5. Sonntag der Osterzeit, 3. Mai 2015
Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes
„Das Großpriorat hatte nun Frieden; es wurde gefestigt und wuchs.“ Wenn Ihnen am Malteser-Ritter-Orden liegt, hören Sie das gern. Keine Konflikte, keine besorgniserregenden Herausforderungen, keine beängstigenden Prognosen.
In der Apostelgeschichte heißt es: „Die Kirche hatte nun Frieden; sie wurde gefestigt und sie wuchs.“ Die ersten Christen hatten, was wir gerne hätten: Frieden, Festigung, Wachstum. Davor allerdings hatten sie, was wir heute haben: Verfolgung. Verfolgung beginnt, wenn sich einer rechtfertigen muss, weil er in die Kirche geht. Verfolgung beginnt, wo eine ausgelacht wird, weil sie es ernst nehmen möchte mit dem Glauben. Verfolgung beginnt im Kleinen. Wo Verfolgung endet, können Sie jeden Tag in den Nachrichten hören. Christen sind aktuell die am meisten und am blutigsten verfolgten Gläubigen der Welt.
Erst nachdem Saulus sich bekehrt hatte, selber Christ worden war, ging die Verfolgung zu Ende. Die Christen hatten Frieden. Und dann hatten sie wieder schwere Zeiten. – An der heutigen Lesung aus der Apostelgeschichte erkennen wir, dass es in der Kirche immer beides gibt: Zeiten des Friedens und Zeiten des Krieges. Zeiten des Wachstums und Zeiten des Niedergangs. Wo stehen wir gerade in der Kirche, im Orden? Wachstum oder Niedergang? Vorsicht! Um die Situation richtig einzuschätzen, muss man genau hinschauen. Genau und ehrlich. Nicht nur auf die anderen, sondern auch auf sich; nicht nur aufs Außen, sondern auch aufs Innen. Wir leben in einer Zeit großer Umbrüche. Was passiert, zum Beispiel, wenn Putin weiter geht? Wenn Frankreich mit Mme Le Pen, Griechenland mit den Linken und Großbritannien aus der EU austreten? Und der Nahe Osten weiter außer Kontrolle gerät? Oder was passiert, wenn der Kirchenbeitrag abgeschafft wird? Und der Zölibat? Es hat keinen Sinn mehr, so zu tun, als ginge alles weiter wie bisher. Sie wissen das, eigentlich… Wenn wir wissen, was die Stunde geschlagen hat, wenn wir hinschauen mit Hilfe der Kirche, können wir auch Kraft und Fantasie entwickeln, um mit dem neuen Durcheinander fertig zu werden. Eines ist ganz sicher: Es braucht ein paar (gar nicht viele!) klare Ideen, gerade für die Jüngeren, um im Chaos Stand behalten zu können. Es braucht Bindungen untereinander. Der Glaube gibt diese klaren Standpunkte; die Familie, die Kirche, der Orden geben den Halt, die Netzwerke, die Freiheit und Kreativität ermöglichen. Deswegen ist es so wichtig, in die Kirche zu kommen.
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Jesus interessiert sich nicht für Niedergang. Er spricht von Wachsen und Frucht bringen. Auch wenn Sie in der Stadt leben, wissen Sie noch, welchen Einsatz das erfordert. Und welche Konsequenz. „Jeden Rebzweig, der keine Furcht bringt, schneidet er ab…“ Wachsen und Fruchtbarkeit gehen nicht von selbst. Auch in einem Orden nicht und nicht in einer Seele. Das Wachstum fällt unterschiedlich aus; man muss eingreifen, entscheiden, etwas tun. Es braucht Zeit, man muss warten können, aber irgendwann fällt die Entscheidung – und dann ist einer weg, weil er keine Frucht bringt.
Wachstum, Furchtbarkeit, das meint doch: Leben. Alles Leben kommt von Gott. Gott steht für mehr Leben. „Seid fruchtbar und vermehrt euch!“, sagt er den Menschen am Anfang der Welt, und das Land, das er später seinem Volk gibt, ist ein fruchtbares Land. Da geht es nicht nur um materielle Furchtbarkeit. Der Mensch soll fruchtbar sein an guten Ideen und Werken, an Schönem, an Liebevollem oder Nützlichem. Durch das Leben – das gute, richtige, fruchtbare Leben – wird Gott verherrlicht. Und das ist das Ziel des Lebens: die Herrlichkeit Gottes.
In der Apostelgeschichte heißt es: „Die Kirche wurde gefestigt und lebte in der Furcht des Herrn. Und sie wuchs durch die Hilfe des heiligen Geistes.“ Hier wird klar, dass es beim Wachsen und der Fruchtbarkeit nicht um mehr Geld oder Macht geht. Mit Geld kann man tolle Sachen machen; mit Macht viel Gutes erreichen. Die Kirche muss nicht reich und mächtig sein. Aber heilig. Ob ein Orden oder die Kirche insgesamt wachsen und Frucht bringen, entscheidet sich daran, ob sie in der Frucht des Herrn leben, ob sie glauben und die Hilfe des Heiligen Geistes annehmen.
Das Evangelium nennt noch einen anderen Weg zu Wachstum: „Ich bin der Weinstock, ihr die Rebzweige. Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht. Wer nicht in mir bleibt, der wird weggeworfen und verdorrt.“ – Wir müssen gar keinen ausschließen oder verurteilen. Der, der nicht in Christus bleibt, verdorrt ganz von selber. Irgendwann kommt ein Windstoß, irgendein läppischer Konflikt z. B., und trägt ihn fort.
Die anderen sind die, die sich nach einer Krise neu für Christus entscheiden. Immer wieder. Die ihm treu sind. Treue!
Sie lassen sich reinigen durch sein Wort (Sonntagsevangelium, tägliche Bibel). Sie setzen sich ein. Sie bleiben in ihm (Kommunion) und deswegen wachsen sie und bringen Frucht. Weil sie mit Christus zusammen leben und handeln.
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