Ordensfest „Maria, Ursache unserer Freude“, 2. Dezember 2013
Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes
Wie leicht sich der Alltag in ein Fest verwandeln kann! Wie oft unter dem Banalen das Heilige liegt! – Jesus zeigt das seinen Jüngern immer wieder: „Seht die Vögel des Himmels… seht die Blumen des Feldes…!“ Diese einfachen, alltäglichen Dinge zeigen das Reich Gottes an.
Alltag ist dies: „Eine Ikone der Jungfrau Maria wurde von drei Rittern des Ordens, die von den Sarazenen eingekerkert worden waren und später befreit wurden, aus Ägypten nach Frankreich gebracht. Dort wird sie in einem Ort namens Liesse in der Diözese Soisson unter großer Anteilnahme des Volkes verehrt.“ (Messbuch des smro)
„Liesse“ heißt auf Französisch „helle Freude“. Das bewegte Leben dreier Ritter kommt an und findet Heimat in einem Ort, der „Freude“ heißt! Die drei tragen ein Bild der Muttergottes mit sich – und so entsteht das Fest „Maria, Ursache unserer Freude“. Das Zufällige enthüllt das Wahre. Das Göttliche scheint auf ihm Alltäglichen.
Natürlich ist Maria die „Ursache unserer Freude“. Wer das Glaubensbekenntnis, den Katechismus, die Lehre der Kirche kennt, sieht das ganz leicht. Maria hat den Erlöser geboren; es gibt, recht besehen, keine größere Freude als die, erlöst zu sein. Also ist Maria die Ursache der echten, der größten möglichen Freude. Aber so sehr die theologischen Wahrheiten dem Verstand einleuchten: Das Herz bewegen sie deswegen noch lange nicht.
Warum ist Maria Ursache der stillen Freude auch für den, der über den Glauben gar nicht nachdenkt? Warum wird der froh, der auf das Bild der Muttergottes schaut? Wir wissen kaum etwas von Maria. Es sind also nicht die biographischen Elemente, die uns freuen. Nicht ihr Charakter, nicht ihr Humor, nicht Haltung und Aussehen… Das alles kann nicht Ursache der Freude sein, einfach weil wir davon nichts wissen. Ihr Bild ist Ursache der Freude. Das Bild, wie es sich aus den Elementen des Evangeliums, aus der Lehre der Kirche und aus dem Glauben des Volkes zusammenfügt. Und was zeigt uns dieses Bild? Eine Frau. Eine Mutter. Vor allem aber: Reinheit. Ich glaube, Menschen freuen sich an Maria, weil sie Frau ist und Mutter und rein.
Diese Reinheit meint nicht zuerst oder nur das Körperliche. Hier geht es nicht um Sexualität oder Nicht-Sexualität. Reinheit meint nicht das bitter-traurig Entsagungsvolle, das auf Menschen liegt, die in ihrem Alleinsein verunglückt sind. Reinheit meint nicht die Naivität von Menschen, die durch die Welt gehen, ohne zu sehen und ohne zu verstehen. Rein kann auch der Mensch sein, der seine Sexualität lebt; rein kann auch der sein, der sein Leben mit einem anderen teilt; rein kann auch der sein, der das Leben wirklich erfahren hat.
Die Reinheit, die Maria uns vorstellt und die uns so freut, auf eine ganz stille, anhaltende, starke Weise, diese Reinheit liegt in der völligen Absichtslosigkeit; in Lauterkeit, Großzügigkeit, Einfachheit. Maria ist das Bild des (innerlich) schönen Menschen. Des Menschen, der ganz und gar einfach ist, der nicht will und nicht plant. Welchen Plan, welche Strategie sollte Maria haben? Maria ist das Bild des schönen, geglückten, reinen Menschen, der sich verschenken kann. Reinheit ist nicht ängstliches Behalten, sondern hochherziges Verschenken. Die Sünde ist das Gegenteil von alledem. Maria aber ist ohne Sünde und schon deswegen Ursache unserer Freude.
Und noch aus einem weiteren Grund. Aus dem endgültigen Grund, der in diesen Worten liegt: „Freu dich, Jungfrau Maria! Du hast bei Gott Gnade gefunden. Du wirst ein Kind empfangen…“ Die Worte des Engels. Worte und Gründe also, die von Gott kommen, nicht von Menschen.
Wenige Tage, bevor wir dieses Fest feiern, hat uns der erste Brief des neuen Papstes erreicht. Er trägt den Titel: Die Freude des Evangeliums (wie schön Gott das fügt, gerade für den Orden). Unsere Gesellschaft bietet Vergnügen aller Art. Aber Freude?
Wenn Menschen sich in sich selber verschließen, sagt der Papst, dann gibt es keine Freude mehr. Keinen Platz mehr für die anderen, keinen für die Armen; auch keinen Platz für die Stimme Gottes. Wenn sich einer in sich selbst verschließt, wird ihm die Freude an der Liebe nicht zuteil. Und die Begeisterung, das Gute zu tun, wird ihm ausgehen. Was bleibt einem, der zumacht? Traurigkeit, innere Leere, Vereinsamung. Das alles vergeht dem, der Jesus begegnet. Jesus, den Maria uns gibt; Jesus, den Maria empfangen hat, weil sie rein war und offen. Jesus, der unsere Freude ist. Amen.
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