Montag der 22. Woche im Jahreskreis, 31. August 2020 – 1 Kor 2,1-5
Montag der 22. Woche im Jahreskreis, 31. August 2020 – 1 Kor 2,1-5 Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes Im Leben der meisten Leute kommt der Glaube einfach nicht vor. Er spielt keinerlei Rolle. – Die erklärten Feinde der Religion und der Kirche sind eine Minderheit. Diese Zornigen sammeln sich derzeit besonders bei der AfD und so; den Grünen ist der Glaube bloß egal. – Es gibt natürlich auch die, die ständig von ihrem Glauben sprechen. Immer fröhlich, nie zweifelnd. Sie nennen das „Zeugnis geben“. Wenn ich ehrlich bin: Manchmal möchte ich einfach nur in Ruhe meine Pizza essen, ohne dass Jesus sich einmischt. Nein, Spaß. Natürlich mischt sich nicht Jesus ein. Aber seine „Zeugen“. Sie versichern dir unaufgefordert: „Ich werde für Sie beten!“ Dabei klingen sie triumphierend. Sie checken lächelnd, ob du schon gläubig bist – eventuell bekehrbar – oder schon ganz verloren (Priester, die nicht immer Priesterkleidung tragen, sind übrigens ziemlich ganz verloren). – Dann gibt es die, die mir sagen: „Na, ich habe meinen Kinderglauben.“ Oder „Köhlerglauben.“ Sie sagen das ein bisschen trotzig. Seltsam, oder? Ich spüre eine irgendwie schiefe Bescheidenheit. Und eine deutliche Prise Kritik an allem Gebildeten, Nachdenklichen, Problematischen. Die Erwachsenen mit dem Kinderglauben verachten die Theologie. Sie sind die Einfachen, also die Guten. Eigentlich sollte man wissen, dass Hochmut und Einfachheit nicht zusammengehen. – Und schließlich sind da die, die glauben und leben. Sie machen nicht viele Worte, sie werden nie aufdringlich, aber man spürt in ihrer Nähe Gott. Beobachtungen in der Welt des Glaubens. Anlass zu fragen: Wie wird der Glaube? Wie entsteht er? Lange Zeit wurde der Glaube einfach durch die Erziehung; durch die Kultur, die die Menschen umgab. Das ist, abgesehen von ein paar wenigen Familien, vorbei. Heute sind die in der Mehrzahl, die sich ihren Glauben machen. Sie finden am Wegrand ihres Lebens eine Idee, die ihnen gefällt, geben die paar Ideen zusammen, und fertig ist der Glaube. „Mein Glaube“, nennen sie das. Ein Glaube, der privat bleibt, abgesondert – „mein Glaube!“ –, der nie zu einem gemeinsamen Bekenntnis führt, ist klassischerweise der sektiererische Glaube. Wir hier haben ein Glaubensbekenntnis, das wir gemeinsam sprechen können, jederzeit. Die sich ihren Glauben selbst machen, stellen in der Regel keine Fragen. Sie wollen gar nicht mehr wissen oder verstehen, ihre Meinungen reichen ihnen. Der Glaube, von dem die Liturgie dieses Montags spricht, wird auf ganz andere Weise. Sowohl die Lesung als auch das Evangelium zeigen uns, wie der Glaube der Christen wird. Zuerst: Damit der Glaube wird, braucht es Gott. Ohne die Gnade kein Glaube: klassische katholische Lehre. Der Glaube gehört zu den vom Heiligen Geist eingegossenen „göttlichen Tugenden“. Wir können den Glauben annehmen und leben, aber nicht schaffen. Nicht in uns, nicht in anderen. Dann braucht es einen, der redet. Nein, stopp. Zuerst braucht es einen, der aufbricht und zu anderen geht. „Als ich zu euch kam, Schwestern und Brüder…“ Wenn da nicht einer ist, der sich aufmacht, wird es nichts. Ohne Gott kein Glauben; ohne einen Mittler auch kein Glaube. Da ist also einer, der zuhause sitzt und glaubt. Gut. Der bricht dann auf. Wohin? Eigentlich Wurst, oder? Norden, Süden, Hietzing, Ottakring, ganz gleich. Aufstehen, anziehen, rausgehen, hin zu anderen. So wird Verkündigung. Manchmal muss man gar nicht weit gehen, es genügt aufzuschauen und zu sehen: Da steht ja einer! Dann mache ich mich auf den Weg, innerlich, von mir zu ihm. Wer diesen Weg nicht machen will, von einem Herzen zum anderen, wird vielleicht dozieren, aber nicht verkünden. Und dann? Wird es schwierig. Die einen erzählen von sich. Man kann jahrelang nur von sich erzählen. Die anderen referieren Theorien. „Menschenweisheit.“ Was ernten die? Ein Wie-interessant! Mehr nicht. Keinen Glauben. Die nächsten sprechen von nichts anderem als von ihrem Glauben. Als gebe es nur den. Aber es gibt doch so viel mehr in der Welt! Wissen die Glaubenseiferer, dass die ganze Welt von Gott gemacht wurde, nicht nur ihr Movimento? Wissen sie, dass die Geschichte des Glaubens von unzähligen Menschen geschrieben wird? Gott ist immer schon da. Wie also wird der Glaube? Das Evangelium zeigt uns einen, der spricht. Essentiell. Dabei fällt Folgendes auf: Jesus steht in der Geschichte. Er liest vor aus dem Propheten Isaias. Die Geschichte des Volkes Israel. Jesus steht aber auch für sich selbst. Er ist kein Abziehbild, keine Chiffre, man kann wissen, woher er kommt, man kann ihn ansprechen. Er ist echt. Er versteckt sich nicht hinter Theorien oder Konventionen. Ein Drittes: Jesus spricht nicht für sich. „Der Geist des Herrn ruht auf mir.“ Damit stellt er sich unter die Autorität Gottes. Er wird keine eigene Lehre verkünden, sondern das Wort Gottes. Den Unterschied zu halten zwischen der eigenen Meinung und dem Wort Gottes, ist die gefährlichste Klippe der Verkündigung überhaupt. Der Glaube wird also nicht ohne Autorität: Autorität der Geschichte und Tradition. Autorität der Persönlichkeit. Autorität Gottes. Wird der Glaube also dadurch, dass einer sagt, wo es lang geht? Dass einer endlich mal auf den Tisch haut? Fällt Ihnen auf, dass Paulus von seiner „Schwäche“ und seiner „Furcht“ spricht? Was für eine Wohltat wäre es manchmal, wenn die selbst ernannten Apostel mehr Schwäche und Furcht zeigen würden. Wer Paulus hört, ahnt, dass der Glaube auch durch Verzicht wird. Paulus will keine Tricks gebrauchen, keine „gewandten“ Worte, nicht seinen Charme und auch nicht prunkende Gelehrsamkeit, „damit sich euer Glaube nicht auf Menschenweisheit stütze“. Indem Paulus nach und nach abstreift, was ihm zu Gebote stünde, bleibt am Ende nur noch Christus. So wie bei Christus am Ende nur der Vater bleibt. Die Kraft Gottes. So wird der Glaube. Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors. Die Predigt zum Download finden Sie hier!Die Predigt zum Anhören