28. Sonntag im Jahreskreis (B)– Das heilende Wort Gottes
14/10/2012
Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes.Wollen Sie einen Pfarrer, der sie anlügt? Ihr Frauen – wollt Ihr einen Ehemann, der euch belügt? Und Ihr Männer – möchtet Ihr Betrogene sein? Wir wissen alle, dass in dieser Welt gelogen wird und vielleicht lügen wir auch selbst, aber keiner von uns wünscht sich, ein Belogener zu sein. Weil der Mensch auf Wahrheit hin angelegt ist. Wer das verstanden hat, der kann auch mit der Lesung von heute umgehen. Sich an ihr freuen – auch wenn sie zuerst einen drohenden Ton zu haben scheint. Der, „dem wir Rechenschaft schulden“. So heißt es in der Lesung. Sympathisch klingt das nicht, aber es stimmt: Wir schulden Rechenschaft. Wir sind keine Herren. Der Herr schuldet niemand Rechenschaft; uns aber darf man fragen: Was tust du da? Was hast du unternommen? Dass ein Pfarrer seiner Gemeinde Rechenschaft schuldet, ist allen klar. Jeder hier kann mich fragen: Was hast du geleistet? So wie jeder findet, der Vatikan dürfe keine Geheimnisse haben, oder der Kardinal müsse sagen, warum er einen beruft und einen anderen versetzt. Von der Kirche verlangen alle Rechenschaft. Aber darf ich von Ihnen Rechenschaft fordern? Da wird’s schon schwieriger. Angestellte müssen ihrem Chef Rechenschaft geben, Kinder ihren Eltern, und irgendwann kommt der Moment, wo die Kinder die Eltern fragen … Irgendwann kommt der Tag, an dem wir Gott Rechenschaft ablegen müssen; denn wir sind nicht die Herren. Gott kann und wird uns fragen: Was hast du getan? Was hast du nicht getan? Wann ist dieser Tag? Wenn man genau hinsieht auf den Text der Lesung, versteht man: Heute. Der Hebräerbrief spricht ja nicht in der Zukunftsform. „Lebendig ist das Wort…“ Das Wort Gottes ist lebendig, jetzt, und es prüft uns, jetzt.
Das Wort wird gehört; dazu ist es da. Und in diesem Moment beginnt das Gericht. Wer das Wort Gottes wirklich hört – wer also Jesus wirklich hört –, der wird getroffen in seinem Inneren (Lektorendienst!). Das Wort, das ich höre und annehme, bei dem ich erkenne: Das ist für mich!, dieses Wort kann in meinem Innern richten und klären. Mit dem Wort Gottes zusammen gewinnen wir Klarheit über uns; ohne dieses Wort geschieht nichts. Und damit wird auch klar, weshalb diese so streng tönenden Worte doch gut und liebevoll sind.
Das Wort Gottes richtet über die Regungen und Gedanken des Herzens. Wie kann einer uns richten, der uns doch angeblich liebt? Gott richtet uns, eben weil er uns liebt. Er richtet, das heißt, er trennt Gutes und Böses; stärkt das Gute in uns, verdrängt nach und nach das Böse. Das alles geschieht, wenn wir das Wort Gottes wirklich hören (Sonntag für Sonntag). Wenn wir uns dadurch selbst erkennen, aufhören, uns selbst und andere zu belügen; wenn wir unser Gewissen erforschen: Was war in dieser Woche gut in meinem Leben? Was war böse? Wenn wir uns nach und nach trennen von allem bloß Überkommenen, von dem, was wir mitschleppen, ohne uns je gefragt zu haben: wieso eigentlich? Wenn wir Nebensächliches aufgeben. „Lebendig ist das Wort… und kraftvoll…“ Wer sich diesem Wort aussetzt, der wird ihm ähnlich. Das gilt für jeden einzelnen hier und für die Pfarre insgesamt.
Zum mündlichen Vortag bestimmt, verzichtet der Text auf exakte Zitierung und Angabe von Quellen. Er bleibt Eigentum des Autors. Jede Veröffentlichung und Vervielfältigung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors. C. Martin