3. Sonntag im Jahreskreis – Predigt in Trennfeld am Main
3. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr A) Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes Wo wohnen Sie? „In Trennfeld“, werden Sie sagen. Die Lesung sagt: „im Land der Todesschatten“. Klingt wie Mordor, „Herr der Ringe“ oder so. Ist aber Bibel. Die machen ja alle die Bibel nach… Ohne die Bibel ist unsere Kultur gar nicht denkbar. Letzte Woche bin ich durch ihr Dorf spaziert. Ich wollte nicht ganz ahnungslos bei Ihnen einfallen am heutigen Sonntag. Ich war zum ersten Mal in meinem Leben in der Trennfelder Kirche. Wie schön die ist! Still und nobel. Sehr gepflegt (Kompliment an alle, die sich kümmern). Ich habe die alten Grabsteine gesehen und mich über mich selbst geärgert, weil ich die Inschriften nicht lesen kann. Ich weiß so vieles nicht. Dann stand ich vor den Bildern Ihrer Kommunionkinder: vier Männer, keine Frauen. Wie soll das gehen? Ein Werder-Bremen-Fan, ein FC-Bayern-Fan. Da stehen die Tischmütter vor großen Aufgaben. Oder gibt es Tischväter? Ich ging dann vorbei an den schönen Häusern im Ort, hinunter zum Fluss, bis ans dunkle Hochwasser. Ich sah die alten Mauern am Main, an denen so viele Schiffe vorbeigefahren sind. Ist Ihnen aufgefallen, wie schön das Mauerwerk geworden ist im Lauf der Zeit? So sieht der Reisende Ihre Heimat. Den Ort, wo Sie wohnen: Trennfeld „im Land der Todesschatten“. Glauben Sie mir, das sagt sich nicht leicht am Sonntagmorgen. Aber das ist nun einmal meine Aufgabe: die Worte der Heiligen Schrift in Ihre Straßen zu stellen. Macht die Kirche den Menschen immer nur Angst und schlechtes Gewissen? Mag sein, dass manche Geistliche darauf abfahren, ich will das Leben einfach sehen, wie es ist. Wir alle wissen: Auch hier gibt es Häuser, wo Alte gepflegt werden und das Kraft und Opfer fordert. Es gibt auch hier Häuser, wo einer auf einen Befund wartet und Angst hat. Häuser, in denen das Geld nicht mehr reicht. Häuser, wo die Menschen nicht mehr miteinander reden. Auch Trennfeld liegt in einem Land, das keinen echten Aufbruch mehr sieht. Woher holen Sie sich Ihre Hoffnung? Sich um Blödsinn streiten, Geld raffen, weil das Geld die letzte Hoffnung ist: Das sind in meinen Augen Zeichen der Resignation. Wer Hoffnung hat, hat Wichtigeres zu tun. Viele haben das Gefühl: Wir sitzen auf einem sinkenden Schiff; sie glauben nicht daran, dass wir das Ruder herumreißen können. „Das Volk, das im Dunkel lebt.“ Verstehen Sie jetzt? Die Bibel ist einfach realistisch. Christen sind realistisch. Also mutig. Wer sich die Welt schön redet und sich nur für Klickzahlen und Kim Kardashians Hintern interessiert, ist in meinen Augen ein verdammter Feigling (kann man „Feigling“ gendern?). Wie kommt man durch diese Welt? Zuerst einmal indem man ein Auge hat für Orte wie Trennfeld mit dem Kallmuth und dem Main, ein Auge für das Schöne. Indem man Musik hört (auch mal laut) und Wein trinkt oder Bier; indem man seine Freunde gut behandelt und seinen Feinden vergibt. Wir können lernen, zu sehen und zu hören. Müssen Sie wirklich jedem Shitstorm folgen? Jeden Harry und jeden Gänswein lesen? Nein. Wir können die Welt besser machen. Das geht, mit etwas gutem Willen und Disziplin. Katholisch muss man dazu nicht sein. Nur: Der große Durchbruch wird das nicht. Der große Durchbruch ist immer gescheitert. Die Kirche, der Kapitalismus, der Kommunismus, der Nationalismus, die Cancel-Culture, alle haben den Himmel auf Erden versprochen. Die Kirche hat als Erste kapiert, dass das nicht geht. Was wir Menschen alleine betreiben, nur aus eigener Kraft, das wird nie der große Durchbruch. Es sei denn im Negativen. Zerstören, Familien oder Länder oder die Erde, zerstören, das können wir. „Das Volk, das in der Finsternis ging, sah ein helles Licht. Über denen, die im Land des Todesschattens wohnten, strahlte ein Licht auf.“ Sie wissen, wer gemeint ist: Christus. Christus ist das Licht. Christus, nicht „Gott“. Wer aufmerksam ist für das, was heute diskutiert wird, der merkt, dass gescheite Leute die Religion wiederentdecken wie es heißt. Sie sagen, ohne Glauben breche unsere Gesellschaft auseinander. Sie reden sogar von Gott. Aber sie beten nicht. Sie würden niemals in die Messe gehen. Schon gar nicht Sonntag für Sonntag. Und einen Namen nennen sie nie: Jesus Christus. Von Jesus zu sprechen: oberpeinlich. Ich misstraue Leuten, die von Gott reden. Da sagen die einen: Gott hasst Homosexuelle; die anderen sagen: Gott liebt Homosexuelle. Jesus hat zu Homosexuellen einfach nichts gesagt. Der Patriarch von Moskau kann leicht sagen: Gott will, dass die Ukraine besiegt wird. Aber brächte er es auch fertig zu sagen: Jesus will, dass die Ukraine zerstört wird? Das würde sogar ihm im Hals stecken bleiben. Die evangelikalen Christen in den USA sagen: Gott segnet Erfolg und Reichtum. Könnten sie auch sagen: Jesus segnet den Reichtum? Wirklich? Ich sehe in dieser armen Welt allerhand Licht. Aber nur ein wahres Licht: Christus. Deswegen bin ich Christ. Dabei geht es mir schlussendlich nicht um das, was Jesus gesagt hat, nicht um seine Wunder. Worte und Wunder finden Sie auch woanders. Es geht darum, wer Jesus Christus ist. Der Sohn Gottes, Mensch geworden um unseretwillen, gekreuzigt, gestorben und von den Toten auferstanden. Er lebt. Ich kann ihn nicht vereinnahmen. Er gehört mir nicht. Aber wir können ihm folgen. Schritt für Schritt gehen wir ins Licht. FÜRBITTEN Zelebrant: Wer betet, vertraut Gott. Ohne Vertrauen ist das Beten Unsinn. Also beten wir. – Heute anders als gewohnt: einfach nach jeder Bitte einen Moment der Stille. Vorbeter: Der heutige Sonntag wurde vom Papst zum „Sonntag des Wortes Gottes“ erhoben. Heiliger Geist, schenken allen Katholikinnen und Katholiken Liebe zur Heiligen Schrift. – Stille Die Bibel erinnert uns heute wieder daran, dass Gott handelt. Zu unserem Heil. „Denn sein lastendes Joch zerbrichst du.“ „Seid eines Herzens und eines Sinnes.“ Wir beten um Frieden in den Familien. „Damit das Kreuz nicht um seine Kraft gebracht werde.“ Christus, nimm uns die Angst vor dem Kreuz. Bleibe in unserer Nähe, wenn wir leiden müssen. „Ich werde euch zu Menschenfischern machen.“ Heiliger Geist, mach‘, dass jeder hier mindesten einen anderen Menschen für Christus gewinnt. Wir beten für die vier Kommunionkinder. – Stille Wir beten für ihre Eltern. – Stille Wir beten für alle, die in dieser Kirche und draußen auf dem Gottesacker beerdigt sind. Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors. Die Predigt zum Download finden Sie hier!Die Predigt zum Anhören
Predigt in Trennfeld am Main am 22. Jänner 2023
Heiliger Geist, schenke uns ruhige Zuversicht, Gottvertrauen. – Stille
Vater im Himmel, befreie uns von falschen Bindungen.