Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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Montag der sechsten Woche nach Ostern, 10. Mai 2021

10/05/2021 


Die Predigt zum Anhören

Montag der sechsten Woche nach Ostern, 10. Mai 2021
(Lesungen vom Dienstag derselben Woche)

Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

„Und keiner von euch fragt mich.“ – Jesus selbst trifft hier auf die Kirche, die nicht fragt.

Die Kirche stellt fest, sie behauptet, klagt an, sie bittet; die Kirche denkt an was anderes. Sie plant. Das vor allem: Die Kirche plant Aktionen. Aber sie fragt nicht. Wann hat Sie das letzte Mal ein Christ gefragt: Wie geht es dir in diesen Zeiten? Also, ernsthaft gefragt, bereit, Ihnen wirklich zuzuhören? Hat in den letzten sechs Monaten ein Priester bei Ihnen angerufen, um zu fragen: Wie geht es dir?

„Keiner von euch fragt mich. Vielmehr ist euer Herz von Trauer erfüllt…“ Da lehrt der Herr seine Jünger die tiefsten Wahrheiten, Worte, die nie mehr vergehen werden, – und diese Männer sind traurig! Immerhin. Es hätte ja auch sein können, dass der eine denkt: Wann gibt’s endlich was zu essen? Und der andere: Was habe ich morgen zu erledigen? Immerhin sind sie traurig. Aber selbst das bedeutet doch: Sie bleiben bei ihren Gefühlen stehen. Ist die Kirche dazu da, sind Katholik*innen dazu da: bei ihren eigenen Gefühlen stehen zu bleiben? Nein, die Kirche ist dazu da aufzubrechen. Jede Frage aber ist ein Aufbruch.

Die Kirche ist noch immer so wie damals im Abendmahlssaal. Keiner wird das leugnen. Warum? Ist das nur Trägheit? Gedankenlosigkeit? Ist das die unendliche Müdigkeit angesichts der Nutzlosigkeit aller Fragen? Denn was ändert die Frage denn? Der Kranke ist nach der Frage „Wie geht es Ihnen?“ doch noch genauso krank wie vorher. Ja, so könnte man wohl denken…

Die Kirche fragt uns nicht. Was steckt dahinter? Die große, atemberaubende Herzlosigkeit der Kirche? Jeder, der die Geschichte der Kirche studiert hat, jeder, der ein paar Jahrzehnte wirklich mit der Kirche gelebt hat, weiß, wovon ich rede. Diese Herzlosigkeit der Kirche gibt es genauso wie es ihre Heiligkeit gibt. Die Kirche geht mit den heiligsten Dingen um – ungerührt bis frech. Die Kirche weiß nicht zu fragen und nicht zu trösten. Die Lieder, die wir jetzt nicht singen dürfen, die trösten. Aber die Bischöfe? Was ist das? Ist es Scheu? Ist es ein Abgrund an Verzweiflung, der die Kirche stumm macht bzw. ins Plappern fliehen lässt? Warum hat die Kirche in den letzten 14 Monaten so wenig gefragt und getröstet, so wenig gelehrt und bekannt und uns stattdessen mit Hygieneregeln und Aktionen allein gelassen? Die vielen verschlossenen Kirchentüren, auch hier in Wien, bedeuteten doch: Nein, wir fragen euch nicht.

„Da rief Paulus laut: Tu dir nichts an! Wir sind alle noch da.“ Was hat die Kirche Ihnen zugerufen in den letzten Monaten? „Tu dir nichts an, wir sind doch alle da!“ Hat die Kirche Ihnen das zugerufen? Ins Ohr geflüstert? Ihnen geschrieben? Paulus, das ist die andere Kirche. Das richtige Wort, genau im richtigen Augenblick. Ist das so schwer?

Paulus hatte leicht reden, mag einer denken. Nein, hatte er nicht. Paulus und Silas steckten in einer Situation, die mindestens so übel war wie die, in der wir jetzt stecken. „In jenen Tagen erhob sich das Volk gegen Paulus und Silas.“ Ein wütender Mob, kalte Beamte, Schläge, Gefängnis, Erdbeben. „Ein gewaltiges Erdbeben, so dass die Grundmauern des Gefängnisses wankten.“ – Und dann will der Leiter des Gefängnisses sich umbringen. Er ist sich sicher, seine Pflicht nicht erfüllt zu haben. (Ja, früher war das so. Da hatte man eine Ehre und konnte die Ehre verlieren. Das geht heute ja gar nicht mehr.) Der Mann also „zog sein Schwert, um sich zu töten. Da rief Paulus laut: Tu dir nichts an! Wir sind alle noch da.“

„Wir sind alle noch da!“ Das ist eines der großen, ewigen Worte der wahren Kirche. Tu dir nichts an! Wir sind alle noch da. Du bist nicht allein. – Wir können dich nicht gesund machen, aber wir sind da, an deinem Bett, wir halten deine Hand. Wir können deine Schuld nicht einfach auslöschen, aber wir sind an deiner Seite. Du fühlst eine Einsamkeit, die zum Himmel schreit. Aber du weißt und glaubst: In Wahrheit bin ich nicht allein. Sie sind alle da.

Und dann sagt Paulus das zweite ewige Wort der Kirche. „Glaube!“ – Der zitternde namenlose Mann hatte gefragt: „Was muss ich tun, um gerettet zu werden?“ Er hatte gefragt! Die einzige Frage, die ein Priester wirklich hören will (und stattdessen nur hört: Wo sollen wir die Bänke aufstellen? Müssen alle an der Sitzung teilnehmen?), die einzige Frage, die ein Priester wirklich hören will, lautet: „Was muss ich tun, um gerettet zu werden?“ Und die einzige Antwort, die die Kirche geben darf, ist: „Glaube! Glaube an Jesus, den Herrn!“

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

Die Predigt zum Download finden Sie hier!

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