Montag, 25. Oktober 2021, 30. Woche im Jahreskreis
Montag, 25. Oktober 2021, 30. Woche im Jahreskreis Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes Gleichgültigkeit, Überdruss und Ärger: Der Mix ist ganz einfach herzustellen. Ein Satz des Apostels Paulus reicht. „Wenn ihr nach dem Fleisch lebt, müsst ihr sterben.“ Keiner versteht recht, was gemeint ist, alle überhören es so schnell wie möglich, und die meisten erinnern sich: Christentum – leibfeindlich. Und frauenfeindlich. Von Frauen steht hier zwar nichts, aber jeder „Standard“-Leser weiß: Paulus war frauenfeindlich. Paulus hat die Kirche erfunden. Das also, was besser nie über die Erde gekommen wäre. Wir hier sind in den Augen vieler unserer Zeitgenossen ein Fehler der Geschichte. Und jetzt beruhigen sich bitte alle wieder und lesen genau, was da steht: „Wenn ihr nach dem Fleisch lebt, müsst ihr sterben; wenn ihr aber durch den Geist die sündigen Taten des Leibes tötet, werdet ihr leben.“ Das macht es nicht besser, oder? Wir haben jetzt zwei Schlüsselwörter: „Fleisch“ und „Geist“. Und ein Missverständnis. „Geist“, das muss doch bedeuten: Nur die Gescheiten haben eine Chance. Der Verstand ist’s, der uns rettet. Eine Lesung für die Kopf-Menschen, die Bücherleser und Rechenkünstler, für alle, die verlernt haben, auf ihre innere Stimme zu hören. Jene Stimme, die heute gerne spricht: „Du musst jetzt auch mal an Dich denken.“ Und: „Da draußen läuft eine gewaltige Verschwörung. Von Echsenmenschen und Chips. Du hast zwar keinen einzigen Beweis, sondern nur Aussagen anderer, auf die Du Dich verlässt, nichts, was Du selbst nachgeprüft hättest, aber vertrau mir. Vertrau Deiner inneren Stimme!“ Die dann eben auch sagt: „Vergiss Paulus und sein Christentum!“ Und damit schließt sich der Kreis. Aus Kreisen muss man ausbrechen. „Wenn ihr nach dem Fleisch lebt, müsst ihr sterben; wenn ihr aber durch den Geist die sündigen Taten des Leibes tötet, werdet ihr leben.“ Das Fleisch, von dem die Rede ist, ist nicht vom Metzger, es ist nicht der Körper. Fleisch ist nicht gleich Fleischeslust. Wenn Paulus von „Fleisch“ spricht, kann man das übersetzen mit „Welt“. Die alte Welt, die wir kennen. An der wir selbst mitgearbeitet haben. Die am Ende tatsächlich nichts anderes zu bieten hat als den Tod. Alle sterben und werden vergessen. Der Ruhm, der auf einige wenige fällt, hält weder die Falten noch den Tod auf. Diese alte Welt, das „Fleisch“ hat ihre eigenen Gesetze: Setz dich durch! Zahle heim! Mach Profit! Halt dich fit! Belüge Deinen Partner, betrüge das Finanzamt, beeindrucke die anderen mit einem dicken Auto oder vier Fremdsprachen oder exzellenten Manieren oder allem zusammen. Kann einer dieser alten Welt und ihren Gesetzen entkommen? Antwort Paulus‘: „Wenn ihr durch den Geist die sündigen Taten des Leibes tötet, dann werdet ihr leben.“ Der Verstand besiegt die Welt? Natürlich nicht. Hören Sie, wie es weitergeht: „Denn alle, die sich vom Geist Gottes leiten lassen… “ Es geht also nicht um den Verstand, sondern um den Heiligen Geist. Den Anderen. Den Größeren. Was ist der Heilige Geist? Liebe. – Schöpferische, belebende, versöhnende, verklärende, tödliche Liebe. Tödlich für die Sünde. Nicht der Verstand wird mit der alten Welt fertig und schon gar nicht mit der Sünde, sondern die Liebe. Sie wissen das, aber Sie trauen dieser Liebe nicht. „Pfaffengeschwätz!“ Sie wollen lieber die Hollywood-Liebe. Seufz! Die überwindet vielleicht Standesgrenzen und böse Stiefmütter, aber nicht die Welt und auch nicht das Altwerden und nicht den Tod. Das kann nur die göttliche Liebe. Kennen Sie liebevolle Menschen? Überlegen Sie selbst: Sind die leblos? Sind die besiegt, fertig, am Boden? Nein. „Ihr habt den Geist empfangen, der euch zu Töchtern und Söhnen macht.“ Zu Kindern Gottes. Überhören Sie dieses eine Wort nicht: „empfangen.“ Die Liebe, um die es geht, wird zuerst empfangen und dann gegeben. Wie? Wo? Wann? Schwer zu erklären, weil es ganz innerlich ist, ganz individuell, ganz göttlich. Wie aber das Göttliche in Worte bringen? – Ein Versuch immerhin: Der Geist, der die „sündigen Taten“ tötet und das Gute lebendig macht, der wird nicht gemacht, nur empfangen. Dazu braucht es zweierlei: Öffnung und Begegnung. Wenn Sie in Ihren stillen Momenten offen sind für jenen Anderen, Gott, wenn Sie dadurch lebendiger werden statt lebloser, liebevoller statt verzweifelter, milder statt härter, wenn Sie aufrecht werden, statt niedergedrückt, – dann werden Sie leben. Das Evangelium erzählt genau davon: „Und er legte ihr die Hände auf. Im gleichen Augenblick richtete sie sich auf.“ Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors. Die Predigt zum Download finden Sie hier!Die Predigt zum Anhören
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