31. Sonntag im Jahreskreis (A)
31. Sonntag im Jahreskreis (A) Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes Jesus kann Priester nicht leiden. – Das ist zu schmissig formuliert. Schon weil Jesus in diesem Evangelium nicht die Priester angreift, sondern die Schriftgelehrten und Pharisäer. Priester im katholischen Sinn kennt das Judentum gar nicht. In der ersten Lesung geht der Prophet Malachias auf die Männer los, die für den Tempel-Gottesdienst verantwortlich sind, – auch keine Priester in unserem Sinn. Was aber stimmt: Es geht gegen die religiöse Hierarchie; gegen „die Kirche“, wenn Sie unbedingt wollen. Gegen die Kirche ist immer gut. Kann halt sein, dass man bald selbst im Feuer steht. „Wir sind Kirche!“ Wenn das stimmt ist, dann trifft der Schuss auch die Pfarrgemeinderätinnen und die Kirchgänger, alle Gläubigen halt, nicht nur die Pfaffen. Es gibt genug Leute, die finden, die Welt wäre ohne Religion besser. Diese Idee können Sie schon auf der Leserbrief-Seite im Main-Echo immer wieder finden. Alle Religionen abschaffen, damit die Welt endlich friedlich wird. – Manchmal bekomme ich Lust, bei diesem Experiment zuzusehen. Alle Religionen? Auch die beliebten Buddhisten? Und die Esoterischen? Das Würzburger Käppele in die Luft jagen? Denn wenn man die Religionen abschaffen will, dann doch auch die Zeichen der Religion… Ich persönlich finde die freigeistigen Schullehrer genauso mühsam wie jene Katholiken, die behaupten, der ganze Missbrauchsskandal sei nichts weiter als eine Presselüge. Ich schaue auf die Texte dieses Sonntags und merke, dass das alles nicht so einfach ist. Wir sind hier nicht bei der Bild-Zeitung und nicht auf Twitter-X. Wir hier geben uns Mühe nachzudenken. Schon das mit Gott ist nicht einfach. „Ein großer König bin ich, spricht der Herr, und mein Name ist gefürchtet unter den Völkern. Ihr nehmt euch das nicht zu Herzen.“ Wenn Gott wirklich so mächtig ist, wie kann es dann sein, dass seine Priester sich nicht um Gott scheren? Oder, anders gefragt, warum greift Gott nicht ein? Und das Evangelium? „Sie schnüren schwere Lasten zusammen und legen sie den Menschen auf. Sie selbst aber rühren keinen Finger, um die Lasten wegzuschaffen.“ Ein riskantes Wort, denn Jesus legt den Menschen auch eine Last auf. Jesus ist einer, der viel verlangt. Können wir ihm trauen, wenn er sagt: „Mein Joch drückt nicht und meine Last ist leicht“ (Mt 11,30)? Ist das Kreuz des Lebens leicht? Der einzige Unterschied: Jesus hilft uns tragen. Das tun die Schriftgelehrten nicht. Die Kälte und die Härte der Kirche machen mich immer wieder sprachlos. Das sind heute Geschichten von Erwartungen und Enttäuschungen. Wer die nicht hören will, wird es schwer haben mit dem Glauben. Sogar mit dem Leben. Schon jede Partnerschaft, jede Ehe kennt die Spannung zwischen Erwartungen und Enttäuschungen, zwischen dem Ideal und dem Verrat des Ideals. Diese Spannung lässt sich nur lösen, wenn man auf das Ideal gleich ganz verzichtet. Wer mit dem Tratsch über den Gartenzaun und dem Schweinsschäuferl zu Mittag schon zufrieden ist, der wird mit dem Glauben nie etwas anfangen können. Aber die Welt wird auch den nicht in Ruhe lassen, das merken wir doch jetzt alle… Was ist richtig? Was können wir tun? Diesen Fragen kommt keiner mehr aus. Unsere Probleme mit einer unglaubwürdigen Kirche sind nicht neu. Schon Jesus und Paulus kennen sie. Aber: Jesus geht nicht fort; er bleibt bei der Kirche, er wagt sich in diese kaputte Welt und wandelt sie, Schritt für Schritt. Es gibt eine falsche Frömmigkeit, es gibt schlechte Priester, es gibt vermutlich auch schlechte Tischmütter. Wäre es in diesem ganzen Elend nicht am besten, mit Jesus allein zu bleiben? „Ich habe meinen Glauben, basta.“ Jesus ja, Kirche nein, Sie kennen das. Aber kann das gehen? Nein. Denn Jesus war Jude. Für Juden sind zwei Ideen wichtig: Das Volk Gottes und der Tempel. Jesus ist ohne sein Volk, ohne Gemeinschaft und Gottesdienst nicht zu denken. Wo es aber ein Volk gibt und Gottesdienst, da gibt es automatisch auch Ordnung, Hierarchie, Priester, alle diese Dinge. Und die Kritik daran. Weil nämlich das Volk Gottes und die Priester Gottes immer wieder abfallen vom Ideal. Deswegen kritisiert Jesus sein eigenes Volk und den Kult. Er kritisiert, aber er vernichtet nicht und er geht nicht weg. Die Heilige Schrift erzählt auch die große Geschichte der Duldung. Gott lässt beides gleichzeitig, Unkraut und Weizen. Das ist es, was viele fast nicht ertragen. Warum zermalmt Gott die schlechten Priester nicht? Warum lässt Gott das Leiden der Kinder zu, fragt eine, mit Tränen in den Augen. Was ist da meine Aufgabe? Mitzuweinen? Das wäre nicht genug. Meine Aufgabe ist, weiter zu fragen. Soll Gott bei den Kindern schützend eingreifen, aber bei einem Autounfall nicht? Nicht bei einer Flut? Ab wann genau soll Gott eingreifen? Nicht schon bei einer Lüge, oder? Eine Lüge ist schlecht, sie kann großen Schaden anrichten. Soll Gott den Lügner sofort stoppen? Ein Bordellbesuch ist keine gute Tat, nie – soll Gott eingreifen, wenn sich einer ins Auto setzt, um nach Frankfurt zu fahren? Noch einmal: Ab wann soll Gott eingreifen? Sie alle hier wollen frei sein, frei, auch das Schlechte zu tun. Keiner hier will, dass Gott ihn gewaltig ausbremst, wenn er eben dabei ist, seinem Nächsten eine Gemeinheit zu sagen. Für diese Freiheit müssen Sie den Preis zahlen: den Schmerz. Den eigenen und den der anderen. Was bleibt uns nun von der Hl. Schrift an diesem Sonntag? Was sollen wir tun? Und wie sollen wir es tun? Nicht wie die Pharisäer. Die machen es anderen schwer und sich selbst leicht. Wir sollen es lieber uns selbst schwer machen und anderen leicht. Was sollen wir tun? Uns an den Bund mit Gott halten. Verlässlich sein. Treu. Nicht falsch sein, sondern echt. FÜRBITTEN Vater, Gib uns den Mut, sein zu lassen, was uns von dir abhält. – Wir beten in Stille. „Ihr habt den Bund zerstört. So mache auch ich euch verächtlich und niedrig beim ganzen Volk.“ Heiliger Geist, lehre uns, die Heilige Schrift „nicht als Menschenwort, sondern als Gottes Wort“ zu lieben. „Wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden.“ Die im Evangelium sind streng mit anderen und milde mit sich selbst. Lehre uns den anderen Weg: streng mit uns selbst sein, gütig mit den anderen. Wir beten für Palästina und für Israel. Wir beten für die Einsamen, die zu träge oder zu stolz sind, zur Gemeinschaft der Kirche zu kommen. Wir beten für die Kranken in ihren Sorgen. Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors. Die Predigt zum Download finden Sie hier!Die Predigt zum Anhören
Predigt am 05. November 2023 in Erlenbach
Christus, zeige der Kirche, wie sie das Vertrauen der Menschen zurückgewinnen kann.
Lehre uns, mit den Demütigungen des Alltags umzugehen.