Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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27. Sonntag des Jahreskreises (C), 5. Oktober 2019

05/10/2019 


Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Wo ist der Glaube? Beim Papst Franziskus? Im erzbischöflichen Palais? Im Katechismus? Hoffentlich überall dort, aber der Glaube ist auch hier, in Ihnen. Der Glaube schwebt nicht irgendwo ungreifbar, fleischlos, er ist in Menschen. In Ihrem Mann, der glaubt, in Ihrer Frau, in Ihrem Kind, in Ihnen selbst. Der Glaube ist in denen, die getauft wurden und gefirmt und in denen, die sich vor Gott gelobt haben: „Ich verspreche dir die Treue in guten und in bösen Tagen…“ In Ihnen hier ist der Glaube.

Allerdings: Eine sehr hohe Meinung hat Jesus nicht von Ihrem Glauben. Von meinem auch nicht. Wo er doch schon den Aposteln sagt: „Wenn euer Glaube auch nur so groß wäre wie ein Senfkorn…“ Und noch draufsetzt: „Wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen wurde, sollt ihr denken: Wir sind unnütze Knechte. Wir haben nur unsere Schuldigkeit getan.“

Erschreckt Sie das? Mich erschreckt es. Immer wieder. Aber dabei weiß ich: Der Herr hat Recht. Und Sie wissen das auch: Unser Glaube taugt nicht viel. Schon ein Wochenende mit Zahnschmerzen lässt ihn wanken; wir zweifeln an der Liebe Gottes. Ständig muss der Glaube vor Wichtigerem zurücktreten (gibt es das: wichtiger als der Glaube?). Unser Glaube ist nicht rein und über alles erhaben: Unsere Erziehung beeinflusst ihn ebenso wie der Zeitgeist. Es waren die Pharisäer, die sich auf ihren Glauben etwas einbildeten. Sie meinten, Gott gegenüber Rechte zu haben: „Wir waren so gute Pharisäer! Wir waren so gute Katholiken!“ – „Nein“, sagt Jesus, „ihr seid unwürdige, geliebte Knechte. Überreich beschenkte Freunde!“

Unser Glaube ist nicht groß; er ist klein – und dennoch kostbar. Denn er wurde uns in der Taufe anvertraut „durch die Kraft des Heiligen Geistes, der in uns wohnt“. Der Glaube ist ein Geschenk des Heiligen Geistes.

Warum ist der Glaube kostbar? Weil er alles verändert. Zum Guten. Das ist es ja, was nottut: eine Veränderung zum Guten. In der ersten Lesung hieß es: „Wohin ich blicke: Misshandlung und Gewalttat, Streit erhebt sich und Zwietracht.“ Wer sollte die Dinge zum Guten verändern? Die Politik? Das Geld? Die Wissenschaft? Die Religionen? Religionen sind nur das, was Menschen aus dem Glauben machen. Der Glaube ist das, was der Heilige Geist macht in einem Herzen. Der Heilige Geist legt etwas Kostbares in unser Herz.

Der Glaube verändert zum Guten. Zuerst einmal Sie selbst. Dann führt er Sie zu den anderen. Der Glaube führt zur Tat und nicht bloß zu beleidigtem Gemaule im Internet. Er führt zu allen guten Werken. Und zu Ihren Verwandten und Freunden. Zu so viel Gutem, das Sie tun. Zu Kraft, Liebe und Besonnenheit (2 Tim).

Der Glaube ist kostbar, weil er das Leiden verändert. Ohne Glauben ist das Leiden nur Angst und sinnlose Quälerei. Mit dem Glauben führt es in die Nähe Christi. Der Gläubige versteht nach und nach, dass er für andere leiden kann, aus Liebe, wie Jesus. Er wirkt mit an der Erlösung der Welt.

Der Glaube macht stark. Sie leben in dieser Welt, Sie kennen Erfolg und Glück, – und Gebete, die anscheinend nicht erhört werden. Der Prophet auch: „Wie lange, Herr, soll ich noch rufen, und du hörst nicht?“ Der Gläubige weiß, dass Gott nicht jedes Gebet erhört. Nicht so, wie wir uns das denken, nicht dann, wenn wir wollen. Aber eines Tages versteht er: Die Frau an meiner Seite, die hat mich erhört. Eine Christin versteht: Mein Mann, der hat mich erhört. Und mein Kind. Und jener Fremde, der mir etwas Gutes, Wahres zu sagen wusste. Und so wird der gläubige Mensch stark. Er versteht: Gott hat gehandelt, immer wieder, durch Menschen, – und wir haben es so spät verstanden! Denn unser Glaube ist noch kleiner als ein Senfkorn.

Der Glaube ist arm, von Natur aus. Er braucht die anderen. Sie haben den Glauben von Ihren Eltern und auf Ihren eigenen Glauben warten wieder andere, Ihre Kinder und Freunde. Ohne das Zeugnis der anderen, vor Ihnen und nach Ihnen, kein Glaube. Der Jünger weiß, immer besser, dass er andere braucht: Mit-Glaubende, die Heiligen, die Kirche.

Der Glaube muss wachsen und sich verändern. Vom Kinderglauben, vom Medizinmann-Glauben – ich schenke Gott eine Wallfahrt, dafür kriege ich Gesundheit – zum Glauben des Jüngers.

Der Glaube ist dunkel von Natur aus; er fragt, zweifelt, fasst sich wieder, sehnt sich nach Klarheit. Nach dem klaren, hellen Himmel. Im Himmel werden wir sehen, nicht mehr glauben.

Der Glaube wird geschenkt, nicht gemacht: „Mit einem heiligen Ruf hat er uns gerufen, nicht aufgrund unserer Taten.“ Der echte Glaube geht von Gott aus, wir können nicht über ihn verfügen; wir können den Glauben nicht benützen wie eine Strategie zur allgemeinen Vertröstung. Sie können Ihren Kindern zeigen, wie man den Glauben lebt, wie das geht: Rosenkranz und Wallfahrt und Pfarre. Aber den eigentlichen Glaubensakt, den Moment, in dem der Mensch ruft: „Credo! Ich glaube!“ In dem er leise sagt: „Ich vertraue Dir, Gott!“ Den Moment, wo der Mensch wirklich fragt: „Was willst du, Gott, soll ich tun?“, den machen nicht wir. Den schenkt der Heilige Geist.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

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