Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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6. Sonntag der Osterzeit, 26. Mai 2019

26/05/2019 


Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Kein Geländer. Die Freiheit, ganz weit zu schauen oder zu fallen. Zerschmettert werden oder Schritt vor Schritt setzen, kundig wie ein Handwerker. Manche lieben die Mühen des Aufstiegs, mögen es, dass sie ihren Körper spüren und an die Grenzen gehen. Für die anderen ist es der Blick von dort oben… „Ein Engel entrückte mich im Geist auf einen großen, hohen Berg.“ Da haben Sie die Weite, Grenzen, die Gefahr, sich zu verlieren und das Neue. Vielleicht sogar Freiheit.

Engel, Offenbarung, Vision… landet jetzt das Phantastische in Mailberg? Anders gefragt: Wo ist die Kirche? Bei denen, die den Kindern Unterricht geben, Kranke besuchen, Feste organisieren, die Kerzen in Ordnung halten und die Blumen? Oder bei den Träumern und Phantasten? Ich weiß, dass Sie Bedenken haben. Ich weiß, wo Sie die Kirche finden. Aber ich kann mich dabei nicht aufhalten; es wäre verlorene Zeit… Die Welt legt mir so viel vor: strenge Wissenschaft, schlichte Arbeit und Träume, „Offenbarungen“, wenn Sie so wollen. Ich sage Ihnen einfach: Machen Sie Herz und Verstand und Sinne auf und bemerken Sie die Schönheit dieser Bilder aus der Offenbarung des Johannes. Das wirklich Schöne ist wahr, und das Wahre ist schön.

Die Kirche ist der Ort oder besser: der Moment, in dem sich der Blick verändert. Schon deswegen, weil sich hier Menschen begegnen, in einer guten Pfarre unterschiedliche Menschen. Auch weil es in den Gotteshäusern und unseren Feiern in die Vergangenheit geht und in die Zukunft. Kirche ist nie nur platte Gegenwart. Nie nur Hier und Jetzt. In Europa ist die Kirche außerdem eng verbunden mit der Kunst. Wer Kunst erlebt, verändert sich. Sie verändern sich, hier… So auch durch die Visionen der Hl. Schrift: In ihnen bricht eine Wahrheit ein, sanft oder gewaltig, die diese Welt nicht sieht. Dazu sind die Visionen da: mehr Wahrheit.

Die Vision zeigt ein Bild, und wir wissen nicht, wo die Wirklichkeit ist, die dieses Bild vorstellt. In unserem Inneren? Nur dort? In der Zukunft? In der Vergangenheit? Nirgendwo? Visionen gehören zu den Ereignissen, die uns aufgehen lassen, dass diese Welt mehr ist als das, was wir kennen; dass die Wirklichkeit nicht dingfest zu machen ist. „Die heilige Stadt, die von Gott her aus dem Himmel herabsteigt…“ Wichtig ist die Verstörung, das leichte Zittern, das die Vision auslöst. Und die Hoffnung.

Die Visionen gehören wesentlich zur Kirche. Die Typen von facebook oder amazon analysieren den Menschen, machen ihn nutzbar. Die Kirche erzählt. Die Kirche schaut: den Menschen, die Welt. Die Kirche ruht auf der Hl. Schrift. Diese aber ist nicht das Dossier einer Historiker-Kommission, kein Augenzeugen-Bericht, sondern Schau

Die Vision zeigt uns eine Stadt. Nicht Einsamkeit, sondern eine große Gemeinschaft. Still und Herrlich. Eine Stadt aus Edelsteinen. Eine Stadt ohne Sonne und Mond. Das bedeutet: ohne Tage und Nächte. Und dennoch hell: „Die Herrlichkeit Gottes erleuchtet sie. Ihre Leuchte ist das Lamm.“ Es gibt nicht mehr Tag und Nacht, Werden und Vergehen. Alles ist jetzt. Ende der Zeit und des Kosmos. Aber nicht Ende der Gemeinschaft. Der Himmel. – Wie weit der Blick wird! Wie glanzvoll, herrlich die Welt mit einem Mal erscheint. Die Große Befreiung.

Was wir da sehen, richtet über das, was wir hier und heute erleben.

Wer die Vision ablehnt, senkt seinen Blick. Auf den eigenen Bauch. Und dann? So aber weitet sich der Blick. Und: Sie vertrauen einem Zeugen. Visionen und Vertrauen gehören zusammen. Kein blindes Vertrauen. So ist die Kirche nicht. Sie prüfen, ob diese Vision sich ins Ganze fügt. Ob sie zur Rede Jesu passt. „Wenn einer mich liebt, werden wir, der Vater und ich, zu ihm kommen und bei ihm wohnen.“ Sie prüfen, ob die Vision schön ist. Ob sie missbraucht wird für irgendwelche Interessen oder ob sie keusch ist. Sie wissen, dass die Sprache dessen, der sieht, mit eingeht in seine Bilder; auch die Zeit, in der er lebt. Es gibt keine „objektiven“ Visionen…

Aber Sie sind auch fähig, das Bild von alldem zu lösen… Sie können mit der Hl. Schrift umgehen, weil Sie in der Taufe und der Firmung den Heiligen Geist empfangen haben, der Sie lehrt, erinnert, berät… Die Kirche des Heiligen Geistes sagt Ihnen: „Seht mehr! Sehr weiter! Seht!

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

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