Montag, 29. Woche im Jahreskreis – Lk 12,13-21
Jesus Christus und das Evangelium – das ist eine endlose Geschichte von überhörten, verdrängten, missachteten Worten. Jesus ist der, der nicht wahrgenommen wird. Alles sei klar, alles bekannt, meinen die Leute. Sie meinen, sie seien gläubig – und denken, deswegen seien sie von der Anstrengung dispensiert, Christus kennenzulernen. Ihn wirklich anzuhören. Ihn zu fragen: Was willst du? Das heutige Evangelium ist ein Beispiel für die Verkennung und Vereinnahmung Jesu: „Meister, sag meinem Bruder, er soll das Erbe mit mir teilen.“ Vielleicht ist dem, der das sagt, wirklich Unrecht geschehen; vielleicht ist er einer, der tatsächlich Hilfe braucht. Trotzdem weist Jesus ihn ab: „Mensch, wer hat mich zum Richter oder Schlichter bei euch gemacht?“
Der da bittet, vereinnahmt Jesus. Das geschieht noch immer. Und das ist es, was Jesus nicht duldet. Auch die Kirche wird vereinnahmt. Die Ästheten, die Kultivierten wollen, dass die Kirche eine bestimmte Kultur wahrt. Für sie ist die Kirche: romanische Kapellen, Mozartmessen, abendländisches Denken. Die Politiker erwarten von der Kirche, dass sie die Gesellschaft zusammenhält. Bilden soll sie die Menschen, ihnen Werte vermitteln. Die Bürgermeister wünschen sich, dass die Kirche das Brauchtum erhält und so hilft, den Fremdenverkehr anzukurbeln. Und im Beichtstuhl wollen die Leute eher, dass der Beichtvater ihnen Recht gibt im Streit mit den Nachbarn als dass er sie zu Gott führt. Doch dazu ist Jesus Christus gekommen und dazu ist die Kirche da: „um unseres Heiles willen.“ Das ist also die eine, letzte Frage: Was ist das, das Heil? Wie finde ich es?
Was kann ich erwarten von Christus? Von der Kirche? Welche Frage kann ich ihm stellen und welche nicht? Bei der notwendigen Unterscheidung hilft: die Keuschheit. Das ist der Rat, den das heutige Evangelium gibt. Keuschheit wird überall auf den Komplex von Jungfräulichkeit, Enthaltsamkeit, Sexualität beschränkt. Das heutige Evangelium zeigt uns, was Keuschheit auch sein kann. Keuschheit ist das Gegenteil von Habgier. Keusch zu sein bedeutet, den anderen nicht zu vereinnahmen, ihn nicht zu instrumentalisieren. Das genau tut der Mann ja: Er will Jesus vereinnahmen, ihn für seine Zwecke gebrauchen: „Sag meinem Bruder, er soll das Erbe mit mir teilen.“ Das aber weist Jesus ab. Zu unserem Heil. Wir lernen heute, behutsam zu sein, achtsam, respektvoll; wir lernen Takt und Diskretion. Wer erkennen, dass Jesus nicht der Spielball unserer Interessen ist, sondern der Herr.