des Todes.“

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

Souveräner Malteser-Ritter-Orden

Johannesgasse 2 - 1010 Wien - Österreich | T: +43 1 512 72 44 | E: smom@malteser.at

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