Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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Montag, 30. August 2021, 22. Woche im Jahreskreis

30/08/2021 


Die Predigt zum Anhören

Montag, 30. August 2021, 22. Woche im Jahreskreis
(Lesungen vom Donnerstag derselben Woche)

Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Ein Wiener kommt ins Salzkammergut, an den See. Ein Handwerker aus Döbling, irgendwas mit Holz, oder ein Anwalt aus Meidling. Er sieht den Fischern zu. Seit Generationen kennen diese Männer den See und das Wetter und die Fische. Sie fahren in der Nacht hinaus, das ist die beste Zeit. In der Frühe sind wie wieder zurück. Diesmal haben sie nichts gefangen, in ihren Netzen hängt nur Müll. Da kommt der Typ aus der Stadt, der von nichts eine Ahnung hat, weil er doch Rechtsanwalt ist oder Zimmermann, und sagt dem Chef: „Fahr hinaus auf den See! Wirf die Netze aus!“

Nun können Sie sich vorstellen, was die Szene dort am See für Petrus bedeutet. Petrus wird herausgefordert. Er wird über den Haufen gerannt. Er wird demontiert als Chef, als Fischer, als Mann. So etwas kann schief gehen…

„Wenn du es sagt, werde ich die Netze auswerfen.“ Sagt Petrus das, nachdem er bis zehn gezählt hat, um sich zu beruhigen? Sagt er das zähneknirschend? Widerwillig? Wurstig? Vertrauensvoll? Wir wissen es nicht. Wir wissen nur: Er gehorcht. Der, der Erfahrung hat, der das Unternehmen leitet, der andere Männer unter sich hat, der müde ist und frustriert, der gehorcht dem Fremden. Und erlebt sein blaues Wunder.

Gehorchen, also tun, was ein anderer sagt, ist immer ein Wagnis. Eine Blamage. Eine Zumutung. Aber was wäre aus Petrus geworden, wenn er dem Typen den Finger gezeigt hätte? Geworden wäre gar nichts; er wäre einfach geblieben, was er war: ein Fischer, am immer gleichen See.

So aber passiert das: „Sie fingen eine so große Menge von Fischen, dass ihre Netze zu reißen drohten… und gemeinsam füllten sie beide Boote bis zum Rand, so dass die fast untergingen“. Denn sie hatten ein zweites Boot zu Hilfe rufen müssen. Ein Fischfang „bisher ungeahnten Ausmaßes“.

Was da geschieht ist so wider alle Erfahrung, gegen alle Erwartung, so maßlos, übertrieben, großartig, überwältigend, dass Petrus zusammenbricht. Der Mann liegt auf der Erde und kann nur noch stammeln: „Geh weg, geh weg von mir. Herr.“

„Ich bin ein Sünder!“ Das ist keine katholische Floskel mehr. Petrus wurde demontiert, überrumpelt, überfordert, über alle seine Grenzen gehauen und nun erkennt er. Jetzt erst. Ohne die Ereignisse dieser ein, zwei Stunden (denn Jesus lässt sich Zeit) hätte Petrus nicht erkannt, wer Jesus in Wahrheit ist: der Herr. Sein Herr. Er hätte auch nicht erkannt, wer er selbst in Wahrheit ist: ein Sünder.

Diese beiden Wahrheiten rasen nun auf einander zu wie zwei Güterzüge: Herr und Sünder. Der Sünder wird zerschmettert werden. Was mit einem seltsamen Wort begann – „Wirf die Netze aus!“ –, das wird in der völligen Zerstörung des Petrus enden. Wie soll der Mann weiterleben? Mit sich selbst? Mit diesem Ereignis? Vor den Augen seiner Leute? Was kann nach der Erkenntnis: ich bin wirklich ein Sünder, ein Nichts, noch kommen?

„Von jetzt an wirst du Menschen fangen.“ Der Auftrag: Das ist es, was kommt. Christus gibt dem Mann, der am Boden liegt, einen Auftrag: „Fürchte dich nicht!“ Dann kommen das Fortgehen vom See, das Verlassen seiner Leute, die Nachfolge, die Kirche, Rom…

Sie könnten (aber das tun Sie nicht) den Glauben einfach ignorieren. Sie könnten hier hereinkommen, Ihr Handy zücken, fotografieren und wieder gehen. Die meisten Menschen machen das. Sie können den Glauben auch in Ihr Leben einbauen. Sonntag (oder Montag) ist für den Glauben, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag usw. ist für den Rest. Sie können mit dem Glauben Ihr Leben ein wenig dekorieren: Christmette und Matthäuspassion. Eine Wanderung nach Mariazell. Der Glaube kann ein solides Fundament sein, oder man kann ihn sozial erklären oder psychologisch oder pathologisch. Die Taliban sind Analphabeten und deswegen gläubig; die Religion hilft in einer sich ständig wandelnden Welt, und wer Priester werden will, ist nicht ganz richtig im Kopf: alles Versuche, mit dem Glauben fertig zu werden. Ordnungsversuche. Sie wissen, dass die scheitern, allesamt. Wer wäre je mit dem Glauben fertig geworden? Oder mit dem Leben? Oder mit dem Geist?

Man kann natürlich versuchen, dem Glauben einen ordentlichen Platz im ordentlichen Leben zu geben. Dann haben halt die wirklich großen Ereignisse und die großen Entscheidungen mit dem Glauben nichts zu tun. Die erste Liebe, die große Liebe, das Verlassen-werden, die Krankheit, die Kunst, der Schrecken… alles steht nur für sich, neben dem Glauben.

Wieso gibt es das Risiko im Sport und in der Wirtschaft, aber nicht im Glauben? Warum gibt es Wagnis und Überwältigung in Salzburg, aber nicht in der Kirche? Welche Kirchen kennen Sie, die es riskieren oder gar daransetzen, Ihnen den Atem zu rauben, Sie zu verstören? Warum geht die Kirche so andere Wege als Jesus?

Dieses Evangelium beginnt mit dem Gehorsam: „Wenn du es sagst…“ Der Gehorsam führt zum Glauben: „Herr!“ Und der Glaube führt zum Auftrag: „Von jetzt an…“ Doch was ich Ihnen da so geordnet darstelle, das bedeutet für Petrus Überraschung, Herausforderung, Schock, Schrecken:  alles, was wir aus dem Glauben ausschließen. Wir sind ein wenig zu schlau. Zu vorsichtig. Wir wissen alle, wie das geht, Fische fangen. Bis einer kommt, der uns sagt: „Fahr hinaus auf den See!“ Und dann begegnet Petrus der Fülle, dem Maßlosen, dem Absoluten und Großen. In Kana wieder: 600 Liter köstlicher Wein! In der Wüste wieder: 12 Körbe sind übrig! In jeder Messe wieder: die Fülle der Gnaden für eine, für ein paar winzige, kleine, ängstliche, enge, hoffende Seelen.

*

Bernanos, Tagebuch vom 18. Jänner 1948: „Gefahr, sich die Liebe Gottes als eine Liebe wohlwollender Herablassung vorzustellen. Gott begegnet seinem Geschöpf mit einem Begehren, dessen mindeste Vorstellung uns zu Staub zermalmen würde.

Darum hat er dieses Begehren in das Tiefste des sanften, liebenden Herzens Jesu Christi versenkt.“

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

Die Predigt zum Download finden Sie hier!

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