31. Sonntag des Jahreskreises (C), 3. November 2019
„Du liebst alles, was ist…“ Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes Gott liebt Adolf Hitler. Und Trump. Auch Van der Bellen. Und Gott liebt Heidi Klum und die Kardashians. Wir nicht. Wir lieben den einen, aber nicht den anderen. Wir haben gute Gründe zu lieben und noch bessere, nicht zu lieben. Wir sind anders als Gott. Und jetzt ein Spiel: Denken Sie sich einen Menschen. Nun denken Sie sich weg, was er getan hat. Sehen Sie ihn ohne seine Taten. Dann nehmen Sie noch weg, wie er aussieht. Dann das, was er im Lauf seines Lebens geworden ist. Wenn Sie alles wegnehmen, was sein kann oder auch nicht, alles, was nicht sein muss, wird dieser Mensch dann immer weniger? Nein, er wird immer dichter, echter: Sie nähern sich seinem Kern. Dem Sein. Sie nähern sich dem Unterschied zwischen dem, was ein Mensch macht, gemacht hat oder machen wird und dem, dass ein Mensch ist. „Du liebst alles, was ist und verabscheust nichts, was du gemacht hast.“ Lehre der Heiligen Schrift und der heiligen Theologie, – nicht des „gesunden“ Menschenverstandes. Der wehrt sich vehement gegen die Vorstellung, alles zu lieben, was ist. Der gesunde Menschenverstand vergibt und entzieht Liebe je nach dem. Gott liebt das Sein, alles Sein. Unwiderruflich. Ewig. Würde Gott etwas, das ist, nicht lieben, widerspräche er sich selbst. Er hat erschaffen. Würde er das von ihm Erschaffene plötzlich nicht mehr lieben, hieße das: Ich habe mich geirrt. Ich habe das erschaffen und es geliebt. Aber jetzt liebe ich es nicht mehr. Weil ich launisch bin. Weil ich enttäuscht bin. Weil es ein Fehler war, diesen Menschen zu erschaffen, der ein Verbrecher wurde. Gott aber macht keine Fehler. Das Vollkommene kennt keinen Mangel. Es war ein Fehler, dass der Mensch zum Verbrecher wurde, aber es war kein Fehler, ihn zu erschaffen. Die Freiheit macht Fehler, nicht der Schöpfer. Das eine – was wir werden – ist unsere Sache. Das andere – dass einer ist – ist Gottes Sache. Der Mensch hat die Möglichkeit, ein guter Mensch zu werden. Der Mensch ist frei. Der Mensch ist – und er entscheidet sein Leben. Zwei verschiedene Dinge! Das eine – dass Sie sind – liebt Gott. Ewig. Das andere – was Sie tun – liebt Gott nur, wenn es gut ist, was Sie tun. Gott korrigiert sich nicht selbst. Es gibt in Gott kein Vorher und kein Nachher, kein Weniger und Mehr. Gott ist ewig vollkommen – und niemals ändert er seinen Willen. Den Willen, der sprach: „Es werde!“ Wäre es anders, würde das bedeuten: Ein böser Mensch hätte Macht sogar über Gott. Er brächte Gott dazu, seinen Plan zu ändern. Seine Schöpfung zu korrigieren. Zu sagen: Weil du böse bist, sollst du aufhören zu sein. Gott lässt sich nicht von uns diktieren. Auch vom Bösen nicht. Er mag dem Bösen Raum lassen – aus Gründen, die wir hier nie verstehen werden; aber er setzt das gute Ende. Nie, nie!, kann einer ganz herausfallen aus der Hand Gottes. Gott hält selbst die Hölle im Sein. Die, die Gott ablehnen, löscht Gott nicht aus. Er lässt die Bösen nur allein mit ihren Taten und ihrem Hass. Das ist die Hölle: letzte Konsequenz der Freiheit und höchste Konsequenz des Willens, der spricht: Sei! Für uns ist das Nicht-Sein eine Versuchung. Für Gott ist das Nicht-Sein keine Option. Wir sind so anders als Gott – und müssen ihm doch ähnlich werden. Das ist der Auftrag. Ich sage nicht: das Ziel, weil sonst alle sich zurücklehnen und sich sagen: Wird schon. Nein: Auftrag! Wir müssen uns der Art Gottes annähern. Lernen zu lieben, wie er liebt (und nicht wie man liebt). Worauf schaut Gott? Was genau sieht er, wenn er uns anblickt? Ich weiß es nicht, Sie wissen es nicht. Eine Ahnung gibt uns Jesus. An ihm sehen wir dieses grundsätzliche, erste Wohlwollen, das immer da ist. – Nicht bei uns, aber bei Gott. Dieses Wohlwollen kann nicht dem gelten, was einer tut. Jesus kann nicht lieben, was Zachäus treibt. Aber er liebt, dass es Zachäus gibt. So sollen auch wir lieben. Die Leute sehen Jesus und Zachäus zusammen und sind empört. Gute Katholiken sind immer empört, wenn Gott die Falschen liebt… Jesus weiß alles, aber er sondert nicht zuerst aus, hier die Bösen, da die Guten. Er beginnt nicht mit dem Tadel. Jesus liebt diesen Menschen, preist den himmlischen Vater, dass er diesen Menschen erschaffen hat – und will, dass dieser Mensch sich verändert. Er soll nicht bleiben, wie er geworden ist. Zachäus soll doch kein raffgieriger, harter, betrügerischer, neugieriger, schlauer Menschenverächter bleiben. Der reiche kleine Mann soll schnell herabsteigen, heute, jetzt, sofort. Um ein anderer zu werden. Wir schauen nicht tief genug. In der Liebe sind wir alle Stümper. Christus hingegen ist der Meister. Admirable! Die wahre Liebe schaut auf den Grund: das Sein. Dorthin, wo es nichts zu holen gibt, wo nur noch zu sagen ist: Es ist gut, dass du bist. Das ist das Erste: Es ist gut, dass du bist. Nun werde, was du wirklich bist. Nicht einer Moral wegen soll sich Zachäus ändern, sondern weil er so, wie er geworden ist, nicht gedacht war von seinem Vater im Himmel. Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.