Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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Christkönig, 22. November 2020

22/11/2020 


Die Predigt zum Anhören

Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Punkt oder Linie? Mir scheint manchmal, Sie sähen nur einzelne Punkte. Die Kirche sieht die weite Linie. Sie sehen einzelne Momente, die Kirche sieht Spuren. Sie haben eine Idee, die wichtiger ist als alle anderen, ein Bild, das alle anderen Bilder verdrängt; Sie haben den Augenblick, der Sie erhebt oder fertig macht. Die heilige Kirche hat kein Jetzt, kein Gestern, kein Morgen. Wie eine Schlafwandlerin. Die Kirche ist aus Menschen gemacht und von Menschen nicht zu verstehen. Wir Menschen stecken fest in der Zeit. – Kurz, es liegt nicht auf der Hand, dieses Fest zu feiern: Christus König. Jetzt, hier, in dem, was wir sehen, ist Christus nicht König. Nicht Ihrer, nicht meiner und nicht der König der Welt. Seine Herrschaft ist verborgen. Feiern kann sie nur, wer glaubt. Für die anderen ist es eine absurde Floskel.

„Es gibt aber eine Reihenfolge“, sagt Paulus. Das heißt doch: Es gibt in dieser Welt eine Ordnung. Es gibt den Gang der Zeit; es gibt Erste, Mittlere und Letzte und, sagt das Evangelium, die „Geringsten“. – „Erster ist Christus“, bekennt der Apostel. „Du allein bist der Herr“, singt das Gloria. Hören Sie das alles! Hören Sie es noch einmal – und spüren sich dann selber nach. Wie ist mit Ihnen, wenn Sie hören: Es gibt eine Reihenfolge. Haben Sie Angst, zu kurz zu kommen, am falschen Platz zu sein? Zu weit hinten? Beengt Sie der Gedanke? Oder macht es Sie ruhig zu wissen, dass es eine Ordnung gibt?

Nur Gott ist einfach da. Gott ist grundlos. Sie sind nicht einfach da. Sie sind da, weil es einen Grund gibt. Wo es aber Gründe gibt, da ist eine Ordnung. Sie müssen die Ordnung nicht machen. Es gibt sie längst. Sie haben nicht begonnen, weil Sie sich dazu entschlossen haben. Sie haben begonnen durch den Willen eines anderen: „Werde! Sei!“ Am Anfang Ihrer Existenz steht eine Initiative. Sie sind gewollt, nicht bloß als Mensch, sondern als dieser Mensch, diesem Volk zugehörig, dieser Zeit, diesem Typus. Sie sind gewollt bis zur letzten Eigenheit, die macht, dass Sie sich in allem, was Sie tun, wiedererkennen. – Das alles zu wissen, ist das ein Schrecken für Sie oder ein Glück?

Wenn ein Moment, ein Gedanke, wenn die Menschen Sie erschrecken, wenn die Zeit, in der Sie zu leben haben, Ihnen schwierig erscheint, dann können Sie sich sagen: Ich bin gewollt. Ich bin nicht irgendeine, sondern ich bin diese. Und es gibt eine Reihenfolge. Christkönig ist das Fest der ruhigen, ewigen Ordnung.

Die Lesung aus dem Alten Testament spricht von denen, die sich verirrt haben, von den Vertrieben und den Verletzten. Und Sie? Fühlen Sie sich überfordert? Haben Sie keine Übersicht mehr? Alles bedrängt Sie? Sie fühlen sich machtlos? Der Glaube erscheint Ihnen absurd? Oder hätten Sie gerne Verantwortung, möchten gestalten?

Dieser Glaube an Christus den Herrn tröstet, aber er lullt Sie nicht ein. Er ist wie eine Landschaft, die sich nicht aufdrängt, auf die man aber schauen kann und denken: Wie, wenn alles, alles anders wäre?

Der Glaube an Christus den Herrn lässt Ihnen Verantwortung, aber nicht für die ganze Welt. Er ist ernst, aber gibt Hoffnung. Das Evangelium des Festes macht klar: Es gilt. Nicht nur für die Gläubigen, sondern für alle Menschen (Mt 25,32). Nächstenliebe ist keine Option, sondern eine Bedingung. Unerlässlich. Die Verdammten haben nichts Böses getan. Sie haben es nur unterlassen, Gutes zu tun.

Die Ordnung, von der ich sprach, ist also nicht kalt, kein säuberlich gezeichnetes Ideal, sondern realistisch. Das Christentum ist Prosa; Drang, in die Wirklichkeit einzugehen, nüchtern, leiddurchwirkt, grauer Alltag. Aber gerade so die wahre Poesie des Himmels. Botschaft des unsichtbaren Königs: „Ich will ihr Hirt sein und für sie sorgen. Ich sorge für das Recht.“ Damit Gott herrsche in allem.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

Die Predigt zum Download finden Sie hier!

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