Hochfest Johannes des Täufers, 24. Juni 2016
Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes
„Hier lächelt jeder ständig.“ So schilderte kürzlich unser Kirchenblatt eine Gemeinde der katholischen Erneuerung in London. Genauer gesagt: So lobte die Zeitung jene britische Pfarre. Alle lächeln ständig: Ich kannte das bisher nur von Leuten, die lustige Pilze gegessen hatten, aber offenbar ist das jetzt das Modell der modernen Katholiken. Beunruhigend. Was soll aus England werden, wenn die jetzt ständig lächeln? Und wo sollen Sie dann hin, Sie, die Ritter und Damen des Ordens, Sie und Ihr Patron?
Johannes war bestimmt kein verknöcherter Theologe oder verbitterter Dechant, aber lächelnd? Es fällt schwer, sich den Täufer lächelnd vorzustellen, erst recht „ständig lächelnd“. Zornig, so sieht man ihn. Leidenschaftlich. Ein zorniger, leidenschaftlicher, heiliger Mann: Das war der Täufer, Ihr Patron. Erledigt wurde er von einer rachsüchtigen Karrierefrau, einem törichten, sexy Teenager und einem Politiker. Von zwei veritablen Mistviechern und einem Feigling. Was ein Ende.
Das musste wohl so kommen, denn Johannes hatte sich auf die Bühne dieser Welt begeben. Besser: Gott hatte ihn dorthin gestellt – und das kostete Johannes den Kopf. Das ist eine Welt, die man als Ehrenmann nicht überlebt. Johannes trifft am Ende auf Rachsucht, Macht und Feigheit. Und unterliegt. Auf den ersten Blick.
So weit kann Berufung führen: Einer endet als Opfer. Solchen Schutzpatron, solches Vorbild haben Sie also. Einen Berufenen. Einen Mann auf der Bühne der Welt. Ein Opfer.
Offenkundig steht auch der Souveräne Malteser-Ritter-Orden auf der Weltbühne, vor aller Augen, seit Hunderten von Jahren schon. Und Berufene sind Sie, weil die Taufe eine Berufung ist und der Zutritt zu diesem Orden ebenfalls Berufung sein soll.
Damit sind Sie im Team. – Aber auf welcher Position spielen die Ritter? Was ist ihr Auftrag? Letzteres ist einfach beantwortet: Ihr Auftrag ist die Verteidigung. Die Verteidigung der Armen und des Glaubens (und jeder weiß, dass Verteidigung bisweilen den entschlossenen, kühnen Angriff erfordert).
Die Wahl Ihres Patrons beschreibt Ihre Position. – Dass der Malteser-Ritter-Orden den Täufer zum Patron bekommen hat, schien mir immer beinahe ein Zufall der Geschichte zu sein. Irgendwie ist Johannes keiner, den man sich spontan aussuchen würde. Dieser Patron erfordert eine langsame, stetige und treue Annäherung. Sie lohnt sich. Das ist der Sinn solcher Festtage: die erneuerte Annäherung an Ihren Patron und Ihr Vorbild. An diesen leidenschaftlichen Mann. Ein Weg und ein Patronat von höchster Aktualität und Notwendigkeit.
Denn katholisch sein bedeutet heute, hier bei uns zumindest: ein langweiliges Leben. Artig, lächelnd, aber nicht glühend. Warum um alles in der Welt ist die Leidenschaft hier für das Bett reserviert, für das Business, vielleicht noch für den Sport oder die Kirchenpolitik? Aber wo ist Leidenschaft im Gebet? Warum haben so viele Leidenschaft für die eigenen Lieblingsideen, aber nicht Leidenschaft für Gott?
Die Begegnung mit dem Täufer rüttelt den artigen Christen auf. Er trifft ja einen zornigen, leidenschaftlichen, heiligen Mann. Zornig, nicht wütend. Derzeit wird in den Feuilletons die „Wut“ als politische Qualität wieder entdeckt. Wie naiv. Die Wut des Volkes führt immer zum Massaker. Johannes war nicht dumpf; Johannes war kein akademischer Wutbürger, der zu Hause nach der Demo „einen guten Rotwein“ trinkt. Erst recht war er kein brüllender Hooligan.
Denn der heilige Zorn des Johannes verbindet sich mit der Zucht. Der Mann hat die Wüste ausgehalten! Da lernt man wohl Herz und Geist zu ordnen… Und Johannes war klar, dass Liebe glühen kann. Johannes war ein wilder, freier Mann: Aber Wildheit und Freiheit widersprechen nicht dem Gehorsam und der Hingabe. Diese Mischung aus Zorn und Zucht, Gehorsam, Hingabe und leidenschaftlicher Liebe macht es möglich, dass Johannes die größere Macht anerkennen kann. Dass er sich beugt. Johannes kann auch das Opfer werden, total überfahren werden von der Welt, wenn es sein muss. Er weiß, dass ihm diese Leute seine Größe nicht nehmen. Es beschämt ihn nicht, einer zu werden, der nichts als Vorläufer ist, nichts als Hinweis auf den Eigentlichen: auf den, der da kommt im Namen des Herrn.
Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.