Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

Aktuelles

Hingabe und Wandlung II – Vortrag bei den Ordensexerzitien in Stift Schlägl

09/03/2025 


Die Predigt zum Anhören

Hingabe und Wandlung Teil II
Vortrag bei den Ordensexerzitien in Stift Schlägl, 07. bis 09. März 2025

Hingabe und Wandlung – Teil II

Menschwerdung, Kreuz, Auferstehung, Kirche, Beichte, Kommunion… Alles das gibt es nur der Heilung, der Versöhnung wegen: „Der Frieden gestiftet hat durch sein Blut…“ (Kol 1,20). Weil dieser Friede ist, kann Gott uns als seine geliebten Kinder annehmen [1]. Der vertraute Umgang mit Gott, den wir haben können – „Abba, Vater“ – ist geworden, das Ergebnis eines Planes und einer Tat. Ohne den Heilsplan Gottes und das Werk Christi würden wir Gott fremd bleiben [2]. Gott wäre nichts als „terribilis“, nicht anzusehen, „schrecklich“ wie es Gen 28,17 heißt: [„Terribilis est locus iste.“ Dieser Vers dient als Introitus der Kirchweih-Messe.]

[In der Vesper der 32. Woche im Jahr betet die Kirche: „Allmächtiger Gott, so sehr hast du die Welt geliebt, dass du deinen einzigen Sohn dahingabst für das Heil der Welt. Schenke deiner Kirche die Bereitschaft, sich dir als lebendiges Opfer zu weihen, damit sie ganz erfüllt werde von deiner Liebe. Darum bitten wir durch Jesus Christus (!), deinen Sohn, unseren Herrn und Gott, der in der Einheit des Heiligen Geistes mit dir lebt und herrscht in alle Ewigkeit [3].“]

*

Weiter im dritten Hochgebet: „Er mache uns auf immer zu einer Gabe, die dir wohlgefällt…“ Warum wird das so oft überhört? Wir selbst sollen ein Opfer werden. Steht da! Es gibt also das Opfer Christi und uns, die selbst Opfer werden sollen (hört sich für junge Leute vermutlich furchtbar an, die einander beschimpfen: „Du Opfer!“).

Noch weiter im Text des dritten Hochgebetes: „Barmherziger Gott, wir bitten dich: Dieses Opfer unserer Versöhnung bringe der ganzen Welt Frieden und Heil.‘“ – Entweder ist das nur Wortgeklingel, oder dieses eine Opfer hat wirklich eine unvorstellbare Kraft. Mich trifft diese Passage immer sehr, denn ich denke dabei an die ganze unheile, friedlose Welt von heute und winde mich vor dem Anspruch, die Messe (genauer; das Werk Christi) könne alles das heilen. „… bringe der ganzen Welt Frieden und Heil“, das bedeutet doch: Diese mühselige Sonntagsmesse hier hat tatsächlich Macht über das, was in Russland geschieht. Wie diese Macht genau handelt und wann, das wissen wir nicht. Aber es liegt doch der Gedanke nahe: Die Eucharistie wirkt auf unser Herz. Wir verwandeln uns. Wir handeln anders, auf neue Weise. Je mehr Menschen das erleben, desto stärker die Wirkung in den alten Strukturen einer alten Welt.

[1] Vgl. Gal 4,5; Eph 1,5; 1 Joh 3.

[2] Siehe Röm 3: „Denn wir haben vorher die Anklage erhoben, dass alle, Juden wie Griechen, unter der Herrschaft der Sünde stehen, wie es in der Schrift heißt: Es gibt keinen, der gerecht ist, auch nicht einen; es gibt keinen Verständigen, keinen, der Gott sucht. Alle sind abtrünnig geworden, alle miteinander taugen nichts. Keiner tut Gutes, auch nicht ein Einziger.“ – Ebd.: „Alle haben gesündigt und die Herrlichkeit Gottes verloren. Ohne es verdient zu haben, werden sie gerecht, dank seiner Gnade, durch die Erlösung in Christus Jesus. Ihn hat Gott dazu bestimmt, Sühne zu leisten mit seinem Blut, Sühne, wirksam durch Glauben. So erweist Gott seine Gerechtigkeit durch die Vergebung der Sünden, die früher, in der Zeit seiner Geduld, begangen wurden.“

[3] S. a. Irenäus von Lyon, aus dem Erweis der Apostolischen Verkündigung: „Derselbe wurde auch Mensch unter den Menschen, um alles vollkommen zu vollenden; er wurde sichtbar und körperlich, um den Tod zu besiegen, das Leben kundzumachen und Gemeinschaft und Frieden zwischen Gott und den Menschen herzustellen (…) Denn jene, die den Heiligen Geist empfangen und in sich tragen, werden zum Worte, d. h. zum Sohne, geführt. Der Sohn aber führt sie zum Vater, und der Vater macht sie der Unvergänglichkeit teilhaft.“

Was ist ein Opfer?

Wir müssen trachten, über bloße Behauptungen hinauszukommen. Sonst bleibt die Gefahr, dass wir selbst unsere eigene Rede nicht ernstnehmen können oder dass die anderen uns für kindische Schwätzer*innen halten. Denken Sie nur an die „Gäste“, die an einer Messe teilnehmen, bei einem Requiem zum Beispiel oder bei einer Hochzeit. Was denken die sich, wenn sie uns hören? Uns, nicht nur den Priester. Man kann nicht die Messe feiern, wenn man sich innerlich ständig von dem distanziert, was der Priester am Altar tut und redet…

Was ist überhaupt ein „Opfer‘? Was bedeutet es, ein Opfer zu bringen? Verlangt Gott Opfer? Hier sind viele Missbräuche möglich. Die Opferhaltung kann ein Vorwand sein, Problemen auszuweichen: Statt das Problem zu lösen, bringt man eben ein Opfer („aufopfern“). Man erträgt den Zustand. Opfer wird mit Passivität verbunden. Oder mit Furcht vor der Tat.

Für andere riecht „Opfer“ nach Selbstgerechtigkeit: „Schau, was ich leiste!“ – „Schau, wie ich mich für euch aufopfere.“ Zahllose Mütter haben so „gearbeitet“. Früher.

Es gibt auch theologische Einwände: Hat nicht Jesus selbst gegen die Opfer polemisiert? Hat Jesus nicht die Opfer des Alten Bundes durch die Liebe ersetzt? Hat er nicht ganz klar gesagt, dass die Barmherzigkeit viel wichtiger ist als alle Opfer (Mt 9,13; 12,7)? – Gleich hier: Ich denke, dass Barmherzigkeit ohne Opfer unmöglich ist. Es gibt nämlich keine Barmherzigkeit ohne Hingabe. Man kann nicht barmherzig sein mit einem anderen und sich ihm dabei verwehren.

Luther hat derb gegen die Messe, genauer gegen das Mess-Opfer polemisiert. Das musste er beinahe, weil er im Opfer vor allem die Leistung des Menschen sah. Der Mensch opfert etwas, um so den Himmel zu erlangen. Für Luther war dieser Gedanke absolut unzulässig. Nur der Glaube, nur die Gnade rettet, kein Werk! Die Idee, dass wir am Opfer Christi teilnehmen und dazu selber etwas darbringen können, würde, so seine Befürchtung, verdunkeln, dass die Erlösung in keiner Weise Menschenwerk ist. – Mir scheint, die Mehrheit der religiösen Menschen steht in diesem Punkt hartnäckig gegen Luther. Und gegen die katholische Kirche. Fast alle meinen, ihr Tun habe einen Einfluss auf die Erlösung. Nein, hat es nicht. Unser Tun bewirkt keine Erlösung (die Geschenk ist), unser Tun bewirkt allenfalls die Hölle. Ein gottgefälliges Leben gibt kein Anrecht auf den Himmel. Es ist eine Antwort. Es ist reine Dankbarkeit. Es beginnt nichts, es folgt auf etwas. Man tut Gutes nicht, um den Himmel zu verdienen, sondern man tut Gutes aus Dankbarkeit für die Erlösung (die „Erlösungsmöglichkeit“). Wir bringen also Opfer nicht, um Gott zu versöhnen. Das hat Christus getan. Wir bringen Opfer, um beim Opfer Christus zu sein.

Der hl. Augustinus sagt: „Ein wahres Opfer ist jedes Werk, welches dazu beiträgt, dass wir in heiliger Gemeinschaft Gott anhangen.“ Hier verschieben sich die Gewichte. Ziel des Opfers ist die Gemeinschaft. Gemeinschaft mit Gott. Der Kern ist das Herstellen einer Gemeinschaft. Darum geht es im Opfer. Man könnte anders sagen: Selbstbehauptung versus Hingabe. Und hier wird es politisch. In einer Zeit, in der die Gesellschaft zerfällt, in der der Egoismus ausdrücklich gepredigt wird, das Starksein, das zu Reichtum und Macht führt, da scheint mir die katholische Lehre vom Opfer der Weg der Heilung.

Das Opfer (im religiösen Sinn) verbindet uns, sagt Augustinus im „Gottesstaat“ (X,6), in „sancta societate“, in heiliger Gemeinschaft mit Gott. So gesehen ist das Gotteslob ein Opfer; so kann z. B. der 50. Psalm (23) vom „Opfer des Lobes“ sprechen:

„Soll ich denn das Fleisch von Stieren essen * und das Blut von Böcken trinken?

Bring Gott als Opfer dein Lob * und erfülle dem Höchsten deine Gelübde!“

Das Lob Gottes schafft Gemeinschaft mit Gott. Die Eucharistie, das heilige Mahl ist also ein Opfer, weil es Gemeinschaft schafft: mit Gott und unter den Menschen. Dazu kann auch Überwindung gehören.

Wo ein Hindernis ist, muss ich das Opfer der Versöhnung bringen. Aber diese Überwindung ist nicht das Wesentliche am Opfer. Also nicht: je mehr Überwindung, desto besser das Opfer. Heiligkeit oder Tugend werden nicht an der Überwindung gemessen (jedenfalls nicht vor Kant und seinen bourgeoisen Epigonen). Der springende Punkt ist woanders: Die Selbstüberwindung, das kleine tägliche Opfer der Aufmerksamkeit, der Freundlichkeit, des Lächelns, des Zuhörens, des Zeithabens stiftet Gemeinschaft. Die Überwindung kann sogar froh machen. Das Wesentliche am Opfer ist, dass es Gemeinschaft stiftet, nicht der Schmerz.

Und in diesem Sinn ist es nicht Gott, der das Opfer braucht, sondern wir sind es. Gott braucht uns nicht, er freut sich an uns. Aber wir brauchen die Gemeinschaft mit Ihm. Ich zitiere Ihnen aus dem 51. Psalm (und Sie werden das Wort nicht mögen): „Das Opfer, das Gott gefällt, ist ein zerknirschter Geist, ein zerbrochenes und zerschlagenes Herz wirst du, o Gott, nicht verschmähen“ (Ps 51,19). Mir gibt das Hoffnung, weil mir scheint, außer (vielleicht!) einem gebrochenen Herzen habe ich Gott wirklich nichts zu bieten. Aber ich weiß: Ein Geist, der sich wieder Gott zuwendet, ist das wahre Opfer. Barmherzigkeit, wie sie Jesus fordert, ist das wahre Opfer, – weil sie Gemeinschaft stiftet. 

Ist die Eucharistie ein Opfer?

In der Messe, ziemlich in der Mitte, werden Gaben zum Altar gebracht. Im alten Rom der Päpste war allein das schon eine große Zeremonie, heute ist es in der Regel eine sehr schmucklose Prozedur, meistens geschieht es beiläufig, wie gedankenlos. Immerhin verstehen wir: Auf jeden Fall geht es in der Messe um das Opfern von Gaben. Opfer und Gabe sind wesentlich für die Messe. Auf den ersten Blick geht es um etwas Brot und einen Schluck Wein. Aber diese stellen etwas dar. Sie verweisen. Brot und Wein repräsentieren zunächst uns, unser Leben, die Erde – nach der Wandlung sind sie das sichtbare Zeichen für den wirklich anwesenden, geopferten Herrn. Es wäre ein schwerer Fehler, eine verpasste Chance, bei diesen Zeichen Brot und Wein stehenzubleiben. Die wahre Gabe ist Christus, die wahre Gabe sind wir, zusammen mit Ihm.

Dementsprechend heißt es im Hochgebet: „Er mache uns auf immer zu einer Gabe, die dir wohlgefällt.“ Wir bringen uns ein. Aber die erste Opfergabe ist der Leib und das Blut des Herrn.

Was geschieht in der Messe? „Die Gemeinde versammelt sich und feiert zusammen“, würden viele sagen. Das tut ein Gesangsverein auch. Entscheidend ist vielmehr dies: In der Messe schenken wir Christus dem Vater als Gabe zurück. Christus schenkt sich dem Vater, der Vater schenkt uns Christus, wir schenken Christus wieder. Wir haben nichts sonst. Wir haben nichts Besseres. Wir realisieren also zweierlei: unsere elende Armut und unser reiches Beschenktsein. „Die Kirche versteht sich als die, die Christus dem Vater darbringt“, schreibt der Kardinal Schönborn. Dieses Opfer – sie schenkt Christus dem Vater – ist nicht eine Zutat, sondern der Kern der Kirche.

Der Katechismus sagt: Ja, die Eucharistie ist ein Opfer. Aber warum? Antwort: Weil die Eucharistie das Gedächtnis des Opfers Christi ist. Weil wir in der Messe des Opfers Christi gedenken, wird dieses Opfer gegenwärtig. – „Darum, gütiger Vater, feiern wir das Gedächtnis deines Sohnes.“ – „Memores igitur offerimus.“ Dabei ist es aber so: Wenn wir des Abendmahls Jesu gedenken, wenn wir seines Todes gedenken, sind wir dabei. – Deshalb kann der Katechismus lehren: „Das Opfer Christi und das Opfer der Eucharistie sind ein einziges Opfer.“ Damals und heute: eins. „Derselbe, der sich damals am Kreuz opferte, opfert sich jetzt durch den Dienst der Priester. Allein die Weise des Opferns ist verschieden, damals blutig, heute unblutig“ (KKK 1367).

Die Eucharistie ist ein Opfer der Kirche, weil die Kirche am Opfer ihres Hauptes Christus teilnimmt. „Mit ihm wird sie selbst ganz dargebracht.“ (KKK 1368) Das bedeutet: Wenn Christus sich dem Vater schenkt für alle Menschen, dann schenkt sich die Kirche mit. Sie schenken sich mit. – In diesem Sinn ist „Der Leib Christi“ – „Amen!“ nicht nur ein Glaubensbekenntnis: Ja, das ist der Leib Christi (schauerlich, die Gedankenlosigkeit mit der dies meistens gesagt wird!), es ist auch eine Aussage über sich selbst: „Ja, ich bin selbst vom Leib Christi.“ So kann Augustinus sagen: „Sei ein Glied Christi, damit dein Amen wahr ist!“ Und: „Seid also, was ihr seht, und empfangt, was ihr seid!“

„Aus den Gaben, die du uns geschenkt hast“

Ich möchte das eben Gesagte noch vertiefen. Im ersten der vier Hochgebete, die das gebräuchliche deutsche Messbuch anbietet (und das, weiß der Himmel warum, nirgendwo mehr verwendet wird, mit dem man sich geradezu unmöglich macht), im ersten Hochgebet findet sich die berühmte Stelle, wo es nach der Wandlung heißt: „So bringen wir aus den Gaben, die du uns geschenkt hast, dir, dem erhabenen Gott, die reine, heilige und makellose Opfergabe dar: das Brot des Lebens und den Kelch des ewigen Heiles.“

Schon Brot und Wein sind, recht besehen, Gaben Gottes an den Menschen. Der Mensch wirkt an ihrem Zustandekommen mit, aber ohne Gott sind Brot und Wein nicht zu erlangen.

Beide Gaben werden dann verwandelt: in den Leib und das Blut Christi. Auch diese Verwandlung ist ohne Gott nicht zu erlangen. Der menschliche Beitrag hier ist: die Stimme, die Worte spricht. Nicht viel.

Wir haben nach der Wandlung den Leib und das Blut Christi, also den ganzen Christus. Er ist da, weil Gott es gefügt hat, nicht weil Menschen – Priester und Gemeinde – etwas getan hätten.

Christus also ist die einzige (!) Gabe, die fähig ist, die Versöhnung Gottes mit seiner Schöpfung zu bewirken, jenen Frieden, den Jesus Christus gibt. Das Opfer bewirkt das. Dieses Opfer aber ist nur zum geringsten Teil unser Werk. Es ist in Wahrheit zuerst ein Geschehen zwischen Vater und Sohn, – in das wir hineingenommen werden. „Aus den Gaben, die du uns geschenkt hast…“

Wie Joseph und Maria im Tempel (Sie erinnern sich?) werden auch wir in eine Dynamik hineingenommen, die uns weit übersteigt. Das geschieht, weil wir uns auf die Geste des Opfers einlassen.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

Die Predigt zum Download finden Sie hier!

Souveräner Malteser-Ritter-Orden

Johannesgasse 2 - 1010 Wien - Österreich | T: +43 1 512 72 44 | E: smom@malteser.at

X