21. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr C), 25. August 2019
Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes Internet ist super. Man kann Predigten herunterladen und sie am Sonntag den Leuten vorlesen. Das wird häufig gemacht und ist völlig würdelos. Man kann auch ganz auf die Vorbereitung verzichten und spontan predigen. Solche Predigten erkennen Sie daran, dass sie in alle Richtungen laufen und 20 Minuten und mehr lang kein Ende finden. Eine Predigt improvisieren, dazu braucht es klaren Verstand, umfassende Bildung und vor allem ein durchbetetes Herz. Das alles habe ich nicht und die meisten anderen Pfarrer auch nicht. Also sollten sie sich vorbereiten! Zur Vorbereitung kann man Kommentare zu den Bibelstellen lesen. Manchmal findet man dort nützliche Informationen und hilfreiche Ideen. Frage: „Werden nur wenige gerettet?“ Antwort: „Viele werden versuchen hineinzukommen, aber es wird ihnen nicht gelingen.“ Ich dachte: Es wäre doch spannend zu sehen, wie moderne Theologinnen und Theologen umgehen mit diesem fruchterregenden Wort Jesu. Nach den zwei ersten Kommentaren habe ich es sein lassen. Diese Leute haben natürlich nicht die Eier zu sagen: „Was Jesus erzählt, interessiert mich nicht“ oder: „Der Evangelist Lukas lügt, Jesus hat nie so geredet.“ Nein, sie reden drum herum, winden sich, legen eine Distanz zwischen sich und Christus. Damit er nicht zu nahekommt. Keiner fragt sich auch nur: „Was, wenn es wahr wäre?“ Was, wenn nur wenige in den Himmel kommen und alle anderen verloren sind? Immerhin hat diese Frage Millionen von Christen vor uns umgetrieben (Dome, Klöster, Gemälde, Spitäler). Werden nur wenige gerettet? Heute gibt es nur zwei Arten von Antwort. Erstens: Es werden alle gerettet. Weil Jesus ja keine Bedingungen stellt und alle lieb hat, egal, was sie tun. Nach dieser Logik hat Jesus auch kinderschänderische Priester lieb und KZ-Kommandanten ohne jede Reue. Zweitens. Es gibt keine Rettung und auch keinen Untergang; es gibt einfach gar nichts. Wir strampeln hier ein paar Jahre lang und dann ist Schluss. Offenkundig denkt Jesus so nicht. Ich bin dafür, das Wort zu nehmen wie es da steht. Überlegen, wie es denen ging, die damals Jesus zuhörten. Dann prüfen, wie es die Heiligen verstanden haben, die Frauen und Männer, die sich auskennen mit Jesus. „Viele werden versuchen hineinzukommen, aber es wird ihnen nicht gelingen.“ Spielen wir das mal durch. Nehmen wir an, mein Leben ist zu Ende. Ich sterbe. Wer tot ist, kann nichts mehr tun. Nicht mehr handeln, nichts mehr korrigieren. Wer tot ist, kann nicht mehr um Verzeihung bitten, nicht mehr Buße tun, nicht versprechen, sich zu bessern. Zu spät. – Auferstehung bedeutet gerade nicht, dass unser Leben bei Gott weitergeht in Stunden, Tagen, Jahren und in einem Raum, den wir nicht überschreiten können. Auferstehung ist die Summe unseres Lebens, die Ernte all dessen, was wir in dieser Welt gelebt haben. Aber in eine neuen Existenzform, die wir uns nicht vorstellen können. Ich bin also tot in dieser Welt. In jener anderen Welt, da warte ich. Ich stehe vor der Tür ins Reich Gottes und warte. Lange, kurz, wer weiß. Irgendwann höre ich die Stimme. Sie spricht: „Ich weiß nicht, woher du bist. Ich kenne dich nicht.“ Aus. Nach einer Zeit wende mich um und sehe: niemanden. Keine anderen Menschen. Ich bin allein vor dieser Tür, für immer. Ewig allein. Weil ich Gott und den Nächsten nicht geliebt habe. Ich habe ein wenig geliebt, manche Menschen, momentweise. Aber am Schwerpunkt meines Lebens liegen Gleichgültigkeit, Kälte, Lieblosigkeit. Wer sollte mir jetzt noch nahe sein? Die vielen, die wie ich nicht hineinkommen? Was wäre das für ein Miteinander? Ein Saufgelage mit Menschen, die mich nicht lieben, Menschen ohne jedes Wohlwollen für mich? Eine Sauferei, die nie, nie einen Morgen sieht? Eine ewige Orgie mit Menschen, die mich nur benutzen wollen; Gier, die Wärme vortäuscht? Ob mit anderen oder allein: ein Leben ohne jede Liebe, ohne Reue, ohne jede Veränderung, ewig. Die Hölle. „Herr, werden nur wenige gerettet?“ Die Frage des Evangeliums verstummt nie, sie kostümiert sich nur anders, mal besser, mal schlechter. Heute lautet sie: Ist diese Welt zu retten? Die meisten sagen: „Das wird schon; die anderen sind schuld; die anderen sollen handeln. Verzichten bringt eh nichts.“ So sind die meisten Menschen, egal ob es um das Klima geht oder um das ewige Leben. Sie denken sich: Wird schon gut gehen. Wird schon gut gehen?? Auto fahren und dabei mit dem Handy filmen? Wird schon gut gehen. Rechtsradikale in der Politik? Wird schon gut gehen. Ungeschützter Sex? Wird schon gut gehen. Ich denke: Es gibt wunderschöne Momente des Leichtsinns; es muss nicht alles schwer und ernst sein. Es gibt aber auch Momente des Ernstes. – Natürlich gibt es auch ganz andere Worte Jesu. Heute aber ist da dieses: „Ich weiß nicht, woher ihr seid.“ Und was soll dieses Evangelium nun? Wir sollen aufwachen. Manchmal geht das nur über den Schrecken, Sie wissen das. Wir sollen das Christenleben ernstnehmen. Wir sollen uns anstrengen. Wir sollen hoffen. Mehr haben wir hier nämlich nicht. Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.