Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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Fest des hl. Johannes Chrysostomus, 13. September 2021

13/09/2021 


Die Predigt zum Anhören

Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Paulus ist ein Träumer. „Seid demütig, friedfertig und geduldig“, schreibt er den Christen. Ja, aber es geht doch um die Wahrheit! Da muss man doch kämpfen. Den Glauben „entschlossen gegen alle Angriffe verteidigen“, das wollen die Ritter. Ich bin dabei! Doch so etwas geht nicht „demütig, friedfertig und geduldig“; das weiß jedes Kind im Sandkasten.

Paulus ist lange her. „Bemüht euch, die Einheit des Geistes zu wahren.“ Was lange her ist, ist überholt. Vielleicht schön, aber überholt von der Realität, und wir lieben die Realität mehr als den Traum. Die Träume fürchten wir. In der Realität heißt es: „Du bist Familie.“ Das ist nicht Einheit, das ist Mafia. Das sind Komplizen und Interessen, aber nicht „Einheit des Geistes“ und schon gar nicht „Liebe“.

Eine Gesellschaft, die in verschiedenen Blasen lebt, kommuniziert nicht mehr, die schreit sich nur noch an und schottet sich ab. Das geht auch in der Kirche. Was hätten die Katholiken in der Minoritenkirche und die in Ober-St.-Veit sich noch zu sagen? „Ertragt einander in Liebe und bemüht euch, die Einheit des Geistes zu wahren.“ Das sind nur noch Träumereien. Die Einheit ist zerfallen. Manche freut das, denn so sind sie anderen los. Manche akzeptieren das, weil es nun mal so ist. Manche leiden darunter: die Heiligen. Die meisten Menschen sind zufrieden, wenn sie sich von Träumen und Altem und Edlem verabschieden können. Denn übrig bleibt das Leben, das sie kennen. Was bleibt, wenn wir die Hl. Schrift, Paulus, Jesus selbst beiseite geben? Dann bleiben nur mehr wir selbst und unser Profil auf Facebook oder Instagram. Dann haben wir mit dem hl. Johannes Chrysostomus nichts mehr zu tun. Der ist dann nur noch ein Fundstück, das die Archäologen ausgegraben haben und das Vater, Mutter, Kind am Samstag beschauen kommen.

Was bedeuten Ihnen die Heiligen? Was bedeuten Ihnen die Briefe des Apostels? Gibt es eine Einheit zwischen Ihnen und den Christen in Ephesus und denen in Konstantinopel? Ist die Einheit noch möglich oder ist die längst dahin, irreparabel? Welche Einheit besteht zwischen den Mailbergern und ihrem Pfarrer? Aller meistens denke ich: nur die der Sympathie. Uns verbindet eine gewisse Sympathie, aber nicht der Glaube. Welche Einheit besteht zwischen dem Malteser-Ritter-Orden und der Katholischen Frauenbewegung? Was haben die anderen mit mir zu tun? Wo ist die Einheit? Das ist eine Frage des ersten, des fünften und des 21. Jahrhunderts. Das ist die Frage des Apostels Paulus und seiner Schüler, die Frage des hl. Johannes Chrysostomus und die Frage der Montagsgemeinde in der Malteserkirche. Was verbindet uns? Sind wir Familie? Treffen wir uns hier, um schlaue Geschäfte abzuschließen? Nein. Sind wir Freunde? Nein. Wir sind freundlich. Sind wir Gleiche? Auch nein. Einheit ist etwas anderes als Mafia, etwas anderes als Freundschaft, etwas anderes als Gleichheit. Als Gleichheit und Brüderlichkeit ausgerufen wurden, war die Einheit dahin.

Der hl. Johannes starb am 14. September 407 irgendwo in Kleinasien, dort, wo es nur noch Steppen gibt, über denen die Vögel aufsteigen und ein paar Soldaten, die den alten Patriarchen von Konstantinopel bewachen. Er stirbt ihnen unter den Händen weg, vor Erschöpfung, noch bevor er am Ort seiner Verbannung ankommt. Später geben ihm die Menschen den Beinamen Chrysostomus, Goldmund, denn sie erinnern sich an seine großen Predigten, sie lesen seine Schriften. Er hatte alles erlebt, er war alles gewesen: brillanter Student, zum Christentum bekehrter und neu Getaufter, Einsiedler, Priester, Erzbischof, Gegner der Kaiserin, Freund der Armen, Kritiker der Kleriker und der Wohlhabenden, Gelehrter. Was dieser Zeitgenosse des hl. Ambrosius und des hl. Augustinus predigte, erschütterte oder stärkte ganze Reiche. Seine Worte bewegten Volksscharen. Vielleicht weil er schlicht und einfach sprach und mutig war und heilig.

Worauf wollen Sie mehr achten, wenn Sie solch einen Mann treffen? Auf das, was Sie von ihm trennt oder auf das, was Sie mit Johannes Chrysostomus verbindet? Ich rate Ihnen, bringen Sie die Unterschiede zusammen mit der Einheit.

„Jeder von uns empfing die Gnade in dem Maß, wie Christus sie ihm geschenkt hat.“ So die Lesung. Das Maß der Gnade ist unterschiedlich. Es gibt also Unterschiede. Es gibt aber auch Einheit, denn alle Gnade kommt vom einen Christus. Ihre und meine.

Gnade ist die Hilfe, die von Gott auf den Menschen kommt. Da gibt die Gnade, die zum Heil notwendig ist. Diese Gnade bekommt jeder Mensch, weil Gott jeden Menschen retten will. Jeder Mensch bekommt die Gnade, die er braucht, um in den Himmel zu kommen.

Dann gibt es aber auch die Gnaden, die einer besonderen Berufung in der Kirche dienen. Einer bekommt, wie der Kirchenlehrer Johannes Chrysostomus, die Gnade, tief zu verstehen und das Verstandene anderen zu erklären; eine andere bekommt die Gnade, verschiedene Menschen heiter zusammenzubringen, wieder eine andere die Gnade, tief um andere Menschen zu leiden. Alle diese unterschiedlichen Gnaden sind dazu da, anderen zu dienen. Die Kirche aufzubauen.

So herrscht also Gleichheit aller in der heilsnotwendigen Gnade und Verschiedenheit in den besonderen Gnaden. Die Einheit der Kirche entsteht aus Gleichheit und Verschiedenheit.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

Die Predigt zum Download finden Sie hier!

Souveräner Malteser-Ritter-Orden

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