Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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24. Sonntag im Jahreskreis

16/09/2023 


Die Predigt zum Anhören

24. Sonntag im Jahreskreis
Predigt in Esselbach am 16. September 2023

Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

„Hoppla!“ Jemand steigt mir auf den Fuß und ruft: „Hoppla!“

Ich bin altmodisch. Mir wäre lieber: „Tut mir leid!“ Oder: „Ich bitte um Entschuldigung!“ Gerade letzteres ist mir wichtig, da bin ich stur. „Ich entschuldige mich“, ist Quatsch. Man kann sich nicht selbst entschuldigen. Entschuldigen kann einen nur die oder der Geschädigte. Die einzig wahre Formulierung ist also: „Ich bitte um Entschuldigung!“ Achten Sie darauf, Sie machen die Welt ein wenig besser.

Zum Evangelium. Petrus. Der Apostelfürst ist, recht besehen, ein ziemlicher Galgenstrick. Ein Mannsbild, ein Großmaul, ein Chef, ein weiches Herz. „Herr, wie oft muss ich vergeben? Bis zu siebenmal?“ Petrus will ein guter Mensch sein. Aber zu weit soll das auch nicht gehen. Er will klare Regeln, denn die machen es einfacher. Realistische Regeln, also solche, die man auch einhalten kann. – Jesus lässt ihn auflaufen. Hat Jesus Sie auch schon auflaufen lassen? Überschaubar, machbar, vermittelbar, für alle nachzuvollziehen: Das ist nicht Jesus.

Die Pedanten, die Nachkartler, die Pfennig-Zähler setzen sich hin und rechnen Jesus hinterher. Siebzigmal siebenmal macht: 490 Mal verzeihen. Und dann Schluss mit der Vergebung? Selbst einem Stusskopf ist klar: Wenn es Jesus nach geht, sollen wir immer verzeihen. Das Gleichnis, das der Herr erzählt, macht das noch einmal deutlich: 10.000 Talente.

Eine unfassbare Summe, wenn man weiß, dass das Jahreseinkommen eines Herrschers jener Zeit ca. 900 Talente waren. So soll die Vergebung also sein: unfassbar.

Was wird vergeben? Schuld. Im Leben gibt es Lappalien und echte Schuld. Namenstag vergessen, zu spät kommen, jemanden verwechseln, da sagt man leicht: „Verzeihen Sie!“ Aber bei echter Schuld? Da geht es nicht um Etikette-Fehler.

In der Schuld wird getan, was nicht getan werden darf. Es geschieht, was nicht geschehen soll. Und wie wissen wir da Bescheid? Das Sitten-Gesetz sagt es uns. Das Gesetz der guten Sitte sagt uns: „Achte und behüte das Kind!“

Aber ein Gesetz kann man nicht um Vergebung bitten. Vergebung braucht Beziehung. Ein lebendiges Gegenüber. Zum Beispiel Gott. Das Gewissen ist die Stimme Gottes in uns. Gott will, dass wir gut werden, wie er gut ist. Wir sind ihm teuer. Wenn Gott mir vergibt, dann geschieht das also aus Liebe zu mir. Wenn ich Gott gehorche, erfülle ich nicht ein Gesetz, sondern dann lebe ich eine Beziehung. Und in der Liebe kann ich immer wieder vergeben. – Wenn Sie wissen wollen, ob Sie in der Liebe sind, dann brauchen Sie nur zu fragen: Bin ich bereit, dem anderen zu vergeben?

Es ist ein Unterschied zwischen Vergessen und Vergeben. Sie sollen nicht vergessen, was Ihnen angetan wurde (das können Sie gar nicht), aber Sie sollen verzeihen. Warum? Weil Gott es auch tut.

Vergebung ist Arbeit, Arbeit braucht Zeit. Sofort vergeben, ist fast unmöglich. Vergebung muss reifen. Die Fähigkeit zu vergeben, muss trainiert werden, in kleinen Schritten. Stellen Sie dazu neben das Schlimme etwas Gutes. Zum Beispiel das Gute, das Sie von der Kirche empfangen haben. Dann können Sie der Kirche leichter vergeben.

Was auch hilft: die Unterscheidung zwischen wichtig und unwichtig. Eine dumme Bemerkung vierzig Jahre lang nachzutragen, ist dumm. Petzen, d. h. Kleinigkeiten weitertratschen, ist unwürdig und dumm. Gewöhnen Sie es den Kindern ab.

Was auch hilft: der Blick auf das Ende. Alles endet, schon deswegen ist Rache kein guter Weg. Oder wollen Sie ein Ende in Biterkeit? Sie wissen doch, wie zerstörerisch rachsüchtige, nachtragende Reden sind. Vergebung hingegen heilt.

Vergeben bedeutet verzichten. „Meine Empörung! Ich wurde ungerecht behandelt! Ich!“ Wollen Sie auf dem Unrecht, das Ihnen angetan wurde, sitzen wie auf einem Geldsack? Für immer? – Geben Sie Ihre Empörung her. Fangen Sie neu an. Warten Sie nicht darauf, dass der oder die Schuldige den ersten Schritt macht. Warum? Weil Sie sich so von anderen abhängig machen. Wenn wir hadern, geben wir den Menschen, die uns etwas angetan haben, Macht über unser Leben. Vergebung befreit.

Vergeben heißt, eine Kränkung weniger persönlich zu nehmen. Verzeihen heißt, seine Lebensgeschichte zum Besseren zu wenden. Vergeben ist nicht nur für den Schuldigen, es ist auch für Sie selbst.

Verstehen Sie jetzt? „Vergebt einander!“ Jesus tut da etwas für uns, nicht gegen uns. Jesus befreit seine Jünger, wenn er ihnen sagt: Vergebt einander.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

Die Predigt zum Download finden Sie hier!

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