Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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Stephanitag 2019

26/12/2019 


Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Und? Haben Sie sich gestritten in den letzten Tagen? Wen hat ’s getroffen? Die Kinder? Den Mann? Ihre Frau? Wildfremde? Ist Streiten schlimm?

Ja, wenn es bloß die Stimmung killt. Ja, wenn es um Blödsinn geht. Ja, Streiten ist schlimm, wenn ich nur streite, weil ich schlechte Laune habe. Aber ansonsten ist Streiten gut.

Es gibt zwei Sorten von Menschen, die sich nie streiten. Die Feiglinge und die, denen alles gleich ist. Gehören Sie dazu? Nein. Sie sind weder feige, noch ist Ihnen alles gleich. Sie streiten sich um Kindererziehung, um Weingärten, ums Erbe, darum, wer Recht hat und darum, was zu tun ist.

Menschen nehmen Raum ein. Wo ich bin, kann kein anderer sein: Schon das ein Grund zum Streiten. Menschen passen nicht zueinander. Wir leben mit unterschiedlichen Charakteren in unterschiedlichen Situationen. Manchmal geht das glatt, manchmal eben nicht. Menschen streiten sich. Ich finde Streiten unangenehm, aber nicht schlimm. Mir ist wichtiger, wie jemand streitet. Geht es um etwas Wichtiges? Oder ist der Streit kleinlich? Vulgär? Will ich klären? Aufbauen? Oder bloß verletzen? Den anderen demütigen? Ist Versöhnung möglich? Ist der Ausgang offen? Wenn schon alles feststeht, brauche ich nicht mehr zu streiten.

Sie „erhoben sich, um mit Stephanus zu streiten.“ Von Anfang an wird in der Kirche gestritten.

Gott streitet. Mit seinem Volk, mit Mose, mit den Propheten. Gott streitet, weil er liebt. Wer sich über das Böse und das Übel und die Treulosigkeit nicht aufregt, liebt der wirklich? Gottseidank gibt es Menschen, die sich über die Übel in dieser Welt aufregen, die streiten und etwas ändern.

Jesus streitet. Mit den Pharisäern. Mit seinen Jüngern. Mit seiner Mutter.

Heilige haben sich gestritten. Und Sie streiten auch. Wer nicht streiten will, soll die Klappe halten, an seine Geschäfte denken, faule Kompromisse schließen. Es gibt 100 Möglichkeiten, einem Streit aus dem Weg zu gehen.

Stephanus streitet also. Worum? Um Jesus. Mit wem? Mit den Juden. Religion gegen Religion. Das versteht nur der nicht, der sofort sagt: Ist doch wurst; ein Glaube ist so gut wie der andere. Oder der sagt: Ist mir zu hoch. Das kann auch ein Zeichen von Feigheit sein. Oder der sagt: Es gibt keine Wahrheit. Jesus ist einer von vielen. – Mir kommt ein Verdacht. Wenn ich sage: Christus ist einer von vielen, dann verdanke ich ihm nichts, dann hänge ich nicht von ihm ab, dann muss ich mich nicht auf ihn einlassen. Geht es ihnen darum?

Nicht wenige von Ihnen fragen sich: Wie ist das mit den anderen Religionen? Das II. Vatikanische Konzil sagt dazu etwas Hochinteressantes. „Alle Völker sind ja eine einzige Gemeinschaft, sie haben denselben Ursprung, da Gott das ganze Menschengeschlecht auf dem ganzen Erdkreis wohnen ließ; auch haben sie Gott als ein und dasselbe letzte Ziel.“ So das Konzil, in der „Erklärung über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen“. Dort heißt es weiter: „Die katholische Kirche lehnt nichts von alledem ab, was in diesen Religionen wahr und heilig ist. Mit aufrichtigem Ernst betrachtet sie jene Handlungs- und Lebensweisen… die zwar in manchem von dem abweichen, was sie selber für wahr hält…, doch nicht selten einen Strahl jener Wahrheit erkennen lassen, die alle Menschen erleuchtet. Unablässig aber verkündet sie“ – die Kirche – „Christus, der ist ‚der Weg, die Wahrheit und das Leben‘… in dem Gott alles mit sich versöhnt hat.“

Da haben Sie also: Respekt für die anderen Religionen. Weil es auch in ihnen um Gott geht. Sie enthalten Wahrheit, Gutes, Schönes; die einen mehr, die anderen weniger. Aber Christus ist einzig.

Wer hat Recht? Welcher Glaube ist besser? Das steht hinter der Geschichte vom Tod des hl. Stephanus. Ich kann verstehen, dass viele sagen: Ohne Religion wäre die Welt friedlicher. Ich kann das verstehen, ganz kurz. Und dann frage ich mich: alle Religionen abschaffen? Genauso gut könnte man versuchen, den Wind abzuschaffen oder das Sonnenlicht. Wenn die Leute keinen Gott anbeten, beten sie ihren Fußballclub an oder ihre schlanke Linie oder ihr Geld. Religion gehört zum Menschen. Deswegen ist die Frage so wichtig: Welche Religion ist die richtige? Welche ist richtiger als andere?  Oder sind alle Religionen gleich. Wirklich? Azteken, Mayas, Germanen, Medizinmänner in Afrika, der Albinos jagen oder erzählen, Sex mit einer Jungfrau verhindere Aids, – das alles soll gleich sein mit der Beschneidung der Juden und der Taufe der Christen?

Die, die ich am wenigsten versteht, sind Christen, die sagen: So wichtig ist Christus nun auch wieder nicht. Jesus ist einzig – oder die Evangelien lügen.

Was also tun? Andere Religionen respektieren. Respekt ist eine Form der Liebe. Liebe bedeutet: Ich werde dem anderen nicht meinen Willen aufzwingen – und sei er noch so richtig. Zweitens: prüfen. Sie machen sich gelegentlich Gedanken über den Glauben, Sie hören manchmal das Evangelium und die Predigt – und das reicht Ihnen dann, um Christus zu beurteilen? Jeden Liefervertrag würden Sie gründlicher überlegen. Seien Sie einfach ernsthaft und nicht leichtfertig. Mit dem Kauf eines Traktors sind Sie ja auch ernsthaft. Drittens: Zum Glauben gehört Treue. Weil Glaube eine Beziehung ist, nicht ein Sammelsurium von Traditionen, Regeln und Sätzen. Seien Sie Christus treu. Stephanus war es auch.

Und was gewinnen Sie? Hier: Gemeinschaft. Dort: Herrlichkeit. Wiegt jeden Weingarten auf.

FÜRBITTEN

Herr, ich werde streiten müssen. Gib mir Mut und das richtige Wort. Und den richtigen Moment.

Gib mir die Liebe im Schweigen.

Liebevoll streiten? Herr, hilf, dass das geht!

Gib mir die Kraft zu verzeihen.

Heiliger Geist, gib mir den Sinn für die Wahrheit und den Sinn für die Gerechtigkeit.

Vater, gib in der Welt Frauen und Männer an die Macht, die für das Gute streiten. Zeige uns, was das Gute ist.

Wir beten um Versöhnung in den Familien und unter den Nachbarn.

Wir beten in der Großen Novene für unser Vikariat: (…)

Der hl. Stephanus ist der Patron unseres Domes. Wir beten für unseren Erzbischof.

Wir beten für unsere Kranken.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

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