Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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5. Fastensonntag (B), 21. März 2021

21/03/2021 


Die Predigt zum Anhören

Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Jesus hat doch Recht. „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein.“ Das stimmt. Ein einzelnes Weizenkorn im Kasten bewirkt gar nichts. Ein Korn zusammen mit vielen anderen in der dunklen Erde bewirkt ein wogendes Ährenfeld im Sommer. Und dann Brot. Und Bier! Allerdings ist das Weizenkorn ein ziemlich dummes Ding: Es hat keine Angst vor dem Tod.

Wir haben Angst vor dem Dunkel, Angst vor anderen, Angst davor zu sterben. Deshalb wird uns das Herz schwer, wenn einer vom Dienen spricht, vom Gehorsam oder vom Leiden. Das Herz wird uns schwer oder wir werden wütend. Es braucht gar keine Missbrauchs-Skandale oder Anordnungen aus Rom; es reicht schon, dass das Evangelium vom Weizenkorn und vom Sterben spricht und jeder versteht, dass ein 15-Jähriger bei seinen Schulkameraden mit dem katholischen Glauben kein Geschäft machen kann. Ein 50-Jähriger in seiner Firma auch nicht. Wer Christ ist, behält es besser für sich.

Heute geht es überall um Selbstfindung. Total positiv. Wer über Dienen, Gehorsam, Leiden spricht, sitzt schon in die Ecke. Selbstverwirklichung bedeutet für die meisten sicher nicht dienen und schon gar nicht einem anderen gehorchen. Selbstverwirklichung bedeutet sich selbst zu genügen, sich selbst zu machen, sich selbst zu erfinden. Alles ist möglich, du musst es nur wollen. Das ist der Traum. Zu kurz zu kommen und ausgenutzt zu werden, das ist die Angst.

Wer sich selbst verwirklichen will, geht allerdings einen risikoreichen Weg. „Ich will mein Leben selbst entscheiden, ich will allein Macht über mein Leben haben.“ Wer sich dazu entschieden hat, den treibt es immer höher hinaus. Und immer weiter weg von den anderen. Die anderen brauchen, – das soll es ja gerade nicht sein.

Wer Selbstfindung sagt und Egoismus meint, spaltet nicht nur jede Gemeinschaft, er verkennt auch die Realität. Der Mensch ist nämlich von Natur aus auf andere angewiesen. Keiner kann alleine zu sich selbst finden. Um ein Mensch zu werden, braucht es andere Menschen, Begegnung, Austausch, Konfrontation, Dialog. Kurz: Wer er selbst werden will, muss anderen etwas von sich hergeben. Er muss sich selbst geben, in kleinen Stücken. In vielen Momenten, Gesten, Gedanken, Entscheidungen. Und damit sind wir bei Schmerz. Etwas von sich selbst geben, tut nämlich weh. Je wichtiger es mir ist, desto weher. Damit sind wir auch beim Dienen, Opfern, Gehorchen, bei allem, was Sie nicht hören wollen. Aber ständig tun. Mütter und Väter geben ihren Kindern ja nicht nur Geld, sondern sich selbst, ihre Lebenskraft. Künstler gehorchen: dem inneren Auftrag. Gute Ärzte tun mehr als sie tun müssten. Wer das nicht will, kann vielleicht Karriere machen, reich werden, grandiosen Sex haben… aber menschlich wird er nicht.

Und damit sind wir beim Glauben. Denn was macht der Glaube? Er richtet uns auf einen anderen hin: auf Gott und den Nächsten. Ohne Gott und ohne die anderen kann man gar nicht glauben. Glaube bedeutet nämlich ganz sicher nicht zu sagen: Es gibt Gott. Und Punkt.

Der Glaube macht ferner gehorsam. Wissen Sie, was der erste Gehorsam ist? Sich selbst annehmen. Nicht sich selbst machen. Gehorsam ist bekennen: Es ist gut, dass es mich gibt. Es ist gut, dass ich ein Mann bin, dass ich eine Frau bin, dass ich unbegabt für das Musizieren bin, es ist gut, dass ich farbig bin und es ist gut, dass ich homosexuell bin. Ich gehorche Gott, der mich so gewollt hat und nicht anders. – Das sagt sich leicht und lebt sich schwer.

Der Gehorsam wiederum lässt uns dienen. Gehorsam heißt bei uns Christen nicht Kasernenhof oder Zalando-Büro oder Amazon-Lager, sondern Vorbild. Ich bin dem Vorbild Jesu gehorsam. Jesu wegen diene ich den Menschen.

Gehorsam meint also nicht: auf Zwang von außen reagieren. Sondern: die Realität annehmen. Christlicher Gehorsam ist niemals ein blinder Gehorsam. Er lässt die eigene Verantwortung nicht los. Es wäre nicht zum KZ gekommen, wenn die getauften Planer und Ausführer und Wärter echte Christen gewesen wären. „Ich habe nur Befehlen gehorcht.“ Schon das ist der Beweis dafür, dass diese Männer und Frauen keine Christen waren.

Das Evangelium lehrt uns, dass wir gewinnen, wenn wir bereit sind zu verlieren. Wer sich selber lassen kann, der ist frei. Nicht wer einfach macht, was er will.

Das lernt sich mit den Jahren. In der Jugend ist „Nimm dich selber wahr!“ vielleicht wichtiger. „Lass dich!“ gewinnt mit dem Alter an Bedeutung. Gehorchen, leiden, sterben lernen: Das geht nur in kleinen Schritten, in ganz kleinen, denke ich. Aber ich bin ein verdammter Schisser, der Angst hat vor großen Schritten.

Christus ist in der Seele erschüttert. Er kennt Stunden der Schreie und Tränen. Aber sein Gehorsam erniedrigt ihn nicht. Sein Leiden macht vielleicht seinen armen Körper fertig, aber nicht sein Herz. Beim ihm lernen wir Freiheit, Ehrlichkeit. Mit ihm leiden wir nicht nebenher, blöde, nicht aus Zwang, sondern aus bewusster Hingabe. Und bringen reiche Frucht.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

Die Predigt zum Download finden Sie hier!

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