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Fest der hl. Katharina von Alexandrien, 25. November 2019

25/11/2019 


Fest der hl. Katharina von Alexandrien, 25. November 2019

Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

War Katharina sexy? Darf man so überhaupt noch fragen, als Mann? Ist das wichtig? Ich finde, es ist wichtig, weil es um die Rollenbilder geht, die die Katholische Kirche den Frauen anbietet. Zu Zeiten unserer Eltern und Großeltern waren das: Maria, natürlich, die sanfte, ergebene. Dann die Nonne, gütig und gehorsam. Die züchtige, emsige vielfache Mutter. Auch die bekehrte Sünderin. Dazu kamen inzwischen die resche, praktische Pfarrgemeinderätin und die betont nüchterne Theologin, die sich mit Frauen- und Genderfragen beschäftigt und Priester mit freundlicher Verachtung ansieht. Aber wo ist die stolze Frau in der Kirche? Die Königin? Oder, wenn Ihnen das lieber ist, der Star? Bei den Professoren, Bischöfen und sogar Päpsten gibt es das doch auch: den Star.

Katharina von Alexandrien muss, ich kann es mir gar nicht anders denken, eine stolze Frau gewesen sein. Und, um die Antwort auf die eben gestellte Frage schnell zu geben: eine selbstbewusste Frau, und Selbstbewusstsein ist sexy.

An der Wende vom dritten zum vierten Jahrhundert sei sie, so wird erzählt, Opfer der Christenverfolgungen geworden. „Opfer“ meint hier aber etwas ganz anderes als bei heutigen Jugendlichen, die sich beschimpfen: „Du Opfer!“ – Katharina sei die „unermesslich reiche“ Tochter des heidnischen Königs von Zypern gewesen. Einer der Einsiedler in der Wüste um Alexandria bekehrte sie zum Christentum. Sie ließ sich taufen – und erlebte in einer Vision, wie das Jesuskind ihr den Verlobungsring an den Finger steckte. Jetzt war klar, dass sie die vielen Heiratsanträge – sie war ja eine brillante Partie – ablehnen würde. „Stolz“, wie es heißt. Sie wissen, dass Stolz etwas anderes ist als Hochmut. Stolz braucht es, Hochmut ist eine Todsünde und dumm.

Als der Kaiser immer mehr Christen zum Tod verurteilte, trat ihm Katharina entgegen. Die Frau gegen den Kaiser! Sie fragte ihn, wann er sich endlich zum Christentum bekehre. Das führte zu einer öffentlichen Diskussion: Katharina gegen 50 Philosophen. Alexandria war ja eines der intellektuellen Zentren der damaligen Welt. 50 Männer gegen eine gescheite Frau. Katharina argumentierte so klug, so brillant, so gläubig, dass alle 50 sich bekehrten. Der Kaiser schickte die Männer auf den Scheiterhaufen und Katharina ins Gefängnis. Dort besuchte sie die Kaiserin, selbst eine gebildete Frau. Auch sie wurde bekehrt: durch das Gespräch und die Art Katharinas. Mehr braucht es nicht: Austausch, Diskussion, Beispiel.

Dem Kaiser fiel jetzt nur noch Gewalt ein. Katharina sollte von mit Messern gespickten Rädern zerrissen werden. In der Legende heißt es: „Auf Katharinas Gebet hin kam jedoch ein Engel und zerstörte das Folterinstrument mit solcher Wucht, dass zugleich 4000 Heiden getötet wurden.“ Nichts an jenen Zeiten war milde. Letztendlich wurde Katharina mit dem Schwert enthauptet.

Schwert – Ritter: So dachte das Mittelalter, und die Ritter wählten sich Katharina zur Patronin. Ihr Stolz und ihre Tapferkeit brachte ihr das Schwert ein; aber was tut das für einen Ritter? Alle kannten das Wort des Herrn: „Denn wer sich meiner und meiner Worte schämt, dessen wird sich der Menschensohn schämen, wenn er in seiner Hoheit kommt“ (Lk 9,26). Schluss mit den verschämten Frauen! Schluss mit verschämten Christen!

Katharina wurde nach Maria die am meisten verehrte Heilige, angefleht und gepriesen im Osten und im Westen; zusammen mit Margareta, Barbara und Dorothea eine der vier Virgines Capitales, der „vorzüglichen“ Jungfrauen unserer Kirche. Wegen ihrer Gelehrsamkeit wurde sie Patronin der Philosophen, Theologen, Gelehrten und Lehrer. Aber auch der der Mädchen, Jungfrauen und Ehefrauen. Und der Wagner, Müller, Waffenschmiede, Frisöre, Scherenschleifer und vieler anderer Berufe, die mit Rädern oder Messern zu tun haben. Auch der Näherinnen und Schneiderinnen.

Dieser Fund gefällt mir besonders: Die Schneiderinnen der Pariser Modehäuser heißen bis heute „les Cathérinettes“ – und feiern das Fest mit Champagner. Katharina schützt Bibliotheken, Universitäten und Krankenhäuser. Ihr Beistand wird angefleht für die Feldfrüchte, bei Migräne und Krankheiten der Zunge. Und da dies eines der letzten Feste vor dem stillen Advent ist, hieß es früher: „Kathrein stellt den Tanz ein.“ – Jahrhundertelang war sie hoch verehrt, obwohl kirchliche Autoritäten ihr Fest immer wieder abschaffen wollten. Zu unwahrscheinlich war die Legende, zu unsicher die Quellen. Doch das Volk liebte diese Heilige. Wer aber ist „das Volk“? Die Frauen. Vorsichtiger gesagt: sehr viele Frauen.

Rührt die enorme Verehrung dieser Heiligen nicht her von den Hoffnungen all dieser Frauen? Ist es wirklich vermessen zu sagen: Solche Heiligenverehrung hat die ersten Breschen geschlagen in die Festungen der vermessenen, ungerechten Männerherrschaft? Und wer wollte wirklich hinstehen und sagen: Diese Verehrung hat mit Gott, mit seiner Vorsehung für die Kirche nichts zu tun? Vielleicht bewirkt Gott auch durch Legenden den Fortschritt.

Vieles in der Legende mag erfunden sein; sie reicht an unappetitliche, besorgniserregende Momente unserer Kirche. Denn sie geht zurück auf die Gestalt der heidnischen Gelehrten Hypatia. Diese kluge Frau wurde 415 gelyncht: von christlichen Laien. Die waren angestiftet vom Patriarchen von Alexandrien, Cyrill. Einem großen Theologen. Den die Kirche bis heute als Heiligen verehrt. Das kann man nicht feiern. Wir feiern hier nicht die historische Wahrheit, sondern die Wirkung der Legende. Es wurde verehrt, gemalt, erzählt, geschnitzt, erhoben zur Ehre der Altäre eine freie, intelligente, gebildete, stolze, mutige Frau. Die mit den einen Männern diskutierte, den anderen ins Gesicht lachte – nicht aus Eitelkeit oder Koketterie, nicht aus Hochmut, sondern weil für sie nur ein Einziger zählte: Christus. Denn die Liebe Gottes war ausgegossen in ihr Herz durch den Heiligen Geist, der ihr gegeben war (s. Röm 5,5). Das machte sie stolz – und frei. Mehr Charme also, mehr Stolz!

Übrigens: Heute ist Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

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