26. Sonntag des Jahreskreises (C), 29. September 2019 – Erntedank
Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes Weintrauben, Gelbe Rüben, Erdäpfel, Kürbis, Mais, Tomaten, Weizen, Roggen. Oder „Gerechtigkeit, Frömmigkeit, Glauben, Liebe, Standhaftigkeit und Sanftmut.“ Es gibt die Gemüse- und Weinernte des Jahres, – es gibt aber auch die Ernte des Herzens. Die Feldfrüchte können sie angreifen, schmecken, runterschlucken, ausspeien, schneiden, kochen, einmachen. Was im Herzen ist, können Sie nicht einmal sehen. Aber Sie alle wissen: Das Herz ist, schlussendlich, wichtiger als das, was wir essen und trinken, bauen und ernten. Sie wissen, dass das Leben keine Freude mehr macht, wenn es innen, im Herzen wüst und dürr ist. Wenn im Herzen nichts mehr ist, helfen alle Weinkeller und Tortenbüffets der Welt nicht weiter: Das Glück ist fort. Vielleicht ist gerade Erntedank der richtige Tag, um die Aufmerksamkeit von den Dingen, die wir sehen und schmecken können, auf das zu lenken, das wir nicht sehen können. Bestimmt geht es heute in vielen Pfarren um die gerechtere Verteilung der Güter dieser Welt und um die Bewahrung der Schöpfung. Das ist schon richtig so. Aber woher sollen die Gerechtigkeit und der Sinn für die Schöpfung kommen, wenn nicht aus dem Geist und dem Herzen? Nur von da aus ändert sich etwas! Deswegen: die Ernte des Herzens. Die wahre Kirche macht die Menschen aufmerksam für das Herz und den Geist; für das, was diese Welt zusammenhält. Wir werden ja nicht von Kartoffeln zusammengehalten und auch nicht vom Wein, sondern von Erinnerungen, von Wissen, Zuneigungen, Hoffnungen… Das alles bewahrt die Kirche, sie ordnet es und gibt es den Menschen. Wenn aber die Menschen nicht nach dem Geist verlangen, nicht auf ihr Herz achten wollen, dann kann die Kirche nichts mehr ausrichten. Dann kann sie entweder an die Straßenecken gehen und sich dort feilbieten oder aber sie kann hüten und warten. Hüten, was die Menschen nicht vermissen, von dem aber die Eingeweihten – wir hier! – wissen, wie notwendig es für den Bestand der Welt ist. Ohne Geist und Herz zerfällt diese Welt. Deswegen: Was ist im Lauf des letzten Jahres in Ihrem Herzen gewachsen? Wie haben Sie es gepflegt? Haben Sie in Ihrem Herzen etwas gepflanzt? Anderes ausgerissen? Paulus macht das konkret. Er schreibt an seinen Schüler: „Mann Gottes, bemühe dich um Gerechtigkeit, Frömmigkeit, Glauben, Liebe, Standhaftigkeit und Sanftmut.“ – Mann Gottes, Frau Gottes: Das sind Sie! Das sind alle. Denn wer wollte hinstehen und ernstlich, ruhig, nach reiflicher Überlegung sagen: Ich bin kein Mann Gottes, ich bin keine Frau Gottes. Ich bin nur ich; ich bin der Mensch der Partei, der Firma, des Systems, der Arbeit, der Mensch der Dinge? Wer mit kühlem Herzen, überlegt, öffentlich, hartnäckig sagen würde: „Ich bin keine Frau Gottes. Ich bin kein Mann Gottes und will es auch nie sein“, wer sich so von Gott lossagte, der wäre gescheitert. Verworfen, aus eigenem Willen. Sie sind also Männer Gottes und Frauen Gottes. Deswegen ist die Ernte des Herzens so wichtig. Da ist die Gerechtigkeit. Gerecht sein, bedeutet zu fragen: Was steht dem anderen zu? Der Gerechte sieht alle, nicht nur sich. Ein gerechter Politiker sieht nicht nur sein Wohl, nicht nur das Wohl seiner Partei, sondern das Wohl des ganzen Landes. Im Herzen wohnt die Frömmigkeit. Würden Sie sich freuen, wenn man Sie für fromm hielte? Es wäre Ihnen peinlich! Dabei bedeutet fromm nichts anderes als eine tiefe Beziehung zu Gott. Was ist daran schlecht? Auch der Glaube hat seinen Platz im Herzen. Der Glaube hat mit Vertrauen zu tun. Glauben bedeutet: Ich vertraue Jesus Christus. Ich vertraue darauf, dass wahr ist, was er sagt. Von daher lebe ich so, dass andere mir vertrauen können. Also: Habe ich im letzten Jahr das Vertrauen untereinander gefördert? Oder durch Tratsch und Lüge zerstört? Zum Herzen eines treuen Menschen gehört die Standhaftigkeit. Sie reicht von der Selbstdisziplin bis hin zur Tapferkeit. Der weinerliche, verwöhnte Mensch kann nicht standhaft sein und der, der immer fragt: Was werden die Leute denken?, kann nicht tapfer sein. Hierher gehört auch der Umgang mit dem Leiden. Habe ich neben den Freuden auch Leiden geerntet und etwas Gutes daraus gemacht? Man kann Leiden in Segen verwandeln. – Die Sanftmut macht anderen das Leben mit mir leichter, angenehm. Da die Sanftmut neben der Standhaftigkeit steht, ist sie nicht weichlich, nicht beliebig, sondern milde und stark. Im Herzen ist auch das Gegenteil von alle dem: Ungerechtigkeit, Gottlosigkeit, Unglaube, Kleinglaube, Lieblosigkeit, Feigheit, Härte… habe ich das ausgerissen, wie Unkraut, damit das Gute in mir wachsen kann? Wer so sein Herz kultiviert, der baut mit an einer Welt, die komplett anders ist als die, die der Prophet Amos sieht. Die Lesung tönt, als habe Amos habe eben erst geschrieben, nicht 750 vor Christus: „Zum Essen holt ihr euch Mastkälber aus dem Stall, ihr trinkt den Wein aus großen Humpen und sorgt euch nicht über den Untergang.“ Das ist die Welt von heute. Eine Welt ohne Herz und ohne Geist, mit Politikern ohne Herz und ohne Geist. Von ihr kommt kein Leben, nur Getue. Echte Christen haben es besser. Sie haben Herz und Geist. Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.