Allerheiligen 2021
Allerheiligen 2021 Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes Sie wissen, dass ich den Abschied ernst nehme. Was droben bei der Kunigundenkirche geschieht, ist nie Routine. Ihre Erinnerungen sind mir teuer. Meine eigenen Erinnerungen auch. Ich denke viel an die Toten. Ich bin ja aus ihnen gemacht. Wir sind nie bloß wir. Wir sind gemacht aus denen, die vor uns waren. Und aus den Erinnerungen. Und trotzdem sage ich Ihnen: Die Toten interessieren mich nicht. Der Tod interessiert mich nicht weiter. Weil ich Christ bin. Ich will doch nicht ein Mensch sein, der vor allem Vergangenes hütet. Erinnerungen interessieren mich nur, weil sie in meine Gegenwart hineinreichen, weil sie meine Zukunft mitbestimmen; die Toten interessieren mich nur, weil sie in mein jetziges Leben hineinreichen und es mitbestimmen. Was ist es sonst, wenn ich noch heute von meinen Eltern träume? Mich interessiert die Zukunft. Nicht die nächste Zukunft, nicht morgen, in einem Jahr usw., sondern die ferne, weite, endgültige Zukunft. Allerheiligen ist mein Fest. Nicht Allerseelen. Ich feiere die Heiligen. Und bete für die Toten. Die Heiligen prägen mein Leben. Ich bitte die großen Mystikerinnen, Katharina von Siena, Theresia von Avila, Therese von Lisieux, nach jeder Messe: damit meine Seele Gott findet. Ich bitte den größten Theologen aller Zeiten, den hl. Thomas von Aquin: damit ich anderen den Glauben gut erklären kann. Ich bitte den hl. Pfarrer von Ars: damit ich ein guter Pfarrer werde. Und den hl. Martin von Tours bitte ich, meine Familie zu behüten. Ich bitte so viele Heilige, dass ich jeden Sonntag von Mailberg bis hinauf nach Wieselsfeld zu tun habe, alle zu nennen. Ich vertraue diesen Männern und Frauen und bin Ihnen unendlich dankbar. Ich glaube wirklich an unsere Gemeinschaft mit den Heiligen. Wir haben mächtige Helfer! Die Heiligen… sind das die Reinen? Die Heldenhaften? Die Schönen? Die Besseren? Darum geht es nicht. Worum geht es dann? Es gibt Menschen mit Gott und Menschen ohne Gott. Da liegt die Antwort; darum geht es. Fromme Leute versuchen mir immer wieder zu erklären, jeder Mensch suche Gott, irgendwie. Weil jeder Mensch doch von Gott herkommt. Menschen ohne Gott, das gebe es gar nicht; alle seien irgendwie gläubig. Alle kommen in den Himmel, irgendwie, sagen die freundlichen Bischöfe. – Nur, ich kenne zu viele Menschen, die nie an Gott denken, nie von Gott sprechen, nie beten; die finden, die Liebe sei kitschig, Gutes tun sei „moralisch“, Schönes sei bloß Geschmackssache und die Wahrheit sei einfach eine Ansicht. Und weil ich das erlebe, glaube ich: Es gibt Menschen mit Gott und Menschen ohne Gott. Wie ich auch glaube, dass die katholische Kirche der Wahrheit am nächsten kommt. Das Gute gibt es auch woanders, außerhalb der Kirche. Auch Menschen, die nicht katholisch sind, können in den Himmel kommen, denn wir werden gerichtet nach der Liebe und nach dem Guten, das wir tun, nicht nach dem Glaubensbekenntnis, das wir sprechen. Wir feiern heute alle, die im Himmel sind. Aber bitten, verehren, will ich doch nur die Frauen und Männer, die die Kirche geliebt haben. Denn wie kann man Christus lieben ohne seine Kirche? Christus und die Kirche gehören zusammen. Ja! Die Kirche hat sich weit von ihrem Ursprung entfernt: Das wirft man ihr gerne vor. Okay. Was mich aber viel mehr bewegt, ist dies: dass die Kirche ihren Ursprung bis heute als das Ideal ansieht. Jesus, die Apostel, die Frauen, die ersten Christen: So muss die Kirche sein. Niemals in der Kirchengeschichte wurde vergessen, was am Anfang stand; niemals hat man das Ideal dieser ersten Zeit angezweifelt; immer hat man versucht, zum Anfang zurückzukehren; bis heute glaubt die Kirche, ihre wahre Zeit, das seien jene zwei, drei Jahre gewesen, als Jesus in Galiläa predigte und dann in Jerusalem starb. Nach ihrem eignen Bekunden ist die Kirche nur dann lebendig, wenn sie sich dieser Zeit annähert. Und das tut sie in den Heiligen. Kein einziger Heiliger hat je gesagt: Christus, das war mal. Alle diese Frauen und Männer rufen: Christus ist jetzt. Er ist das Maß! Die Heiligen verteidigen Christus gegen die Geschichte, gegen die Erfahrung, gegen die schlaue Klugheit. Die Heiligen sind die, die uns mitziehen. Menschen, die uns mitziehen zu Gott. Andere mitziehen hin zu Christus, das tun Mütter, auch Väter, Frauen, Männer, Priester, Könige. Das ist Gemeinschaft: wenn Menschen andere tragen. Wie der hl. Christophorus die vielen über den Fluss getragen hat und eines Tages das Göttliche Kind selbst tragen muss und daran fast ersäuft. Die Heiligen sind die, die durchhalten. Wider alle Erfahrung, ohne Zuspruch. Diese Menschen halten durch gegen alle Meinungen und Moden – und werden dabei weder bitter noch hochmütig. Die Heiligen resignieren nicht. Deswegen sind die Heiligen die Herrlichen. Der Glanz des Allerheiligen-Tages. FÜRBITTEN Die menschlichen Gemeinschaften zerbrechen: Familien, Dörfer, Staaten. Die Gemeinschaft der Heiligen bleibt. Vater, bewahre uns in der großen Gemeinschaft der Heiligen. Allerheiligen, das ist der Blick in die Zukunft. Christus, gib uns Zuversicht. Allerheiligen, das ist das Bild des himmlischen Gottesdienstes. Heiliger Geist, verleih‘ uns tiefe Frömmigkeit. Allerheiligen feiert die Frauen, Kinder und Männer, die durchgehalten haben, „die aus der großen Drangsal“. Heiliger Geist, gib uns Feuer und Stärke. Wir beten… … für die, die Österreich regieren … für die Kommunionkinder und ihre Eltern … für die vielen Kranken … um das Miteinander-Reden, das der Papst uns aufträgt … um ein Ende der Pandemie. Um die Einsicht aller … um die Bekehrung der Tyrannen dieser Welt Wir bitten unsere Namenspatrone, und zu behüten und uns zu Christus zu führen. Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors. Die Predigt zum Download finden Sie hier!Die Predigt zum Anhören