Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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Montag der 29. Woche im Jahreskreis, 19. Oktober 2020 – Eph 2 –

19/10/2020 


Die Predigt zum Anhören

Montag der 29. Woche im Jahreskreis, 19. Oktober 2020 – Eph 2 –

Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Für Sie bedeutet Gehorsam eine Art Verwaltungsakt. Ein Vorgesetzter – Gendarm, Oberer, Bischof  – ordnet etwas an, und Sie tun es. Weil es Vorschrift ist. Für mich bedeutet Gehorsam: einen anderen hören und ihn ernst nehmen. Es geht um Vertrauen und Versprechen. Der Ritter vertraut dem König und verspricht ihm in die Hand: Ich folge.

Heute muss ich den Brief des Apostels lesen, und Panik fällt mich an. Ich verstehe nichts, und was ich verstehe, gefällt mir nicht. Doch ich muss bleiben. Ich muss verstehen. Und das Verstandene auch noch leben. Sie können darüber weghören. Sie können sagen: zu hoch, fremd, nicht für mich. Dann gehen Sie zu Ihren Geschäften. – Pläne, Strategien, Leistungen: Dieses Terrain ist so viel sicherer! Da ruft ja keiner: „Schenk‘ mir dein Herz!“

Ich lese, was Paulus den Christ*innen in Ephesus schreibt und will mich hinzwingen. Weil es doch das Wort Gottes ist. Weil es doch die Kirche ist. Und wenn ich ehrlich bin mit mir und mit Ihnen: Ich will auch Sie dorthin zwingen. Aber das darf ich nicht. Denn Sie sind frei. Ich muss Sie achten. Die Achtung vor Ihnen ist auch eine Form des Gehorsams…

Kurz: Sie verbinden Gehorsam mit dem Tun. Eine Erledigung. Ich verbinde Gehorsam mit dem Glauben. Eine Art zu denken.

Wir könnten es dabei belassen. Sie tun das Ihre, ich das meine. Denn was haben wir miteinander zu schaffen? Ernstlich und ganz nüchtern? Unsere Leben berühren sich nicht. Wir plaudern nur ein wenig mit einander. Ich will nicht Ihre Sympathie. Wie auch? Sobald wir diese Kirche verlassen, trennen uns Galaxien. Ich will Ihnen bloß keine Ruhe lassen. Um Recht zu haben, am Ende? Geht es mir darum: Recht zu haben über Sie? – Vielleicht will ich den Weg des Glaubens nur nicht alleine gehen müssen.

Warum müssen wir uns aber doch treffen, irgendwie, um jeden Preis? Weil wir hier sind. Das ist ja nicht bloß „die Malteserkirche“. Es ist das Haus Gottes. Es ist die Heilige Messe. Wir hören zusammen, alle gleich, das Wort Gottes.

Und wo können wir uns treffen? Das bloße Beieinandersitzen reicht ja nicht. Wo können wir uns treffen? In der Erschütterung. In der Verwirrung. Dazu braucht es nicht viel, nur ein Zitat: „Ihr ward tot.“ Epheserbrief, Kapitel zwei, Vers 1, da steht es: „Ihr ward tot.“ Wenn Sie nicht längst ausgestiegen sind, wenn Sie der Hl. Schrift nicht von vornherein den Respekt verweigern, muss Sie das doch stören: „Was? Wir sind tot?!“ Es müssten sich regen Empörung, Verweigerung, Neugier… oder der Wille zu verstehen. Und zu gehorchen. Und zu glauben.

Das ist viel verlangt. Denn Sie müssten eine Realität anerkennen, die Sie bis jetzt ausgeklammert haben. Von der Sie keine Erfahrung haben. Sie erfahren ja nicht, dass sie tot sind. Im Gegenteil. Sie atmen, Sie gehen von hier nach dort, Sie reden, Sie hören… Sie leben. Wirklich? Stimmt Ihre Erfahrung? Wie lebendig ist Ihre Phantasie? Ihre Schöpferkraft? Wie lebendig ist Ihr Glaube? Ihre Liebe, ist die voller Lebenskraft? Was wissen Sie wirklich vom Leben Ihrer Seele? Wann waren Sie das letzte Mal beichten?

*

Der Mensch wurde von Gott erschaffen. Der Mensch hat sich von Gott getrennt. Gott tat alles, um den Menschen wiederzugewinnen. Er gab seinen Sohn. Christus hat uns erlöst. Damit wir verherrlicht werden können in Gott: Das ist die Zusammenfassung der ganzen Lehre des Christentums. Das markiert die Linie des Scheiterns. Nichts davon hat Platz im Leben der Leute. Sie fühlen sich nicht getrennt von Gott. Sie fühlen sich nicht tot. Sie haben keine Sehnsucht nach der Erlösung. Christus ist bestenfalls Vorbild, moralische Autorität, aber nicht ihr inneres Leben. Und „Herrlichkeit“ ist nur ein seltsames Wort.

„Gott aber hat uns, die wir infolge unserer Sünden tot waren zusammen mit Christus wieder lebendig gemacht. Aus Gnade seid ihr gerettet.“ Paulus bringt in zwei Sätzen das Christentum auf den Punkt. Und niemand hört ihm zu. Gott, Sünde, Tod der Seele, Christus, Gnade: Nichts davon rührt die Menschen an. Wenn es sehr gut geht, rührt die Schöpfung sie an und die Brüderlichkeit. Der Papst versucht diesen Weg und hat von der brasilianischen Agrarwirtschaft bis zu den deutschen Frauen alle gegen sich. „Brüderlichkeit“ – wieder kein Wort für die Frauen.

Ich mag keine Umwege. Ich bin sie leid, die Irrwege meines Lebens. Und höre den Apostel: „nicht aus eigener Kraft“ – „nicht aufgrund eurer Werke“ – „damit keiner sich rühmen kann“ – Wieso überlegen Sie dann, woher Sie mehr Kraft nehmen können? Wieso ist Ihre Schwäche Ihnen so peinlich, dass sie mit ihr kokettieren? Wie konnten Augenzwinkern, Gemütlichkeit, Komplizenschaft, „Humor“ Wesensbestandteile des Katholizismus werden, die keiner hinterfragen darf, ohne sich lächerlich zu machen? – Und natürlich rühmen Sie sich der guten Werke, die Sie tun. Auf jeder Homepage.

Tun Sie es nur. Es wird schon okay sein. Der Papst tut es ja auch. Aber halten Sie die Spannung aus, die Sie zerreißen wird, beinahe, hoffentlich. Während Sie all Ihr Gutes tun und die Kirche erhalten, hören Sie, wie der Apostel Ihnen zuruft: „Aus Gnade seid ihr gerettet!“

Das galt im Moment Ihrer Taufe. Aber gilt es noch immer, gilt jetzt gerade? So, wie wir jetzt sind, werden wir nicht in den Himmel kommen. Im Himmel ist nur, wer zu Gott passt. Das ist das Werk der Gnade: uns Gott anzugleichen. – Wer hier könnte sagen: In jeder Faser meines Wesens, in allen Seiten meiner Geschichte, in jeder meiner Entscheidungen passe ich zu Gott? Wann beginnt der Prozess der Umgestaltung? Nicht jetzt, bitte. Später. Im Fegfeuer.

Die Notwendigkeit der Gnade. Die absolute Notwendigkeit der Gnade. Die unsichtbar ist und unfühlbar; die gegeben wird und entzogen wird, die geschenkt wird, jedem, und die verloren werden kann, von jedem.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

Die Predigt zum Download finden Sie hier!

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