Fünfter Sonntag der Osterzeit, 15. Mai 2022
Fünfter Sonntag der Osterzeit, 15. Mai 2022 Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes Was kann sagen wir ein Feuerwehrkommandant seinen Leuten nicht sagen, ein Pfarrer aber schon? „Liebt einander!“ Wenn der Kommandant seinen Kamerad*innen sagen würden: „Liebt einander!“, das gäbe Gelächter, oder? Wenn ich es meinen Leuten sage, was gibt es dann? Gähnen, Verlegenheit. Kein begeistertes „Yes!“ Das ist ein Problem. Denn die Mehrzahl hier würde ja immer noch sagen: „Wir sind Christen!“ Und bestimmt alle hier würden sagen: „Liebe? Liebe ist wichtig!“ Aber niemand hier kann sagen: „Liebt einander!“ Das „Liebt einander“ aus dem heutigen Evangelium gilt als die zentrale Botschaft des Christentums, – und die Christen können es nicht sagen. Nicht in den Kellern, nicht im Feuerwehrhaus, nur in der Kirche. Und da ist es nur frommer Pfarrersprech, Nonnen-Rede, der übliche Papst-Quatsch. Und da ist noch ein Problem: die Christen selbst. Christen in Amerika kämpfen für Trump den Lügner, Christen in Russland werfen Bomben auf Christen in der Ukraine. Und das mit den Priestern wissen Sie eh alle. So wie die Kirche heute ist, hat sie vielleicht gar nicht das Recht, von Liebe zu reden. Die Pfarrer sollten vielleicht einfach mal die Klappe halten. Sie haben genug angerichtet. Und Sie? Was haben Sie angerichtet? Was haben Sie bewirkt in Ihrer Kirche? Liebe ist wichtig, oder? Eltern sollten ihre Kinder lieben. Jedenfalls solange sie klein sind. Männer sollten ihre Frauen lieben. Aber sollen Gemeinderäte einander lieben? Sollen Feuerwehr-Leute einander lieben? Und alle Einwohner dieses schönen Landes Österreich, sollen die einander lieben? Ich weiß nicht. Ich habe für Liebe keine Zeit; es gibt Wichtigeres; ich bin zu alt für die Liebe; ich wäre schon zufrieden mit ein bisschen mehr Anstand. So zu denken, ist das die Lösung? Einfach nicht mehr sagen, was im Evangelium steht? Einfach nur noch esoterisch herumreden? Wäre das besser? „Liebt einander! Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben!“ Hören Sie das doch einmal neu! Vergessen Sie die Pfarrer. Aber vergessen Sie auch Ihre eigenen Konventionen, alles das „geht nicht“, „tut man nicht“, „war noch nie so“. Machen Sie es so, wie es ein Gebet der heutigen Messe sagen wird: „Gib, dass wir die Gewohnheiten des alten Menschen ablegen und als neue Menschen leben!“ Sie würden dabei gewinnen. Wenn Sie an Gott denken, spüren Sie doch, dass er Sie liebt, Ihnen gut ist. Das spüren Sie zuerst – dann erst kommen die Zweifel. Und dann kommt eh wieder der Alltag, wo für Gott und Liebe wenig Platz ist. Seltsam, nicht wahr? Gott und die Liebe, beide stehen im Abseits Ihres Lebens. Irgendwie stimmt diese Welt nicht… „Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben.“ Wie hat uns Jesus denn geliebt? Die echte Liebe ist kein Idyll, Sie wissen das. Also ruft Jesus auch nicht zu einem Idyll auf. Eher zu etwas Handfestem, Seriösem, Erwachsenem: dem anderen gut sein, ihm treu sein, ihm gut wollen. Bleiben, verzeihen, immer wieder. Liebe heilt. Liebe hat ein Ziel und sie hat klare Werte. Wir brauchen das jetzt doch: einfache Dinge. Die letzten Wochen haben allen gezeigt, was kommt, wenn ein ganzes Land aufhört zu lieben. Vielleicht doch nicht so übel, die Liebe. Warum sollte sie bei der Feuerwehr oder einer Nation keine Rolle spielen? Oder bei einer Pfarre? Oder bei einem Orden? Man muss nicht unbedingt von der Liebe reden. Reicht ja, zu handeln. Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors. Die Predigt zum Download finden Sie hier!Die Predigt zum Anhören