Fest der hl. Margareta von Schottland, 16. November 2020
Fest der hl. Margareta von Schottland, 16. November 2020 Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes Schwierige Zeiten, nicht wahr? Was tut man in schwierigen Zeiten? Man kann eine ganze Menge tun: schimpfen, sich verkriechen, aufräumen; besser kochen als sonst und zunehmen; lesen, was man nicht lesen sollte; sich nicht mehr schön anziehen; hassen, irgendetwas, irgendwen, Hauptsache ein starkes Gefühl. Alles das kann man tun, sogar alles gleichzeitig. Was erwarten Sie in schwierigen Zeiten von Ihren Priestern? Sie werden jetzt nicht ernstlich sagen: Optimismus. Meinen Sie wirklich, Optimismus sei das große Angebot der Christen an die Welt? War Jesus ein optimistischer Typ? Jesus hatte Hoffnung; das ist etwas ganz anderes. Er lehrte die Menschen: Habt Vertrauen! Glaubt! – Optimismus kommt aus dem Charakter. Oder aus dem Coaching, das die Firma bezahlt hat. Glaube und Hoffnung hingegen sind Gaben des Heiligen Geistes. Schwierige Zeiten. Es gibt einen Gedanken, der mir sehr dabei hilft, mit schwierigen Zeiten zurecht zu kommen. Er lautet: Andere hatten auch schwierige Zeiten. Der Erste Weltkrieg dauerte vier Jahre, der Zweite sechs… Ob die hl. Margarete je damit rechnete, es könnte einmal nicht schwierig sein? Woher kommt die Idee, Heilige hätten vom wahren Leben keine Ahnung? – Margarete wurde 1044 in Ungarn geboren. Dorthin waren ihre Eltern aus England geflüchtet. Ihre Mutter war Ungarin. Fliehen von England nach Ungarn, weil die Dänen England erobert hatte. Das ist auch eine ganze Welt, die drunter und drüber geht… Und Flucht und Exil ist nie einfach, auch wenn man ein Prinz und eine Prinzessin ist. Irgendwann konnte die Familie zurück nach England – und musste schon wieder fliehen. Diesmal vor den Normannen. Margarete fand Zuflucht in Schottland. Von Ungarn nach England, von England nach Schottland: mit dem Pferd, vielleicht zu Fuß. Das sind schwierige Zeiten. In Schottland heiratete sie den König Malcolm, einen jähzornigen Mann; „leidenschaftlicher Jäger und Krieger“, wie es heißt. Mit ihm hatte sie sechs Söhne und zwei Töchter: acht Schwangerschaften und Geburten in eisigen Häusern. Vielleicht hielt der Mann den neugeborenen Sohn in den Armen und sein Gewand war blutbefleckt vom letzten Kampf. Das sind schwierige Zeiten. Margarete war geduldig. Und hartnäckig. Sind unsere Optimisten so: geduldig und hartnäckig? Diese großartige Frau verstand es, den wilden König zu besänftigten. Sie beseitigte die keltisch-heidnischen Bräuche und führte stattdessen die Poesie und Klarheit der römischen Messe ein. Sie sorgte für die Erziehung ihrer Kinder, des Klerus und des Volkes. Sie linderte die Armut. An ihrem Hof wurden täglich bis zu 300 Arme ernährt. Die Königin bediente sie selbst. Am 16. November 1093 ist die heilige Schutzfrau Schottlands gestorben an einer schweren, schmerzhaften Krankheit, 47 Jahre alt, ein paar Tage nach der Nachricht, dass ihr Mann und einer ihrer Söhne im Krieg gefallen waren. Das sind schwierige Zeiten. Was tut man da? Man handelt. Das ist der Punkt. Schimpfen, traurig, wütend, ängstlich sein, faul sein (oder Schein-Arbeit tun), verwahrlosen, innerlich vor allem: Das führt zum Ruin eines Landes und zum Ruin einer Seele. Mensch, Frau, Christin, Königin, Heilige: Margareta tat etwas. Schon das Gebet ist eine Tat. Wenn Margarete je ratlos gewesen sein sollte, was denn zu tun sei in schwierigen Zeiten: In der Hl. Schrift fand sie den Rat, den sie brauchte: „Löse die Fesseln des Unrechts“, heißt es da. Solche Fesseln gibt es in jeder Familie, in jedem Dorf. – „Lass die Versklavten frei! Mache Menschen frei!“ Ein Vater, der mehr am Smartphone hängt als sein zehnjähriger Bub: Befreit der sein Kind? Oder macht er es zum Sklaven eines Apparates? – „Entziehe dich deinen Verwandten nicht!“ Jeder weiß, dass Verwandte schwieriger sein können als eine Staatskrise. Dennoch ist man für sie da, so gehört es sich einfach. – „Nimm die Obdachlosen auf“, sagt die Schrift. Da ist schon viel getan, wenn man einfach den Mund hält, anstatt bei Tisch alle guten Gründe zusammenzusuchen, warum die Leute doch lieber im Mittelmeer ersaufen sollen. Alles das ist sehr praktisch – und geistig: Keine unserer Fähigkeiten kommt zu kurz, unsere Hände nicht, unser Herz nicht Wir feiern eine Frau, die das alles getan hat. Wir feiern, weil Feiern etwas ändert. Und wenn Ihnen alles zu viel wird? „Wenn du um Hilfe schreist, wird er sagen: Hier bin ich. Der Herr wird dich immer führen, auch im dürren Land und du gleichst einer Quelle, deren Wasser niemals versiegt.“ Sie gleichen einem Wildbach, der durch die Berge und Hügel Schottlands fließt. An Margarete ahnen wir das wundervolle Gleichgewicht zwischen Geborgenheit und Tat. Die Heiligen sind nicht getrieben, aber bereit aufzubrechen. Sie dienen, aber sie gestalten auch. Sie sind demütig genug, um den kleinen Dingen Aufmerksamkeit zu schenken und haben gleichzeitig Weitblick. Sie verwalten nicht nur, sondern sie erschaffen etwas. – Sie wurden in der Taufe gesalbt zu Königinnen und Königen. Nicht angestellt als Beamte. „Bleibt in meiner Liebe!“, heißt es im Evangelium. Die Nähe Christi ist das Inspirierende. Sie kann das Erbärmlichste und Nervtötendste heben und weiten. Aus Liebe geschieht mitten in schwierigen Zeiten die Verwandlung. Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors. Die Predigt zum Download finden Sie hier!Die Predigt zum Anhören