Montag der Vierten Osterwoche, 9. Mai 2022
Montag der Vierten Osterwoche, 9. Mai 2022 (Lesungen vom Mittwoch derselben Woche) Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes Andere sind nicht so naiv wie wir. Für uns erzählt die Apostelgeschichte von den Anfängen der Kirche. Auch wenn wir die ganzen Namen und Wege nicht behalten können, wissen wir doch: Die ersten Christen brachen auf, um den Auferstandenen zu verkünden. Wenn wir ein wenig genauer hingehört haben, wissen wir noch, dass es nicht ohne Diskussionen ging. Es waren fundamentale Entscheidungen zu fällen. So leben wir mit der Apostelgeschichte. Andere sind nicht so schlicht. Sie fragen: Und die Frauen, wo waren die? Warum werden die kaum erwähnt? Oder sie fragen: Da entstanden Ämter, Strukturen, Hierarchien, – muss es so sein, wie es auf uns gekommen ist? War es falsch, war es richtig, war es zeitgebunden, können wir nicht neu beginnen? So fragen sie. – Sie fragen auch: Ging es wirklich so zu, wie Lukas es schildert? Überhaupt, Lukas, was war das für einer? Was wollte der erreichen mit seiner Geschichte? Gegen wen schrieb er an? – Und auch das noch: In der Apostelgeschichte ist viel die Rede vom „Heiligen Geist“. Für viele ist das nur ein Manöver. Ein Mythos, der die Macht legitimiert, letztendlich. Viele misstrauen der Apostelgeschichte so sehr, dass sie ihnen nur noch für ein paar moralische Appelle oder gute Sprüche taugt. „Wir können unmöglich schweigen über das, was wir gesehen und gehört haben.“ Berühmtes Motto der modernen Mission; hängt in allen Büros. Aber was ist die Botschaft? Die Auferstehung? Die heilige Kirche Jesu Christi? Oder ist da doch immer nur die Kirche des Lukas und die Kirche des Paulus und die Kirche des Professors Zulehners und die Kirche von Frau Ritter-Grepl? Welche Kirche wird gewinnen, fragen sie. Ja, lauter gute Fragen. Wir kehren wir zum Text der Lesung aus der Apostelgeschichte zurück. Es läuft bei den Christen. Aufgaben stellen sich und werden erfüllt, Gruppen und Gemeinden bilden sich heraus, es gibt Leute, die mitarbeiten. „In jenen Tagen wuchs das Wort Gottes und breitete sich aus.“ Das ist die Grundstimmung. Der Glaube daran, dass Gott die Kirche schafft. Dann heißt es: „Da fasteten und beteten sie, legten ihnen die Hände auf und ließen sie ziehen. Vom Heiligen Geist ausgesandt zogen sie nach Seleuzia hinab…“ Hier geht es um die Übertragung eines Amtes. Ein echtes geistliches Amt (oder eine Aufgabe oder ein Dienst) muss auch vom Heiligen Geist kommen, nicht nur vom Bedürfnis der Gemeinde. – Wäre es übrigens ganz falsch zu sagen: Der katholische Priester kommt von Christus her, die protestantische Pastorin kommt von der Gemeinde her? Nun war Christus kein Priester; er hatte kein Amt. Ha! Aber Christus verstand sich auch nicht als einer, der von einer Gemeinde beauftragt ist. Die Apostel hatten ihn nicht gewählt. Er hat seinen Auftrag von Gott. Da sind die Evangelien eindeutig. Das überträgt Jesus dann auf seine Jünger: „Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch“ (Jo 20,21). Gemeint sind zunächst die Zwölf Apostel. Ihr erstes Amt ist es, die Repräsentanten des neuen Israel zu sein. Sie sind ein definierter Kreis, der sich nicht beliebig erweitern lässt. Innerhalb des Zwölferkreises hat Petrus eine Sonderstellung. Das zeichnet sich in den Paulusbriefen ab und bei den vier Evangelisten. Also eine Überzeugung, die allen Gruppierungen der frühen Christen gemeinsam ist. In der Sonderstellung des Petrus erkennen sie einen Auftrag Jesu. – Frage: Ist diese Sonderstellung übertragbar? Gibt es Nachfolger des Apostels Petrus? Und Nachfolger der Nachfolger? Paulus ist von Christus berufen, persönlich, unmittelbar. Der Auferstandene Jesus Christus beruft den Saulus. Damit ist Paulus so gut Apostel wie die anderen Zwölf. Er bleibt aber gebunden an den Zwölferkreis. Ohne die anderen Apostel ist er nichts. Kirche ist also: Freiheit und Bindung. Freiheit und Tradition. Verstanden wird das Amt vor allem als Dienst am Wort. „Wort“ aber hat zu tun mit Hören, Gehören, Gehorsam. Es gibt kein Wort, das frei, selbstständig, ungebunden der Kirche gegenübersteht. „Denn was ich gesagt habe, habe ich nicht aus mir selbst…“ So im heutigen Evangelium. Jeder kann nur tun, wozu er berufen ist. Man kann sich das Amt nicht selbst nehmen. Man kann sich auch nicht selbst zum Apostel machen. Nur der Herr kann das. Die Autorität in der Kirche beruht auf der Berufung durch Christus und der Anerkennung durch die Zwölf und ihre Nachfolger. Das Wort ist gebunden. An Zeugen, an eine Vollmacht und eine Sendung. Es gibt kein „selbstständiges“, nur innerliches, einem jeden mit gleicher Autorität zukommendes Wort. Das Wort ist an Zeugen gebunden. Der Zeuge aber ist nur dann echter Zeuge, wenn er dem Wort gehorsam ist. Der Amtsträger ist nie Herr des Evangeliums, der Lehre. Außerhalb des apostolischen Zusammenhangs keine wahre Kirche. Deswegen bekennen wir die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche. Ein Bischof, ein Priester, ein Diakon hat sein nicht von der Gemeinde, sondern letztlich von Christus empfangen. Die Kirche ist kein religiöser Verein, der sich selbst irgendwelche Ämter schafft, sondern eine Gründung Jesu Christi. Das bedeutet aber, dass diese sichtbare Kirche, die uns oft so ärgerlich, provozierend und kleinkariert erscheint, Gegenstand des Glaubens ist. Natürlich braucht das Amt die Zustimmung der Gemeinde, natürlich gibt es eine Entwicklung in der Kirche. Aber vor allem gibt es den Heiligen Geist, der die Kirche führt. Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors. Die Predigt zum Download finden Sie hier!Die Predigt zum Anhören