Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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Dienstag der 30. Woche im Jahreskreis, 25. Oktober 2016

28/11/2016 


Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Disziplin. Auch beim Lesen der Bibel. Realismus. Auch in Glaubensdingen. Also nicht zuerst: Was meine ich? Was fühle ich? Was wünsche ich mir? Sondern: Was steht da? Die Leute hören z. B. die Lesung dieses Tages: „Ihr Frauen, ordnet euch euren Männern unter…“, und die Leute empören sich. Oder sie triumphieren – „so steht es in der Bibel!“ Oder sie steigen aus: „Schmarren von vorgestern.“ Aber geht es in dieser Lesung wirklich um Frauen und Männer? Ist das die ganze Perspektive des Apostels? Paulus spricht doch auch von der Kirche. Vor allem von der Kirche. Also von jener Gemeinschaft, die aus Frauen und Männern besteht. Frauen und Männer bilden die Kirche. Ihr Haupt ist Christus. Die Kirche ist der Leib Christi. „Heilig soll sie sein und makellos.“ Darum geht es. Männer und Frauen sind gemeinsam Glieder am Leib Christi. Frauen nicht weniger als Männer, Männer nicht weniger als Frauen. Über die Zugehörigkeit zur Kirche führt Paulus die Gleichheit der Geschlechter ein. Sprengstoff!

Nicht jedes Wort der Schrift ist auf dieselbe Weise zu verstehen; nicht alle Worte der Schrift haben denselben Rang. Der Hl. Geist inspiriert die Autoren der Schrift, aber er diktiert ihnen nicht. Die vier Evangelisten z. B. bleiben unterschiedliche Individuen mit unterschiedlicher Sprache. In diese Sprache fließt ihr Charakter ein, ihre Bildung und die Zeit, in der sie leben. Die Bibel ist also, wie die Kirche, göttlich und menschlich zugleich.

Was Paulus da über Frauen und Männer schreibt, spiegelt die sozialen Regeln seiner Zeit. Frauen sind Männern untergeordnet; der Mann ist „das Haupt der Frau“. Allerdings setzt Paulus dazu: „Wie Christus das Haupt der Kirche ist.“ Der Verweis auf Christus und die Kirche ist die geöffnete Tür. Durch sie dringt der Geist ein, das Leben, die Entwicklung. Christus und die Kirche machen die Geschichte weit.

Paulus erhält die sozialen Regeln seiner Zeit, Sklaverei, Ungleichheit der Geschlechter, ja – aber er stellt sie auch in ein neues Licht. Wer das tut, hat die Regeln schon unterminiert.

Das und das steht in der Bibel. Also gilt es, für immer und überall. – Wenn es so wäre, wäre die moderne Gesellschaft mit der Gleichberechtigung abgeirrt vom rechten Weg. Und die Kirche auch.

Es ist erlaubt, die eigene Tochter in die Sklaverei zu verkaufen. Steht im Buch Exodus (21,7). Das ist nicht mehr gültig, oder? Wenn dein Nachbar am Sonntag arbeitet, musst du ihn töten. Steht im Alten Testament (Ex 35,2). Das ist nicht mehr gültig. Und doch hatte Gott diese Gesetze gegeben. Vieles von dem, was in der Bibel steht, ist zeitgebunden. Es kann sich erledigen.

 

Sie merken es: Ein schwieriger Weg – ohne einfache Lösungen. Ein Weg, der Zeit braucht und Einsicht. Mehr Zeit und mehr Einsicht, als ein einzelner haben kann. Deswegen gibt es den großen Zusammenklang von Schrift, Tradition, Heiligen, Erfahrung, Gebet, Lehramt, alles zusammen, damit wir uns dem „tiefen Geheimnis“ Christus und die Kirche annähern können, es niemals ganz und für immer zu verfehlen. Worte der Schrift und Leben der Menschen: Alles ist Christus untergeordnet. Er ist das unfehlbare Haupt der Kirche und der Menschheit. Wir sollen also alles Leben in das Licht dieser Wahrheit stellen: „Christus und die Kirche.“ Alles, auch unsere Beziehungen. Das erhält die Gesellschaft und das verändert die Gesellschaft.

Christus und die Kirche – wer darauf hin lebt, der wird, darauf will Paulus hinaus, zu einem Bild. Wir sind Bilder. Wir weisen über uns hinaus. Wir sind Zeichen für die anderen.

Ein Ehepaar, das können ein Mann und eine Frau sein, die eine Wohnung teilen; oder Kinder großziehen und bestimmte Steuervorteile genießen. Ein Ehepaar kann aber auch ein Bild werden, das den anderen zeigt, wie tief, unauflöslich, liebevoll die Bindung zwischen Christus und der Kirche ist.

Christus aber macht die Kirche „rein und heilig“. Päpste und Ehepaare, Priester und Kinder. Männer und Frauen. Alle, die sich auf ihn hin orientieren. „So will er die Kirche herrlich vor sich erscheinen lassen.“

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

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