Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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Dienstag der 27. Woche im Jahreskreis (10. Oktober 2017)

10/10/2017 


Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

„Ich werde Sie für immer lieben! Heute Abend.“ Wenn die Dame das dem Pedanten sagt, wird er sich mächtig ärgern. Sagt sie es dem Klugen, wird er lächeln.

Man muss nicht in allem Gewissheit haben. Die Dinge dürfen auch schweben. Das geht nicht: „Am kommenden Montag findet die Messe in der Malteserkirche vielleicht um 12 Uhr statt.“ – „Vielleicht“ geht hier nicht. Die Messe ist um 12 Uhr oder um eins, aber nicht „vielleicht“. Woanders mag man gelassener sein; in unserer Kultur geht das nicht, „vielleicht“.

In der Lesung, mit Gott, da geht es: „Wer weiß, vielleicht reut es Gott…“ – „Gott“ und „vielleicht“, passt das zusammen? Das Buch Jona führt in unser Denken über Gott eine ganz ungewohnte Kategorie ein: die des Vielleicht. „Vielleicht gibt es Gott, vielleicht gibt es ihn nicht“, weiter würden die meisten Christen nicht gehen. Wenn das einmal entschieden ist: Es gibt Gott, dann steht der Rest felsenfest in den Köpfen.

Aber das Felsenfeste ist, wenn es um Gott geht, eine heikle Sache. Können wir mit unserer Sprache und unserem Denken Gott fest machen? Den Unendlichen? Wenn ja, dann stünden wir doch über Gott, nicht wahr? Etwas kennen, etwas verstanden zu haben, heißt über ihm stehen. Der Ingenieur kennt den Motor, der Motor kennt nicht den Ingenieur. Gott ist kein Objekt, das man kennen kann. Gott ist auch Frage, Rätsel, Vielleicht.

Unsere Zeit mag das gar nicht. Welcher Politiker darf „vielleicht“ sagen? Welcher Fußballer? Wer „vielleicht“ sagt, offenbart ein unstatthaftes Zögern, eine unmoderne, un-toughe Nachdenklichkeit. In der Kirche tobt gerade in eine Debatte, weil der Papst sich angeblich zu wenig festlegt… Und da hinein präsentiert uns die Liturgie heute ein Vielleicht. „Vielleicht reut es Gott wieder.“

Zwischen Gott und Jona gibt es allerdings kein Vielleicht. Jona hätte das wohl gern, denn dieser Gott ist der Alptraum seines Lebens. Doch Gott ist felsenfest, unerbittlich: Du wirst gehen! Du wirst reden!

Aber zwischen den Einwohnern der großen Stadt und Gott, da gibt es ein Vielleicht. „Wer weiß, vielleicht reut es Gott wieder.“ Der unveränderliche Gott ändert seine Meinung? Hier bricht ein Dogma der Philosophie. Gott korrigiert sich. Wird Gott also besser? Besser, als er zuvor war? Wie kann das Vollkommene, Gott, besser werden? Die Hl. Schrift kümmert sich nicht viel um solche Raisonnements. Auch Jesus zeigt einen erstaunlich beweglichen, freien Gott, der Fragen aufgibt. Die Evangelien enthalten kein widerspruchsfreies System. Sie sind lebensnah, und das Leben ist nun einmal eine Mischung aus „vielleicht“ und „gewiss“.

Ein Ton muss sitzen. Wenn da „a“ steht, ist ein „a“ zu spielen und kein „g“; da gibt es kein Vielleicht. – Der Apostel Petrus ist einmal Lügner, einmal Freund, einmal Verführer, – aber immer Petrus. Vielleicht und kein Vielleicht in einem Menschen. Vielleicht werde ich heute noch sterben, vielleicht in zehn Jahren. Aber ich werde sicher sterben. Ohne jedes Vielleicht. – Sie sind da, hier. Das ist eine Gewissheit für mich. Aber Ihr Leben, das ist ein köstliches Vielleicht wie der Antritt einer Reise oder der Beginn eines festlichen Abends. In Ihnen schwingt die Welt.

Und diese Welt wollen wir hüten. Das einzige Vielleicht, das den Menschen unter Stalin blieb: Vielleicht werde ich morgen festgenommen und erschossen. Auch die Nazis wollen das Vielleicht ausrotten. Um das zu erkennen, reicht schon der Blick auf das, was sie gebaut haben. Wie wirkt daneben eine Rokoko-Kirche, die auf den Wiesen tanzt… Wo ist die glücklichere Welt, bei uns oder bei denen?

Das Vielleicht mag eine feige Ausrede sein, eine Angst anrühren; aber es ist auch eine Chance. Und es gehört zum Glauben dazu. Es gibt ihm das Ehrfurchtsvolle, Anmutige, das ihn so schön macht; das Dezente gegen das Laute und Prätentiöse des Sektiererischen.

„Sie sollen laut zu Gott rufen, und jeder soll umkehren…“, befiehlt der König von Ninive. Er befiehlt die Tat. Das ist unsere Chance: etwas zu tun. Das Gute tun, das Böse lassen. Alles andere muss im Vielleicht bleiben. Wir leben im Risiko, ohne Garantie. Aber wir handeln. „Und Gott sah ihr Verhalten… da reute Gott das Unheil, das er ihnen angedroht hatte. Und er führte die Drohung nicht aus.“

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

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