Fest der Taufe Christi, 10. Jänner 2021 – Stärke
Fest der Taufe Christi, 10. Jänner 2021 – Stärke Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes Der ist stärker als ich. Aber der schwächer. Das Männerspiel. – Glaube ich schon lange nicht mehr. Ist auch ein Frauenspiel und ein Kinderspiel und ein Akademiker-, Autofahrer–, Mädchenspiel. Auch ein Bibel-Spiel? „Nach mir kommt einer, der ist stärker als ich“, sagt der Täufer. Wer ein wenig genauer hinsieht, bemerkt, dass die Stärke ein Thema aller drei Lesungen dieses Festes ist. Nicht das einzige, vielleicht auch nicht das wichtigste, aber doch. „Er verglimmt nicht und wird nicht geknickt. Bis er auf Erden das Recht begründet hat. Auf seine Weisung warten die Inseln.“ Das ist ein Bild der Stärke, oder? So schildert der Prophet den Christus. Und so schildert der Johannesbrief den Menschen, der an Christus glaubt: „Wer sonst besiegt die Welt, außer dem, der glaubt, dass Jesus der Sohn Gottes ist?“ Stärke also? Die Frage stellt sich. Wer war stark am 6. Jänner, Fest „Erscheinung des Herrn“? Die Frauen und Männer, die Weißen, die das Kapitol stürmten? Oder die vom Volk gewählten Abgeordneten, die Stunden später einen neuen Präsidenten bestätigten? Ist die Regierung Österreichs stark? Sind die Medien stark? Ist die Kirche stark? Ich kann die Frage nicht lösen. Ich weiß nur, dass diese Gesellschaft daran gewöhnt war, in Frieden und immer noch wachsendem Wohlstand zu leben. Jetzt geht ihr auf, dass sie verletzlich ist. Klimakrise, Terrorismus, Pandemie – Stärke weg. Kann es sein, dass in einer Gesellschaft, in der permanent kommentiert wird, in der jede Hierarchie zunichte gemacht wird, weil alle Äußerungen gleichwertig sind, egal, ob sie von irgendwem kommen oder von einem, der Kompetenz erworben hat, dass in einer solchen Gesellschaft nur noch das Recht des körperlich Stärkeren bleibt? Womit wir wieder auf dem Kapitol wären. Sollen uns, sollen diese Kinder eines Tages die physisch Stärkeren regieren? Wenn alles gleich ist, wenn nichts eine Autorität ist, dann wählt jeder nur noch aus, was ihm gefällt. Gleichmacherei führt zu Misstrauen führt zu Verachtung führt zu Obskurantismus. Zum Ende des Gesprächs. Es bleibt das Geschrei. Für mich macht es einen kapitalen Unterschied, ob ich mich frage: Könnte der andere Recht haben? Diese Frage ist eine Pflicht der Intelligenz. Oder ob ich behaupte: Alle haben gleich Recht. News und Fake News: Geht beides. Fakten oder alternative Fakten: Wurst. Der Relativismus zersetzt alles, das Vertrauen zueinander und dann den Staat. Wer wird dann übernehmen? Und die Kirche? Sie ist ja ein Teil dieses Ganzen. Stellt sie die Frage der Stärke? Fühlt sie sich stark? Wenn ja, warum? Kennt und benennt sie ihre Gegner? Oder ist sie schwach? Nicht nur weil sie schuldig geworden ist und bei den Leuten ihre moralische Autorität verloren hat. Auch weil sie es nicht mehr wagt, stark zu sein. Das ist neu in ihrer Geschichte. Die Kirche heute spielt, sie mahnt, sie schlägt vor; sie ist betroffen, aber mehr? Die Kirche heute lebt in ihren sicheren Zirkeln, wo sich alle einig sind und keiner da ist, der ihr auf die Nase hauen könnte. Sie wagt es nicht mehr, Feinde Feinde zu nennen. Wer sind unsere Feinde? Das ist einfach eine Lebensfrage. Eltern haben Feinde. Priester haben Feinde. Frauen haben Feinde. – Und auch das: Die Kirche wagt es nicht mehr, mit Gott zu ringen. Gott wird verharmlost oder verschwiegen. Was erbärmlich ist, wird untergehen. Jesus war niemals erbärmlich. Was können wir tun? Eines sicher: das Evangelium hören. Und fragen: Um welche Art von Stärke geht es da? Sicher nicht um die Stärke bärtiger Männer. „Er schreit nicht und lärmt nicht und lässt seine Stimme nicht auf der Gasse erschallen.“ Das ist nicht Duckmäusertum. Das ist: Stille, Schweigen und nur das Wort, das stark ist. – „Das geknickte Rohr zerbricht er nicht, den glimmenden Docht löscht er nicht aus.“ Das ist nicht Feigheit, sondern Geduld, vielleicht sogar Barmherzigkeit. Wollen wir wirklich mit Leuten zu tun haben, die Geduld und Barmherzigkeit für Zeichen der Schwäche halten? Was ist die Stärke Jesu? Sicher nicht Reichtum. Auch nicht Brillanz und Kultiviertheit. Darin sind die Intellektuellen Jesus überlegen. Was ist dann die Stärke Jesu? Ich sehe nur dies: Sein Vertrauen in den Vater. Die Sendung. Was ist unsere Stärke? „Wer sonst besiegt die Welt, außer dem, der glaubt, dass Jesus der Sohn Gottes ist?“ Glaube ist Stärke. Wissen das die Christen in Österreich? – In der Messe heißt es (Sie haben es 1000 Mal gehört): „Stärke uns durch den Leib und das Blut deines Sohnes und erfülle uns mit seinem Heiligen Geist, damit wir ein Leib und ein Geist werden in Christus.“ Sie haben das vielleicht für eine Floskel genommen; ich kann das nicht. Wir brauchen nicht zuerst eine Struktur oder ein politisches katholisches Programm und auch kein Netzwerk. Es reicht zu erkennen, dass Stärke, Anspruch, Macht Themen des Evangeliums sind. Also legitim. Es reicht zu fragen: Will ich stark sein? Muss ich stark sein? Wenn ja, wie? Und die Antwort im Evangelium und in den Sakramenten zu finden. Wenn wir ein Leib und ein Geist werden in Christus… nicht auszudenken, oder? Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors. Die Predigt zum Download finden Sie hier!Die Predigt zum Anhören