Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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2. Sonntag im Jahreskreis (B), 17. Jänner 2021 – Der Moment

17/01/2021 


Die Predigt zum Anhören

2. Sonntag im Jahreskreis (B), 17. Jänner 2021 – Der Moment

Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Ich würde Ihnen gerne sagen: Es braucht Zeit; es ist okay, wenn es dauert. Ich hätte die Geschichte von Samuel für mich. Samuel und Eli brauchen Zeit, bis sie verstehen, was abgeht. Lassen Sie sich Zeit: Damit hätte ich Ihre Sympathie. Was Gott betrifft, wollen die Menschen gerne Zeit haben. Sofort? Das muss nicht sein. Ausnahme: Wenn der Wagen ins Rutschen kommt. Dann soll Gott sofort handeln. Aber sonst? Irgendwann, nicht gleich. Das mit Gott hat Zeit.

Dagegen steht das Tempo des Evangeliums. Dort geht es so, wie sich manche die Welt wünschen: zack! In ein paar Augenblicken hat Gott gleich mehrere Leben auf den Kopf gestellt: Das Leben des Johannes, der seine Schüler verliert und allein zurückbleibt; das Leben des Zebedäus, der seine Söhne an Jesus verliert; das Leben der jungen Fischer, die Jesus ansprechen. Und sogar das Leben Jesu ist jetzt anders. Von jetzt an folgen ihm welche. Von einer ruhigen, vorsichtigen Entwicklung ist da nichts.

Es ist gut zu realisieren, wie unterschiedlich wir mit der Zeit umgehen. Das schärft den Sinn für die Dinge des Lebens. Die nicht so sicher sind, wie sie zu sein scheinen. Manches kann uns nicht langsam genug gehen, manches geht viel zu langsam. Wir meinen, wir hätten Einfluss auf die Zeit und drängen oder bremsen. Die Lesung und das Evangelium zusammengenommen, geht uns auf: Es gibt keine Eindeutigkeit. Mal ist Gott so, mal ist Gott anders. Zweitens: Wir sind nicht Herren der Zeit. Und die dritte Erkenntnis: Es gibt keine Wunder.

Natürlich gibt es Wunder, aber die Texte dieses Sonntags erzählen nicht von ihnen. Dass Gott zu einem Menschen spricht, ist kein Wunder! Es ist das Normalste von der Welt. Eli ist nicht erstaunt. Das einzige Wunder ist vielleicht, dass Jesus den Namen Simons längst weiß, noch bevor Andreas seinen Bruder vorstellt. Jesus weiß alles. Und macht keinen Wirbel darum. Also zählen Sie nicht auf Wunder. Nehmen Sie, was Sie haben: das Sehen und das Angesehen-werden, das Hören und Reden. Darum geht dieses Evangelium zuerst: um menschliche Kommunikation. Ohne sie keine Begegnung, kein Glaube, keine Nachfolge, keine Gemeinschaft, keine Kirche. Was haben Sie noch? Sie können gehen, Sie können finden, führen, folgen. Banal für den, der gesund und frei ist. Entscheidend für den Glauben.

Beide Texte lehren uns: Achtet die Realität. Sie ist das erste Medium Gottes.

Aber auch dies: Erweitert die Realität. Lernt, dass da mehr ist. Der Bub Samuel dreht sich nicht einfach auf die Seite. Er fragt, hartnäckig. Auch die beiden Männer fragen: „Wo wohnst du?“ – Sie wollen also mehr wissen von diesem Mann. Wie viele Christen wollen mehr wissen von Jesus?

Die beiden wollen sehen, wie Jesus lebt. Eine ganz normale Weise, einen Menschen besser kennenzulernen: Man sieht, wie er lebt. Ist es bei Jesus aufgeräumt? Hat er ’s sich hübsch gemacht? Wohl eher nicht. Fliegt alles rum? Wir wissen es nicht. Was wir so gut wie sicher wissen: Es kommen keine milden Lichtstrahlen aus seinen Händen. Er lebt einfach irgendwo. Entscheidend ist nicht das Spektakel. Keine Spur davon in beiden Geschichten. Entscheidend ist die persönliche Begegnung. Also der Moment. Nicht ein System, sondern eine Geschichte. Das ist genau das, was so viele Katholiken verweigern: eine Geschichte mit Gott zu haben.

Geschichten beginnen in einem ganz bestimmten Moment. Sogleich. Matthäus, der die Berufung der ersten Apostel ebenfalls berichtet, schreibt: „Und sogleich verließen sie das Boot und ihren Vater und folgten Jesus.“ Selbst wenn diese Knappheit nur literarischer Natur ist, wenn sich das Evangelium also einfach auf das Wichtigste konzentriert, selbst wenn die Männer noch einmal nach Hause gegangen sein sollten, um zwei T-Shirts einzupacken: Der Bruch ist geschehen. Sie gehören ihrem Vater nicht mehr. Vielleicht lassen sie ihm den BMW stehen, den er ihnen zum 20. geschenkt hat. Ein Moment hat genügt, und ihr Leben ist anders. So ist Gott.

Wie geht einer durchs Leben, der das verstanden hat? Mit einem Sinn für die Momente. Wissen: Das jetzt könnte der Moment sein.

Wissen: Die Zeit gehört Gott. Das bedeutet: weder dahinleben noch das Leben ordnen wie ein Pedant seinen Schreibtisch. Nicht Ordnung schaffen: Hier Leben, dort Gott. Gott ist allgegenwärtig.

Wissen: Die Anderen sind wichtig. Sie sind Boten. „Samuel kannte den Herrn noch nicht.“ Eli gibt ihm den richtigen Rat. Im Evangelium führt der, der schon glaubt, den, der noch nicht glaubt.

Ein Moment genügt. Also einfach bereit sein. Dazu müssen Sie allerdings den Blick oben halten. „Als Jesus vorüberging, richtete Johannes seinen Blick auf ihn.“

 

FÜRBITTEN

Die Zeiten ändern sich. Schenke uns festen Halt in dir, dem ewigen Gott.
Gib uns guten Rat. Schenke uns Freunde, Boten, Meister, Lehrer, Gefährten.
Mit dem Papst beten wir für das Zusammenleben der verschiedenen Religionen in der modernen Welt.
Wir beten für die Politiker, für die Wissenschaftler, für alle, die für die Kranken sorgen.
Wir beten für die Kinder und ihre Zukunft.
Unser Leib ist der Tempel des Heiligen Geistes. Lass uns das verstehen.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

Die Predigt zum Download finden Sie hier!

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