Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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Fest der hl. Scholastika, 10. Februar 2020

10/02/2020 


Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Einmal im Jahr besuchte Benedikt seine Schwester, und die beiden verbrachten die Tage damit, über Gott zu reden. Einmal, als der Abschied ihr besonders schwerfiel, betete Scholastika: noch ein wenig Zeit mit dem Bruder! Da brach ein so gewaltiges Gewitter los, dass der hl. Benedikt einlenken musste und bei seiner Schwester blieb. Drei Tage später starb sie. Der Bruder sah ihre Seele zum Himmel aufsteigen „in Gestalt einer Taube“.

So berichtet es der hl. Papst Gregor der Große. Scholastika wird nur in seiner berühmten Vita des hl. Benedikt erwähnt. Die Schwester des Heiligen hatte den Schleier der gottgeweihten Jungfrauen genommen. Mehr Verlässliches wissen wir nicht über sie. – Eine zauberhafte, heitere, innige kleine Geschichte. In der eine Taube vorkommt Und Gewittergewalt.

„Leg mich wie ein Siegel auf dein Herz, wie ein Siegel an deinen Arm! Stark wie der Tod ist die Liebe; die Leidenschaft ist hart wie die Unterwelt. Ihre Gluten sind Feuergluten, gewaltige Flammen.“ – Das ist die Lesung, die die Kirche zum Fest der hl. Scholastika ausgewählt hat. Stärke. Leidenschaft. Härte. Gluten. Flammen. Gewalt.

Die Lesung ist genommen aus dem Alten Testament, aus dem sogenannten Hohelied. In den alten Sprachen hieß es „Lied der Lieder“; Luther war es, der das übersetzte mit „Hohelied“. Es sind, beschreibt es das Lexikon, „zärtliche, teilweise explizit erotische Liebeslieder, in denen das Suchen und Finden, das Sehnen und Lobpreisen zweier Liebender geschildert wird“. Deswegen freuen sich moderne Theologinnen und Theologen besonders an diesem Buch des Alten Testamentes: Die Bibel, die Kirche spricht also doch vom Körper! Von Sex! Der nächste Schwimmzug in diesem flachen Wasser geht dann an die Stelle, wo Jesus eine Affäre mit Maria Magdalena hat… Wer glaubt ernsthaft, dass solche Anbiederungen zwischen pikant und naiv den Glauben oder die Bibel oder die Kirche den modernen Menschen näher bringen wird? Den sogenannten modernen Menschen, die längst überzeugt sind, dass Nonnen, Mönche und Priester von Liebe, Körper, Sex keine legitime Ahnung haben können. Hat wirklich nur der Ahnung von der Liebe, der schon in irgendeinem Bett lag? Ich bin für den Abbruch eines sinnlosen Dialoges. Statt verschwitzt-vertrocknet über das Hohelied zu reden, sollten sich diese Theologinnen und Theologen lieber der Erfahrung Gottes stellen. Der Gewalt Gottes. – Ein Glaube, der beginnt mit einem Baby in der Futterkrippe und endet mit einem gekreuzigten Mann, muss nicht mehr beweisen, dass er einen Blick für den Körper hat. Eine Liturgie, die wie die Hl. Messe um ein Mahl, also um den Akt des Essens und Trinkens herum ist, muss nicht mehr betonen, dass der menschliche Körper wichtig ist. Gehen wir lieber weiter.

Der Festtag bringt das ruhige, vertraute Gespräch zweier Geschwister über Gott zusammen mit der Gewalt der Liebe (denn natürlich ist die Liebe eine Gewalt). Es gibt ein paar Momente im Leben, die uns für immer tief prägen: unsere Eltern; die erste große Krankheit; der Ruhm, also die Bewunderung der anderen, aber auch die Feindschaft anderer; das Alter, vielleicht der Krieg – und ganz sicher die große Liebe. All das sind Gewalten, die uns erschüttern, formen, vielleicht für immer verwunden und uns zeigen, wohin uns das Leben und die Liebe treiben können.

Jeder, der nicht völlig überwältigt werden will, von den anderen um ihn, von den Leidenschaften in ihm, jeder, der nicht verloren gehen will, wird in die Nacht hinausrufen: „Leg mich wie ein Siegel auf dein Herz, wie ein Siegel an deinen Arm!“ Das ist der Ruf um festen Schutz, um treue Nähe. Der Ruf, der am Ende nur auf Gott treffen kann. Denn alles andere reißen die Leidenschaften ein. Vernunft, Maß, Vorsicht, die vertrauten menschlichen Beziehungen: Nichts davon hält stand. Nur die göttliche Liebe hält allem stand.

Wenn sie im Herzen ist, wird es ruhig. – Eine andere Ruhe als die eines Salons, in dem eine Seite umgeblättert wird. Scholastika und Benedikt sind keine Biedermeier-Gestalten, sondern Heilige. Eine Frau und ein Mann, die den Neid und die Faulheit in sich totgeschlagen haben; die Stolz, Lust, Gier in sich verwandelt haben in Würde, Energie und Entzücken; die den Heiligen Geist wirken, vielleicht auch wüten ließen. Und jetzt zusammensitzen und über Gott reden und bereit sind, in Frieden zu scheiden.

„Leg mich wie ein Siegel auf dein Herz, wie ein Siegel an deinen Arm!“ Das kann Christus zu Ihnen sagen. Oder das können Sie zu Christus sagen. Lernen Sie, das zu tun! Erkennen Sie am Fest der hl. Scholastika, dass Glaube mehr ist, als, das Evangelium vor sich, über die Worte Jesu nachzudenken; dass Glaube mehr ist, als an sich selbst zu arbeiten und anderen Gutes zu tun. Dass Glaube nämlich auch Körper ist und Nähe. Gewöhnen Sie sich daran, dass Jesus Sie liebt und dass dies keine frömmelnde Floskel ist, sondern Realität. Damit stehen Sie, ganz gleich ob Frau oder Mann, vor der Entscheidung: Werde ich den wieder lieben, der mich zuerst liebt?

„Leg mich wie ein Siegel auf dein Herz, wie ein Siegel an deinen Arm!“ Damit ich bleibe. Du bei mir, ich bei dir. Ein Siegel, damit ich nicht ausraste in den Leidenschaften. Damit ich nicht verloren gehe.

In der Taufe wurde Christus das Siegel auf Ihrer Seele: Halt, der Freiheit gibt. Scholastika betet wie sie will, ganz wahr, unverfroren: um ein Gewitter. Maria, im Evangelium, bleibt einfach sitzen und hört zu. Sie achtet sie nicht auf die Konvention, die ihr sagt: Hilf im Haushalt! Und der Herr lobt sie dafür.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

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