Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

Aktuelles

Montag, 2. August 2021, 18. Woche im Jahreskreis

02/08/2021 


Die Predigt zum Anhören

(Lesungen vom Donnerstag derselben Woche)

Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Menschen packen, was sie haben, verlassen die sichere, schlechte Heimat und ziehen fort. Die Fremde verheißt Glück. Sie werden enttäuscht. Ob das in der Wüste oder auf einem Boot im Mittelmeer geschieht, ist gleich. Es ist die immer gleiche Geschichte: Wagnis und Enttäuschung.

Menschen haben lieber Komfort und Sicherheit als Verantwortung und Freiheit. Lieber Sklaven sein bei „Korn, Feigen, Wein und Granatäpfeln“ als Freie in der Wüste bei den Steinen. Die jungen Männer, die zu uns kommen, hoffen nicht auf Gleichberechtigung, sondern auf einen Maserati. Es ist die immer gleiche Geschichte. Die einzige Freiheit, die die Menschen wirklich interessiert, ist die, dagegen sein zu dürfen. Auf die Straße gehen zu dürfen, das reicht. Siehe die „Gelbwesten“ in Frankreich: kein Programm, keine Verantwortung, keine Führer*innen, nur: „Wir stürmen den Palast!“ – „Da rotteten sie sich gegen Mose und Aaron zusammen.“

Es ist die immer gleiche Geschichte: Eine Frau ist unglücklich, ein Mann ist unglücklich, aber das Haus steht, die Heizung geht, das Gehalt kommt. Und so bleiben sie. Nichts ändern! Denn das Unglück ist sicher und vertraut; das neue Leben ist fremd, eine vage Chance, mehr nicht. Die Frauen und Männer in der Wüste haben sich einmal etwas getraut, ein einziges Mal, und es ging schief. Mose und Aaron sind schuld. Keine Entscheidung, keine Verantwortung, anderen die Schuld geben: So kommt man durchs Leben. – Die Lesung aus dem Buch Numeri spricht nicht von Juden, sondern von Menschen. Menschen sind so, werden immer so sein, und die Kirche trägt die Müdigkeit der Jahrtausende.

Mose und Aaron sind den einen Schritt zu weit gegangen. Zu weit in Gott hinein. Es gibt kein Zurück mehr, Vergessen geht nicht. Sie haben andere mitgezogen, ein ganzes Volk. Zurück nach Ägypten geht nicht. Noch weiter in die Wüste hinein geht auch nicht. Meinen alle. Also sitzenbleiben im Sand. Meutern. Das ist der Moment der Versuchung. Führer wie Geführte, alle werden versucht: Sklaverei besser als Freiheit, Wein und Granatäpfel besser als Wasser aus dem Felsen und Brot vom Himmel. – „Wozu habt ihr uns aus Ägypten hierhergeführt?“ Wozu? Das ist die Grundfrage.

Korn und Feigen, Wein und Granatäpfel, Behörden, Abteien, Regeln, Strategien, Meetings, oben und unten: Das ist alte Welt mit ihrer ganzen Kraft. Geld oder Macht oder Sex, das funktioniert immer.

Jesus erzählt eine ganz andere Geschichte. Gegen Geld, Macht und Sex setzt er Armut, Gehorsam und Keuschheit. Dreifaches Wagnis. Diese Welt lacht nur darüber. Sogar die Kirche lächelt, klug und vielleicht ein wenig traurig. Sie setzt kein Vertrauen in die Erzählung Jesu. Armut, Gehorsam und Keuschheit kommen in den Planungen nicht vor. Und in der Tat: wenn die nur deswegen arm sind, weil sie nichts können, nur deswegen gehorsam, weil sie sich gerne führen lassen, nur deswegen keusch, weil sie den Kampf zweier Körper fürchten, wenn das solche sind, dann geht die Geschichte Jesu nicht. Wenn die Worte Jesu keine Wunden schlagen, keine Narben hinterlassen, dann sind sie bloß abgeglitten am Panzer der Welt, – die doch, wir sehen es mit eigenen Augen, zerstört wird durch Verschwendung, Herrschsucht und Ausschweifung. Aber besser eine zerstörte Welt, die man kennt, als eine neue, die einem Angst macht. Jede deutsche Landwirtschaftsministerin würde das unterschreiben.

„Mose und Aaron verließen die Versammlung, gingen zum Eingang des Offenbarungszeltes und warfen sich auf ihr Gesicht nieder.“ Das bedeutet Ausstieg und Eingeständnis. Sie wissen keine Lösung mehr. Sie müssen raus. Sie müssen zu Gott.

Wir hoffen immer, Gott in dem zu finden, was wir kennen, in den lieben Strukturen. So müssten wir nie aufbrechen. Nie Wüste! Schön wär’s. Ein solcher Gott wäre leicht zu durchschauen.

Die Pandemie, die Auseinandersetzungen in der Kirche, die seltsamen Erscheinungen in der Natur, da ist so vieles, was uns beibringt, dass wir die alte, immer gleiche Geschichte lassen müssen. Vielleicht können wir nur noch von Tag zu Tag leben. Wir können ja nicht mehr planen. Oder machen planend alles noch schlimmer. Das gilt für die Strukturreform einer Erzdiözese genauso wie für die Erziehung der Kinder. Das Leben ist derzeit schwierig, Sie alle fühlen das. Aber „wenn auch der äußere Mensch aufgerieben wird, – der innere wird Tag für Tag erneuert“ (2 Kor 4,16). Vielleicht müssen wir lernen, die Zukunft Gott zu überlassen. So bliebe der Himmel offen.

Eine gesellschaftliche Größe ist die Kirche schon lange nicht mehr und wird es so schnell auch nicht mehr sein. Aber eines kann sie; eine „Kernkompetenz“ hat sie: Die Kirche kann den Himmel offenhalten. Durch Feiern, Nachsinnen, Lehren, Beten.

Die Menschen in der Wüste wollen Sicherheit, Planbarkeit, verlässliche Prognosen. Die Kirche hingegen betet: „Unser tägliches Brot gib uns heute.“ Gott gibt kein Brot, das für immer reicht. Auch kein Zauberwort für ständige innere Kraft. Nur Tag für Tag, was wir zum Leben brauchen. Weil wir erwachsen werden sollen (wie viele kennen Sie, die auch im Glauben erwachsen sind, nicht nur im Berufsleben?). Jesus verspricht uns nicht ungestörte innere Ruhe, aber das Aufhören von Unruhe und Verzagtheit. „Meinen Frieden gebe ich euch.“ Der Friede, den Jesus gibt, besteht darin, dass wir für immer wissen, wohin wir gehören. Zu ihm.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

Die Predigt zum Download finden Sie hier!

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