Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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Montag der vierten Woche nach Ostern, 26. April 2021

26/04/2021 


Die Predigt zum Anhören

Montag der vierten Woche nach Ostern, 26. April 2021
(Lesungen vom Donnerstag derselben Woche)

Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Woran sollen wir uns orientieren in diesen Zeiten? An den Aufregungen, die uns Bekannte aufs Handy schicken? Nein. An den flotten Anzügen unserer jungen Minister? Auch nein. An den Gefühlen? Wäre eine Angst-Karte der Stadt Wien nicht hilfreich? Wäre es nicht super, eine Infrarotkamera könnte auch die Angst registrieren? Wäre das AKH ein besonders heller Fleck der Angst? Wäre in Kagran mehr Angst verzeichnet als in Pötzleinsdorf? Doch Gefühlskarten gibt es nicht, wir wissen nichts von den wahren Gefühlen der Menschen. Das Analysieren und mehr noch das Benutzen von Gefühlen ist etwas für Marketing-Abteilungen. Nichts für uns.

„Brüder, wenn ihr ein Wort des Trostes für das Volk habt, so redet“, sagen die Synagogenvorsteher. Da ist sie noch einmal, die Frage: Woran können wir uns orientieren? Denn die Trostlosen, das sind ja die ohne Richtung. Helfen die Ereignisse weiter? Ist die Geschichte eine Orientierung für die, die den Weg suchen? „Dann“ – „danach“ – „nachdem“: Paulus versucht es. Er zählt Ereignisse aus der Geschichte Israels auf und deutet sie. Überzeugt Sie das? Nein! Bezeichnenderweise endet die Lesung mit dem Hinweis auf Johannes den Täufer, jenen Mann, der von sich selbst sagen muss: Ich bin es nicht. „Ich bin nicht der, für den ihr mich haltet. Nach mir kommt einer…“ Die Geschichte bietet immer nur provisorischen Halt; sie läuft weiter, auf ein Ziel zu – und fällt dabei über die eigenen Füße. Wer in der Geschichte allein seine Orientierung sucht, der wird zu ihrem Spielzeug.

Noch einmal also: Was orientiert uns? Gefühle? Ereignisse? Die Gewalt? Der Gewalt fügt man sich, aber sie überzeugt uns nicht. Also Geld? Schönheit? Güte? Genie? Nein, alles das nicht. Nur der Gesandte. Das ist die überraschende Antwort des Evangeliums. „Ich bin es.“ Christus ist die Antwort auf unsere Suche. Und nein, das ist nicht einfach bloß fromm. Das ist ein Anspruch.

Merken Sie wohl: Jesus antwortet nicht auf alle Fragen, die wir haben. Es würde sich lohnen, darüber zu meditieren, welche Themen Jesus nie angesprochen hat. Tierschutz, Masturbation, Frauen-Emanzipation, Krieg… Nichts, kein Wort von ihm. Manchmal ist sein Schweigen befreiend, manchmal verstörend. Und dennoch hat Jesus nichts Vages oder gar Feiges. Sein Schweigen ist auch nicht bloß das Resultat guter Manieren. Jesus ist nicht diskret oder höflich. Wir müssen den Weg selber finden. Aber in seiner Gegenwart. „Ich bin es.“

Vor der Gestalt Christi misstraue ich denen, die auf alles eine Antwort haben. Lange Zeit war die Kirche so: mit einer Antwort auf wirklich alles. Vor der Gestalt Jesu misstraue ich jedem, der sich selbst zum Fluchtpunkt aller Perspektiven macht. Jesus tut das nicht. Er ist der Gesandte. Und das bedeutet ja immer: nur der Gesandte. Der Eigentliche, der Schlusspunkt ist woanders: Der, der sendet. Der Vater. – „Wer aber mich aufnimmt, nimmt den auf, der mich gesandt hat.“ Wer Jesus hört, hört Gott. Wer Jesus sieht, sieht Gott. Das ist die Ungeheuerlichkeit des Christentums.

„Ich bin es“, wird auch übersetzt mit „Ich bin.“ Das aber bedeutet: Jetzt. Jesus ist jetzt. Er ist da. Verrat, Tod, Auferstehung und Himmelfahrt ändern daran nichts. Ich bin. Das gilt immer.

Orientierung finden wir bei dem Gesandten. Bei Christus. Der aber sagt weiter: „Wer einen aufnimmt, den ich sende, nimmt mich auf.“ Die Gesandten. Sie geben uns Orientierung. Verstörende Wendung. Verstörender Blick auf die Kirche und die Welt: Hier sind die Gesandten.

Das sind nicht einfach die Amtsträger, nicht einfach die Geweihten, auch nicht die Charismatischen und Begabten.

„Der Jünger, den Jesus liebte…“ Die Tradition identifiziert ihn mit Johannes, dem Evangelisten. Johannes steht ebenso im Raum des heutigen Evangeliums wie der Verräter Judas. Mit „dem Jünger, den Jesus liebte“, geht es um viel mehr als nur um eine Freundschaft oder eine Art menschlicher Liebe. Johannes ist der vollkommene Jünger des Herrn. Reiner Glaube. Der Jünger, der an der Brust des Herren ruht, ist ein Bild des ewigen Wortes, das aus dem Schoß des Vaters kommt. Die Herkunft ist die Orientierung. Was von Gott kommt.

„Der Sklave ist nicht größer als sein Herr… Selig seid ihr, wenn ihr das wisst.“ Der Gesandte ist nicht der Sendende. Aber er hat Teil an der Würde des Sendenden. „Ich bin es.“ – Auch in den Gesandten. In den Gesandten ist Jesus immer bei uns. In den Gesandten geht es nicht um kluge Analysen, nicht um effiziente Strategien, nicht um gewandte Worte, nicht um gute Werke. Es geht um die Nähe zu Christus. „Ich bin da.“ Christus aber ist nicht der Wunderheiler, nicht der Hirte, nicht der Lehrer, nicht der Befreier der Armen. Nicht zuerst. Zuerst ist er der Sohn. Das Göttliche, das von allem anderen Geläuterte und Unterschiedene, das allein bietet Orientierung. Die einfache Gegenwart der Göttlichen in dieser Welt.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

Die Predigt zum Download finden Sie hier!

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