Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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5. Fastensonntag (C), 3. April 2022

03/04/2022 


Die Predigt zum Anhören

„Denkt nicht mehr an das, was früher war!“

Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

„Denkt nicht mehr an das, was früher war! Achtet nicht auf das, was vergangen ist!“ – Vielen Dank auch, lieber Prophet! Diese Anweisung passt ja super für einen Orden und eine Pfarre, die es seit 900 Jahren gibt! Sollen wir jetzt unsere ganze Geschichte vergessen? Und noch etwas: Müssen die Juden sich nicht jedes Jahr an jene Nacht erinnern, in der sie aus der Gewalt der Sklavenhalter befreit wurden? Gebietet Gott nicht ausdrücklich: „Feiert einen Tag der Erinnerung!“ Und sagt Jesus nicht: „Tut dies zu meinem Gedächtnis!“, bedeutet: „Erinnert euch an mich!“ Was jetzt? Und stehen wir nicht vor uralten Kathedralen, verehren wir nicht Heilige, die vor 1000 Jahren gelebt haben, singen wir nicht Lieder, die seit 1000 Jahren klingen? Was soll das also heißen, „denkt nicht mehr an das, was früher war“?

Ihnen ist klar: Das kann nicht im absoluten Sinn gelten. Schon deswegen nicht, weil wir aus unseren Erinnerungen gemacht sind. Das Gedächtnis unserer Vorfahren ist in unseren Genen. Aber vielleicht geht es so: „Denkt nicht mehr an das Frühere“, das wird hier ja gesagt zu Menschen, die aus ihrer Heimat vertrieben wurden, Krieg erlebt haben, im Exil leben – und nun wieder heimkönnen. Wie soll das gut gehen, wie soll neue Zukunft gehen, wenn diese Menschen weiter an ihrer traurigen Vergangenheit hängen?

Vielleicht hilft auch dies weiter: Im Evangelium sagt Jesus zu der Frau: „Geh und sündige nicht mehr!“ M. a. W. vergiss die Sünde und geh in eine neue Zukunft! Sehen Sie noch, wie Jesus mit dem Finger auf die Erde schreibt? Schon der hl. Augustinus muss dabei an die Zehn Gebote denken: Sie sind in Stein gehauen. Jetzt schreibt Gott in den Sand.

Das Harte wird plötzlich beweglich. Gott ist in beidem: im Festen und im Fließenden. Das Gesetz ist kein starres Tötungswerkzeug, man muss die Situation und den Menschen sehen, auf die es angewandt wird. 

„Denkt nicht mehr an das, was früher war!“ Da geht es also nicht um den Umgang mit Geschichte und Tradition, sondern um Zukunft. – Passt doch zu der Zeit, in der wir das hören. Wir gehen auf Ostern zu. Ostern bedeutet aber nicht ein vergangenes Ereignis irgendwo dort unten, sondern Zukunft für uns hier.

Konkret folgt daraus: Lernen Sie, mit Ihren Erinnerungen umzugehen. Erinnerungen können einen halten und wärmen, sie können einen aber auch schier erdrücken. Es gibt Menschen, die ihre Erinnerungen hüten wie einen Goldschatz, so eifersüchtig. Es gibt einen falschen Umgang mit Erinnerungen: stures Beharren auf einer Identität; Feigheit vor der Zukunft; das ewige Nachtragen und Beleidigtsein, besonders dumm. Für viele Leute sind ihre schlechten Erinnerungen eher eine Option als die unbekannte Zukunft. Wieder andere wissen nicht, dass ein Unterschied ist zwischen Beharren und Treue.

Die Kirche ist klug; sie weiß um das alles. Deswegen besteht sie darauf, dass zur gültigen Beichte die Buße gehört und der Vorsatz. Die Buße dient der Bewältigung der Vergangenheit. Ich büße für meine Sünde, und dann ist Schluss. Es geht weiter! „Ich will mich ernstlich bessern!“, sagt der, der beichtet.

Überlegen Sie also: Wo ist mein Schwergewicht? In der Vergangenheit? Oder in der Hoffnung? Überlegen Sie meinethalben auch: Bin ich konservativ oder reaktionär? Konservative sind nicht gegen den Aufbruch. Sie sind nur skeptisch, vorsichtig, lebensklug; manche vielleicht einfach faul. Aber die Konservativen wollen nicht zurückhaben, was aus und vorbei ist. Die Reaktionäre schon. Sie brechen zwar auch auf, aber zurück zu dem, was erledigt ist. Sie hoffen, den Aufbruch in eine rätselhafte, unsichere, abenteuerliche Zukunft zu verhindern. Die Reaktionäre können nicht lassen und nicht vergessen. Welche Art von Zukunft sehen junge Priester, die Spitzen-Alben sammeln und „Bassgeigen“?

„Man muss seine Zeit lieben“, habe ich im Noviziat gelernt. Stimmt. Ich wünsche mir Priester, die ihre Zeit kennen. Muss man also Adele hören? Oder eher Haftbefehl? Vergessen Sie’s! Unsere Zeit ist zu komplex, um alles kennen zu können. Aber man kann Achtung haben für die Zeit, in die man gestellt ist. Das können Reaktionäre nicht. Sie verachten die Zeit, in der sie leben. So aber war die wahre Kirche nie. Ist Ihnen klar, dass Ihre Schloss- und Pfarrkirche einmal das modernste Gebäude im Ort war? – Ich denke bei alldem übrigens auch an alle die, die heute in die Zukunft gezwungen werden, die alles lassen müssen, die sich den Luxus des Beharrens gar nicht leisten können…

„Ich vergesse, was hinter mir liegt und strecke mich nach dem aus, was vor mir ist. Das Ziel vor Augen!“ Im Tiefsten geht es bei vielleicht um den Umgang mit der Gnade. Das ist doch die Grundoption, wie sie Paulus im Brief an die Philipper aufzeigt: Beharren auf der eigenen nachprüfbaren, vorzeigbaren, speicherbaren Leistung oder Hoffen auf die Gnade? Trauen Sie sich das: auf die Gnade zu hoffen?

Oder blicken Sie zurück und werden traurig? Blicken Sie um sich und werden verzagt? Dann schauen Sie genauer hin: „Schon sprosst es, merkt ihr es nicht?“

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

Die Predigt zum Download finden Sie hier!

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