Erste Heilige Kommunion, Malteserkirche, 11. Juni 2022
Erste Heilige Kommunion, Malteserkirche, 11. Juni 2022 Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes Ich würde gerne ein wenig Öl ins Feuer gießen. Und frage Louise etwas. Louise, wer kann mehr: Du oder Deine Mutter? – Und Stanislaus. Wer ist größer: Du oder Dein Vater? – Jetzt frage ich Henriette: Ist Dein Herz kleiner als das Herz Deines Vaters? Schlägt es weniger? Natürlich nicht! – Lucian: Deine Seele, ist die kleiner als die Seele Deiner Mutter? Nein! Die Seele der Kinder ist genauso groß wie die der Erwachsenen. Das Herz eines Kindes kann ebenso sehr lieben wie das des Erwachsenen. Dieses Fest feiert – auch oder zuerst einmal – die Emanzipation dieser fünf Kinder. Was für viele von Ihnen noch ganz undenkbar ist oder sogar falsch, was Sie vielleicht traurig, wehmütig macht, das ist für die Kirche richtig. Für die Kirche sind diese Kinder mit dem heutigen Tag erwachsen und frei. Sie empfangen die gleiche heilige Kommunion wie die Erwachsenen. Tivadar empfängt denselben Christus wie seine Eltern. Drei Kommunionen, ein Christus. Hier gibt es keinen Unterschied mehr. Kein klein und groß. Hier ist das Kind frei. Die Seele dieser Kinder ist ein Raum, auf den wir Erwachsene keinen Zugriff haben. Niemand kann wissen oder beurteilen, was im Moment der heiligen Kommunion zwischen dem Kind und Gott geschieht, kein Vater, keine Mutter. Erst recht kein Priester. Damit ist der Beweis geführt, dass dies hier kein Kindergottesdienst ist. Wer einen Kindergottesdienst will, der will es nett, pädagogisch wertvoll, rührend… Ist Gott so? „Nehmt und esst. Das ist mein Leib.“ Dann kommt es noch krasser: „mein Blut.“ Jesus nimmt beim Letzten Abendmahl seinen Tod am nächsten Tag vorweg. Völlige Hingabe. Hier noch geistig, morgen körperlich, wie es realer nicht geht. „Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, hat das ewige Leben“, so im Evangelium des hl. Johannes. Überfordert das diese Kinder? Natürlich! Sie doch auch. Mich auch. Jesus setzt etwas in die Welt, in der entscheidenden Stunde seines Lebens, das alle überfordert. Und dieser Überforderung begegnen wir hier. Auch diese fünf Held*innen. Lassen Sie sich mal darauf ein, soweit Sie es eben können. Diese Kinder und die meisten Erwachsenen hier werden in der Kommunion Gott begegnen. Oder sie nehmen halt nur ein Stück komisches Brot. Dafür der ganze Wirbel? Ist Glaube so dumm? Jesus Christus ist Gott. Wahrer Gott und wahrer Mensch. Darin sind wir uns doch alle einig, wir Katholiken? Was aber ist Gott? Das Unfassbare. Der Anfang, das Ende. Das Unsagbare. „Die Liebe“, sagt der Evangelist. Gott ist die Schönheit selbst. Gott ist „der Vater“, sagt Jesus. Und die Philosophen: „Gott ist das höchste Gut, das, was vollkommener nicht gedacht werden kann.“ Die Liturgie ruft im Sanctus: „Gott, Herr aller Mächte und Gewalten.“ Sie sagen das, so Sie praktizierende Katholiken sind, jeden Sonntag. Was denken Sie sich dabei? Wie kann einer denken, die Kommunion sei harmlos? Diese Kinder begegnen heute dem Wunder, dem Geheimnis, ihrer Seele, der Freiheit, der Verantwortung. Sie begegnen Gott. Glauben Sie, das schade den Kindern? Es überfordert sie, mag sein. Aber schaden? Ist es ein Schaden, wenn ein kleiner Junge, ein kleines Mädchen anfängt zu ahnen, dass Gott unendlich groß und erhaben ist und das Recht hat, Forderungen an den Menschen zu stellen? Oder finden Sie, Forderungen dürfe nur die toughe Chefin stellen oder das Internet? Wer darf von diesen Kindern etwas fordern? Und wer nicht? Christus ist offenkundig einer, der fordert. Und einer, der sich hingibt. Wer die Kommunion empfängt, begegnet der Kraft, die diese Welt aufbricht. Diese Welt, die sich immer mehr verschließt in Egoismen und Ideologien. Sogar der Katholizismus kann eine Ideologie sein. Gott niemals. Frömmler, Diktatoren, Spezialisten, Verschwörungskenner: Alle haben Gewissheiten. Selbstgemachte Gewissheiten. Aber welche Gewissheit könnte es vor der Hostie geben außer dieser einen: Er ist da. Hier ist Freiheit. Dieser Glaube – Er ist da – hilft den Kindern ins Leben. Sie werden Christen sein. Sich entscheiden, handeln, scheitern, neu beginnen. Sie werden die Welt prägen. Im Evangelium heißt es: „Heilt Kranke, weckt Tote auf, macht Aussätzige rein, treibt Dämonen aus.“ Das ist nun Eure Aufgabe. Wie könnt ihr Kranke heilen? Indem ihr sie besucht. Kranke, die keiner besucht, sterben. Am gebrochenem Herzen. – Wie könnt Ihr Tote aufwecken? Wenn Ihr Menschen trefft, die ganz tot sind vor lauter Traurigkeit oder vor Sorgen: Euer Lächeln kann alles gut machen. Euer Taschengeld kann den Armen helfen, wieder zu leben. – Aussätzige waren Menschen, die draußen bleiben mussten; keiner wollte mit ihnen zu tun haben. Wenn ihr Menschen seht, die ausgeschlossen sind, könnt ihr sie aufnehmen. Ihr könnt ihnen sagen: Mach mit! Ihr werdet staunen, was Ihr zusammen mit Jesus Christus alles könnt. Unglaubliche Dinge. Von denen viele Erwachsene keine Ahnung mehr haben. Weil sie nicht mehr staunen. Erwachsene ärgern sich, aber sie staunen nicht mehr. Also staunt, Ihr Fünf! Wo? Vor der Hostie. Sehr einfach. Das Staunen vor der Hostie nennt man auch Beten. Wenn ich auf die Welt blicke, denke ich mir: Die, die Bescheid wissen, sind eine größere Gefahr als die, die staunen. Ich hoffe so sehr, dass diese Kinder lernen zu staunen. Und es nie mehr vergessen. Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors. Die Predigt zum Download finden Sie hier!Die Predigt zum Anhören