Hochfest der Gottesmutter, 1. Jänner 2022
Hochfest der Gottesmutter, 1. Jänner 2022 – Die Fürsprecherin und die Fürbitte Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes Gut, dass die Kinder hier sind. Weil vor einem Kind jeder versteht, dass es Zuwendung braucht. Im Büro, im Labor, im Straßenverkehr vergisst man leicht darauf, wie wichtig Zuwendung für uns Menschen ist. Hochfest der Muttergottes, heute. Ich schaue also auf Maria. Aber damit ist es nicht getan. Um das Fest richtig feiern zu können, auf die richtige Weise, muss ich auch auf Sie und auf unsere Zeit schauen. So komme ich dazu, den Neujahrstag 2022 zum Festtag der Zuwendung zu erklären. Denn sehen Sie: Die Gestalt Maria ist so vielschichtig, um sie haben sich so viele Gedanken und Bilder gelegt, dass wir uns getrost etwas davon aussuchen können: Das, was wir gerade am dringendsten brauchen. Einer der Namen Marias ist „die Fürsprecherin“. Fürsprecherin kann aber nur die sein, die sich einem anderen zuwendet. Und das genau brauchen wir jetzt: Zuwendung statt Streit. Zuwendung statt Trennung. In der Lesung hieß es: „Der Herr wende dir sein Angesicht zu und schenke dir Frieden.“ Und der Neujahrstag stellt uns Maria vor Augen. Verstehen Sie, was für ein Bild sich da abzeichnet? Eine Gemeinschaft. Gott und wir. Maria und wir. Für mich ist schon das tröstlich. Wir sehen heute also solche in Nöten – die Menschen, und solche, mächtig zu helfen – unseren Vater im Himmel, Maria, die Heiligen… Mächtig zu helfen, denn es geht ja nicht um eine hilflose Zuwendung, sondern um eine, die etwas verändern kann. Wir sind heute die, die Bitten haben; Maria ist die, die uns hört. Die Helferin. – Lehren Sie das Ihre Kinder oder Enkel: Maria hilft! Geh zu ihr und sag ihr deine Bitten! Glaube ich selbst, was ich da sage? Glaube ich, dass Maria hilft? Dass die anderen Heiligen helfen? Glaube ich, dass Gott uns hilft? Ja! Oder Jein. Nicht jeden Tag gleich. Wie die meisten hier kenne ich verzweifelte, ausweglose Situationen und Schicksalsschläge. Ich kenne sie aus eigener Erfahrung oder weil ich Menschen zuhöre. Und das lehrt mich, dass Gott nicht ständig das Wunder wirkt, das wir erhoffen oder erflehen. Gott hat nicht das Aussterben der Dinos verhindert, nicht den Dreißigjährigen Krieg und auch nicht die Erfindung von Leggings in Größe 52. Im Ernst: Die Geschichte ist voll von Schicksalen, die den Gedanken nahelegen: Da war kein Gott. Ich erfahre davon, und mein Glaube zittert. Aber er ist noch nie zerbrochen. Warum? Weil ich vertraue. Ich weiß, dass Jesus uns gelehrt hat zu bitten. Das Vaterunser besteht aus sieben Bitten. Das einzige Gebet, dass Jesus uns Menschen gelehrt hat, ist eine inständige Bitte, und ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass Jesus seinen Scherz mit uns Menschen treibt. Er trägt uns auf zu bitten, weil er helfen will. Hinter dem Gebet stehen also unsere Not und seine Hilfsbereitschaft. Und die Hilfsbereitschaft aller, die zu ihm gehören, allen voran seine Mutter. – Not und Hilfsbereitschaft: So ist die Welt. Und bedenken Sie dies: Wieviel da ist, was Gott uns schenken will, – aber wir brauchen seine Gaben nicht. Gott ist da mit vollen Händen, und wir schicken ihn weiter. Der Teufel aber ist happy mit jeder Bitte, die nicht geäußert wird. Ich weiß ferner, dass die Kirche immer geglaubt hat, dass Maria und die Heiligen uns helfen. Dass Maria die Fürsprecherin ist. Die Mutter („Himmel-Mutter“). Und ich weiß, ohne es beweisen oder auch nur erklären zu können, dass Maria und die Heiligen mir bis hierher geholfen haben. Nicht, wirklich nicht!, indem sie mir jeden Wunsch erfüllten. Sondern indem sie es gut werden ließen. So, dass ich oft und oft sagen konnte: Es war schwer, aber gut. Es war kein Blödsinn. Sagen zu können: es war gut, mehr erwarte ich nicht vom Leben. Gott macht nicht alles, was wir wollen, aber er macht alles gut. Meine Erfahrung sagt mir noch etwas: Die Bitte muss der Normalfall sein, nicht die Ausnahme. Wir sollen das Vaterunser ja täglich beten, nicht nur in Notfällen. Vielleicht ist das der Fehler, den Sie machen: Dass Sie erst dann beten, wenn es kritisch wird. Wenn alles gut läuft, haben Sie kein Anliegen an Gott. Und so verlernen Sie das Bitten. Und die Nächstenliebe. Denn wenn Sie kein Anliegen an Gott haben, weil alles so weit gut geht und Sie zurechtkommen, – andere haben ganz bestimmt Anliegen. Da ist immer jemand, der zu Gott schreit. Aber Sie lassen ihn allein, weil sie nicht für ihn beten und nicht mit ihm. Lernen Sie, sich umzusehen im Haus, im Dorf, in Österreich, in der Kirche, in der Welt und beten Sie für andere. Immerzu. Vertun Sie nicht Ihre Zeit! Vertrauen und Bitten sollen nicht die Ausnahme sein, sondern die Regel, Routine im besten Sinn. (So wie das Vertrauen in Ihren Partner ja auch immer da ist und nicht nur in Extremsituationen.) Beten Sie um kleine und kleinste Dinge. Das tägliche Brot. Und um die ganz großen Dinge. Lernen Sie, Ihre Not zuzugeben, sie auszusprechen. Der Stolz verhindert so viele Gebete und damit so viel Liebe! Sie wissen, es heißt: „Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder…“ Kinder können bitten, ohne Weiteres. Kinder können insistieren. Die Erwachsenen genieren sich, wenn sie bitten müssen. Können wir Kinder sein? Hier erweist es sich. „Maria aber bewahrte alle diese Worte…“ Die Worte der Hirten, unsere Worte, das Wort Gottes vor allem. Maria hört zu und Maria gehorcht: Hier haben Sie, was es zum Beten braucht. Hören. Dazu Hartnäckigkeit. Und Demut. Denn jemanden um etwas bitten heißt, ihm erlauben, in das eigene Leben einzugreifen. Wer Gott um etwas bittet, erlaubt ihm, in sein Leben einzutreten. Noch ein letztes braucht es zum Beten: Phantasie. Sie lehrt uns, dass die Gebete oft anders erhört werden als wir es wollten. Nicht dann, wenn wir es wollten. Aber besser. Viel besser. Wie auch nicht? Der Name „Jesus“ bedeutet doch „Gott hilft“! Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors. Die Predigt zum Download finden Sie hier!Die Predigt zum Anhören