Fest der Heiligen Familie, 27. Dezember 2020
Fest der Heiligen Familie, 27. Dezember 2020 Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes Zwei sind nur ein Paar. Drei geben eine ganze Familie. – Wie geht es Ihnen, wenn Sie hören: „Familie“? Tröstet Sie das? Weckt es Ihre Sehnsucht? Denken Sie lächelnd: „was eine Chaostruppe“? Man kann seine Leute ja lieben und sie trotzdem manchmal dorthin wünschen, wo der Pfeffer wächst… Oder denken Sie enttäuscht: „Hör mir auf mit Familie“? Alles möglich, nichts davon verboten. In Zeiten wie diesen sollte man vielleicht noch mehr als sonst die Familie in Nazareth zum Ideal erklären. Man sollte von Zusammenhalt reden. Weil Zusammenhalt jetzt wirklich wichtig ist. Oder von Harmonie, Zärtlichkeit und Trost. Doch ich bin nicht sicher, ob die Heilige Familie geeignet ist, uns jetzt zu trösten. Ich nehme an, dass diese drei Menschen zusammengehalten haben; bei Zärtlichkeit bin ich schon skeptischer. Noch meinen Eltern wäre es nicht eingefallen, Zärtlichkeit für etwas besonders Wichtiges in der Familie zu halten. Das hat sich sehr geändert; da sind die Kulturen sehr unterschiedlich. Kurz, wir wissen zu wenig von der Familie in Nazareth, um an ihr ein solides Programm für die Familie von heute erstellen zu können. Ich halte nicht viel von Spekulationen und misstraue meinen eigenen Wünschen. Man soll immer zuerst sehen, was ist. Was da steht. Wenn ich lese, was im Evangelium steht, ahne ich, dass der Zusammenhalt dieser drei bröckelt. Das ist auch nicht schlimm, denn eine Familie ist etwas anderes als eine Freundschaft und sie funktioniert nicht wie ein Mafia-Bund. Eine Familie verändert sich. – „Sein Vater und seine Mutter staunten über die Worte, die über Jesus gesagt wurden.“ Es gab also Momente, in denen das Kind Joseph und Maria fremd war. Und es gab eine Außenwelt. Das, was andere sagten, spielte eine Rolle. Simeon spricht davon, dass Jesus ein Zeichen werden wird, „dem widersprochen wird“ und Maria prophezeit er: „Deine Seele wird ein Schwert durchdringen.“ Das bedeutet: Die Zukunft greift in die kleine Familie ein. Die Heilige Familie war also nicht nur für sich. Sie stand im Kontakt mit der Welt und der Geschichte. Was wir von dieser Familie sicher wissen: Die Lebenspläne werden über den Haufen geworfen. Besonders beim Stiefvater Jesu, dem hl. Joseph. Das in Nazareth sind keine „ordentlichen“ Leben, mit denen man bei anderen angeben kann. Das ist nicht: „Mein Sohn war auf der und der Schule und ist jetzt in England und hat dann einen Platz bei…“ Schon in Nazareth kündigt sich an, wie Jesus als Mann denken wir: Karriere, Besitz, Sicherheit, Wettbewerb interessieren ihn nicht. Die Kinder Gottes sorgen sich um anderes. Die durchgängige Haltung Jesu ist ganz einfach die, dass er alles Menschengeschaffene gleichgültig findet. Auch die Familie. Er löst Menschen eher von der Familie, als dass er das System Familie zementiert (Erbstreit; Berufungen). Er zeigt den anderen damit ein Ideal, aber er zwingt es ihnen nicht auf. Seine Mission ist einfach, die Menschen zum Vater im Himmel zu führen. In alles andere mischt er sich nicht ein. Was wir noch wissen: Diese drei Menschen glauben. Und zwar gemeinsam. Das ist der große Unterschied zu uns. Bei uns glaubt jeder allein. Der Vater hat einen anderen Glauben als seine Tochter, der Mann geht nicht in die Kirche, die Frau wohl. Glaube ist Privatsache. Diese Auffassung (die auch sagt: Mein Kind soll einmal selbst entscheiden) ist nicht völlig falsch, aber sie hat dennoch eine verheerende Wirkung. Der Blick auf die beiden Lesungen des Festes macht Ihnen klar, was ich meine. Die eine erzählt von Abraham und seiner Frau Sara. Beide zweifeln und beide glauben. Aber eben nicht jeder für sich, sondern als Paar. Beide zweifeln lange Zeit an Gott und entscheiden sich dann gemeinsam, Gott zu vertrauen. Obwohl alle menschliche Erfahrung dagegenspricht. An der Lesung aus dem Hebräerbrief verstehen wir: Der Glaube ist nicht nur Privatsache des Einzelnen, er ist auch nicht nur Familiensache, er ist Generationen-Sache. Der Glaube hat Vorfahren. „Im Glauben sind diese alle gestorben und haben die Verheißung nicht erlangt, sondern sie nur von fern geschaut.“ Dieses Wort können Sie auf alle anwenden, die seit 900 Jahren in Mailberg getauft wurden, gebetet haben, gesündigt haben, bereut haben, vor dem Altar geheiratet haben, von einem Priester begraben wurden, Generation um Generation. Und dann, eines Tages, kommt ein Mann, der beschließt: Ich gehe nicht mehr in die Kirche. Aus gutem Grund, aus schlechtem Grund, egal. Sein Sohn sieht es und tut es ihm gleich. Denn irgendwann tun die Söhne, was die Väter tun. Und so endet eine Geschichte von 1000 Jahren. Der Glaube wird nicht mehr weitergegeben. In diesem Haus endet das Christentum. Dann im nächsten und im übernächsten. Und das ist kein Historiker-Problem. Was bei Abraham und Sarah auf den ersten Blick aussieht wie Familienangelegenheiten: Kind? Kein Kind? Glauben? Zweifeln? das ist in Wahrheit Heilsgeschichte. Von diesem Paar geht die Geschichte der Gnade bis zu uns. Vielleicht ist es das, was an diesem Fest der Heiligen Familie jeder überreißen muss: Unsere Entscheidungen sind immer größer als wir selbst. Das gilt für das Klima, das gilt noch viel mehr für den Glauben. Damit wir das verstehen, gibt es die Prophetinnen und Propheten wie Hannah und Simeon: Menschen, die weiter sehen, viel weiter. Über die Familie hinaus. Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors. Die Predigt zum Download finden Sie hier!Die Predigt zum Anhören