Montag der 2. Osterwoche 2012 – Joh 3,1-8
Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes
Wo ist das Reich Gottes? Wer so fragt, wird keine Antwort bekommen. Achselzucken. Wo ist die Kirche? Hier kommt die Antwort schnell: hier! Hier steht eine Kirche, darin wir. Wir sind die Kirche in einer Kirche. Augenfällig.
Nikodemus ist ein angesehener, gerechter, treuer Jude. Ein frommer Mann. Wohl schon älter. In einem Alter, in dem die Menschen nach Sicherheit streben; in dem sie klare Ideen haben. Nikodemus hat Hochachtung für Jesus. Er sucht ihn auf. Bei Nacht. Was will Nikodemus?
Was immer er vorbrachte, wie immer seine genauen Worte waren: Es geht um das Reich Gottes. Jesus will es so. Jesus schneidet ihm das Wort ab, geht nicht ein auf das, was Nikodemus sagt, pusht ihn weiter. Jesus hat keine Zeit. Die Fülle der Zeiten ist gekommen. Am Ende ist Nikodemus ein anderer Mensch (auch wenn das Evangelium nichts davon sagt: Wir gehen davon aus, dass er Jesus verstanden hat und annahm, was der Herr ihm sagte).
Nikodemus hat offenbar eine Frage, die er Jesus stellen möchte. Manche behaupten, jeder Mensch habe diese Frage, „im Tiefsten“, wie es heißt. Ich weiß nicht. Ich weiß nichts vom Tiefsten der Menschen. Nikodemus will wissen: Das Reich Gottes – wie kommt man hinein? „Ich weiß es“, sagt Jesus. Und setzt Satz auf Satz. Jesus verführt Nikodemus, er treibt ihn zur Wahrheit. Das ist keine nüchterne, sachliche, neutrale Argumentation. Am Ende ist Nikodemus ein freier Mann. Ein neuer Mann, „aus dem Geist geboren“, bereit für das Reich Gottes. Dabei fiel die Antwort so ganz anders aus als erwartet.
Nikodemus sucht das Reich Gottes, mit Leidenschaft. Wir beten täglich darum. „Dein Reich komme.“ Wie tief ist diese Bitte? Werden wir eine Gemeinschaft, die das Reich Gottes sucht? Ist die Kirche eine Gemeinschaft, die das Reich Gottes sucht? Oder besser: eine Gemeinschaft, in der das Reich Gottes schon begonnen hat? Oder ist die Kirche eine Ansammlung von Leuten? Menschen wie alle anderen. Nur Menschen, „aus dem Schoß der Mutter geboren“, aber nicht mehr. Jeder allein, ohne wahre Verbindung. Viele sind zufrieden, wenn die Kirche nur Mauerwerk ist, Kunstgut, eine Gruppe, ein System, überschaubare Erfahrungen. Bekannt. Kontrollierbar.
„Wundere dich nicht, dass ich dir sagte: Ihr müsst von neuem geboren werden. Der Wind weht, wo er will…“ – „In jener Zeit“, da stand der Wind für das Geheimnis. Jesus führt zum Unsichtbaren. Er macht Menschen zu mehr als nur Menschen; er macht eine Gruppe zur Gemeinschaft. Jesus gibt Geist.
Und bricht die Brücke zum Sichtbaren nicht ab. Allein in diesem Evangelium: „Wasser“, „Fleisch“, „Geburt“, Begegnung, Gespräch. Das alles wird nicht ausgelöscht, aber es wird weit gemacht. Vom Sichtbaren zum Geist: Dieses Grundgesetz gibt Jesus der Kirche. In höchster Vollendung in der Eucharistie, die ohne Brot und Wein nicht sein kann und unendlich viel mehr wird als Brot und Wein. Zugang zur Eucharistie gibt die Taufe, die Geburt „aus Wasser und Geist“. Wieder: Sichtbares und Unsichtbares; Begrenztes, das weit wird.
„Reich Gottes“ bedeutet beim Evangelisten Johannes „ewiges Leben“. Wo Gott regiert, verbreitet sich Leben. Jetzt, nicht irgendwann. Jesus spricht in der Gegenwart! Gott teilt dem Menschen von seinem eigenen Leben mit. Das geschieht in den Sakramenten. Wo aber die Sakramente sind, da ist die Kirche.
Sakramente kann man nur empfangen. Gespendet wird jedes Sakrament von Christus selbst. In jedem Sakrament muss der Mensch etwas mit sich geschehen lassen. Er muss sich etwas schenken lassen. Können Sie das?
„Ihr müsst von neuem geboren werden.“ Das neue Leben kann man nicht machen. Die neue Herkunft muss geschenkt werden. Der wirklich Gläubige ist seiner Herkunft nach himmlisch, sagt dieses Evangelium.
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