Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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Geistliche Einstimmung

26/02/2024 


Die Predigt zum Anhören

Geistliche Einstimmung
Vorstandssitzung der Malteser-Gliederung Wertheim am 26. Februar 2024

Von der „Fastenzeit“ zur „Zeit“. Ein ziemlich platter Einstieg, wohl wahr. Der aber an Tiefe gewinnt und an Aktualität, wenn ich Ihnen sage, was mir bei unserer letzten Zusammenkunft auffiel, unter anderem. Dass nämlich ein Teil Ihrer Schwierigkeiten von Ihrem Umgang mit der Zeit kommen könnte.

Gleich vorweg: Ich kann faule und kraftlose Leute schwer ab. Begriffsstutzige auch. Ich mag, wenn es vorwärts geht. Dabei bin ich doch selber oft faul und kapiere manchmal sehr schwergängig. Technisches z. B., Computer- und Handy-Zeug.

Ich weiß aber auch – Lebenserfahrung vielleicht –, dass die Dinge Zeit brauchen. Und die Menschen auch.

„Das muss morgen fertig sein!“ Ja, das gibt es. Dennoch kann man fragen: Wirklich? Muss es wirklich? Es muss vielleicht gar nicht so viel wie wir meinen.

Der oder die bringt nichts vorwärts, trödelt herum. Wirklich? Vielleicht lebt der oder die einfach die Zeit anders. Es gibt nicht nur ein einziges richtiges Modell, mit der Zeit umzugehen.

Es gibt Fragen, über die man lange nachdenken muss.

Es gibt Dinge, die reifen müssen.

Es gibt Aufgaben, die wirklich Zeit brauchen, lange Zeit.

Also Geduld haben mit den anderen. Auch mit sich selbst. Hektische Leute sind uncool. Gier in jeder Form ist hässlich.

Und auch das: gerecht sein. – Der Umgang mit der Zeit (des anderen vor allem) erfordert einen Sinn für Gerechtigkeit. Ich will’s Ihnen erklären. Gerechtigkeit bedeutet (nach dem hl. Augustinus, meine ich) nicht, dass alle das Gleiche haben, sondern dass jeder hat, was er braucht. Nicht alle Menschen müssen einen Konzertflügel haben, wer ein echtes Klavier-Talent hat, aber schon. Nicht alle brauchen die gleiche Zeit, manche brauchen weniger, manche mehr.

Und da Sie Christinnen und Christen sind, noch eine letzte Hilfe: die Bibel. Die Evangelien haben offenbar ein ganz anderes Zeitmaß als die Leute von heute. In den Evangelien gibt es durchaus den Sinn für die Tat jetzt und die plötzliche Entscheidung, aber eben auch für das Wachstum (Samenkorn, Ernte). Es gibt einen Sinn für Stille, Verborgenheit, Warten. Das geht von den Schwangerschaften, von denen erzählt wird bis zu den dreißig Jahren, die Jesus in Nazareth gelebt hat, ohne dass etwas geschieht, wie es scheint. Dabei ist es doch so: Es kann sehr viel geschehen, wenn nichts zu geschehen scheint.

Sie brauchen dieses andere Zeitmaß – für Ihre Arbeit als Malteser. Warum? Ganz einfach: Weil sie Menschen treffen und Menschen helfen, die nichts mehr schnell machen können, die vielleicht gar nichts mehr machen können. Menschen im Koma, demente Menschen, Menschen im Pflegeheim sind in den Augen der Leute von heute das Unproduktivste, Lahmste, was es gibt. Aber wissen wir, was in diesen Seelen abgeht? Sie kommen diesen Menschen näher, wenn Sie um die andere Zeit wissen, jene Zeit, von der die Welt der Geschäfte keine Ahnung hat.

(s. a. Der Prediger Salomo (Kohelet) 3,14)

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

Die Predigt zum Download finden Sie hier!

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