Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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Fest des hl. Jean Eudes, 19. August 2019

19/08/2019 


Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Es gibt Menschen, die einen kalt lassen. Ein paar andere findet man, nun ja, mühsam. Menschen aber wie der hl. Jean Eudes erfüllen mich mit Sehnsucht und Verzweiflung. Es ist mein Glück, dass ich solchen Menschen begegne. Das gibt mir die Kirche, die mir sagt: „Feiere diesen Menschen! Schaue auf ihn, lerne!“ Die Heiligen des Jahres machen mein Leben. Aber eben nicht genug. An ihnen entdecke ich, was mir nicht gelungen ist, was fehlt und erlebe Momente der Verzweiflung und Scham. Deswegen ist die Begegnung mit den Heiligen immer auch ein Schmerz.

Johannes Eudes wurde 1601 in der Normandie geboren. Er trat den Pariser Oratorianern bei, wo sich damals die Besten versammelten: distinguierte Priester, ernst und klug, gute Theologen, exzellente Seelenführer. Noch heute liest man ihre Schriften mit Gewinn. 1625 wurde Jean Eudes zum Priester geweiht und war dann als Missionar tätig. Das bedeutete damals: durch Frankreich ziehen und dem Volk predigen, das vom Glauben so gut wie nichts wusste. Wie heute. Mehr als hundert solche Volksmissionen hat er gehalten, mit Riesenerfolg; er hat einen Orden für Männer gegründet und einen für Frauen. Der Glaube des Volkes und deswegen die Ausbildung guter Priester waren seine Anliegen. Er wurde zu einem großen Erneuerer des geistlichen Lebens. Dabei war er sicher auch getragen vom Zeitgeist: Frankreich war damals beseelt von einer wahren Begeisterung für die Heiligkeit. Große Frauen und Männer, ganz konzentriert auf Christus. Auf den Gott, der Mensch wurde. Die hl. Johanna Franziska von Chantal, die wir heute vor acht Tagen gefeiert haben, gehört in dieselbe Epoche… Der hl. Jean Eudes starb am 19. August 1680 in Caen in der Normandie.

Er verehrte, heißt es, besonders das Herz Jesu und das Herz Marias. Das klingt für uns heute altmodisch, süßlich, gefühlig… Aber denken Sie einfach so: Das Herz ist die Mitte des Menschen. Was dort geschieht, bestimmt das Leben. Ihr Herz prägt Sie. Und nehmen Sie ein Zweites dazu: die Gnade. Wo geschieht sie? Wo wirkt sie? Im Herzen. In unserem Inneren. Und was wirkt die Gnade (die ja nichts anderes ist als Gott selbst)? Gnade bewirkt Heiligkeit. Und was ist Heiligkeit? Nähe zu Gott. Nicht momentweise, nicht ahnungsweise: immer, überall. Dauerhaft Gott nahe.

Es gibt Heilige, die den Armen helfen; andere pflegen Kranke oder gründen Klöster oder gehen in die Einsamkeit. Heilige lehren Schulklassen, dienen an einer Pforte, ziehen in den Krieg oder schreiben in der Zeitung. Von alldem mag es im Leben des heiligen Jean Eudes gegeben haben, aber der springende Punkt bei ihm ist: Er will heilige Christen. Nicht besonders erwählte Seelen: alle. Er glaubt an die Menschen. Genauer: an die Berufung ihrer Seele. Etwas, was wir ganz verloren haben…

Sehen Sie, predigen kann nicht jeder, organisieren auch nicht und gründen nicht; nicht jeder wird ein Mystiker. Aber jeder und jede kann aus der Gnade leben. Denn jeder Mensch ist begnadet von Gott.

Der Mensch ist erschaffen. Wozu? Um zu Gott zu finden. Um Gott „immer tiefer zu erkennen“, wie es im Tagesgebet eben hieß. Gott nahekommen, kann der Mensch aber nicht aus sich heraus. Er bekommt alle Gnade, die es für diesen Weg braucht. Jeder. – Geht Ihnen jetzt auf, wie viel Gnade die Menschheit vergeudet? Menschen vergessen die Gnade, weisen sie ab…

„So werdet ihr mehr und mehr von der ganzen Fülle Gottes erfüllt“, schreibt Paulus an die Gemeinde in Ephesus. Er schreibt doch an alle dort, nicht nur an einige wenige feine Seelen. – Überlegen Sie: Wieso sollte für die meisten Menschen die Fülle Gottes nicht zugänglich sein? Passte das zu Gott? Alle haben dasselbe Gebot: „Du sollst den Herrn, deinen Gott lieben!“ Alle sind zur Liebe berufen. Was aber bewirkt Liebe? Vereinigung. Zwei, die sich lieben, sind vereint. Die Gottesliebe und die Nächstenliebe vereinen uns mit Christus und in ihm mit dem dreifaltigen Gott. Und wie geschieht das? Durch das Leben mit der Kirche. Durch die Sakramente zuerst. Die Sakramente sind: Geist, Körper und Gnade. Die Taufe ist Wort („Ich taufe dich“), Wasser und Gnade. Die Taufe ist mehr als die Aufnahme in die Kirche oder Nachlass der Sünden. In der Taufe empfangen wir das Leben Jesu selbst. Jesus pflanzt sein vollkommenes und heiliges Leben in uns sein. In unser Herz. „Durch den Glauben wohne Christus in eurem Herzen.“ Paulus.

Die Taufe formt uns. Nicht durch unsere Anstrengung, sondern durch den Geist Jesu. Damit wir „an Kraft und Stärke zunehmen“. Wir antworten auf die Gnade mit innerer Arbeit, Entscheidungen, Durchhalten, Übung. Frömmigkeit braucht Zeit.

Die Sakramente sind für jeden. Und führen jeden Menschen zu seiner Heiligkeit. Dazu sind sie da. Dabei sind sie einfach. Heiligkeit hat nichts mit außergewöhnlichen Umständen zu tun. Sie ist das normale Leben des Christen, der betet und sich dabei auf die Hl. Schrift und die Tradition der Kirche stützt.

So beten Christen:

„Vater, Sohn und Heiliger Geist kommt in unsere Herzen, lebt in unseren Herzen,
regiert in unseren Herzen, damit alles in unserem Leben zu eurer Verherrlichung sei.“

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

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