Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

Aktuelles

Fest der Heiligen Familie, 30. Dezember 2018

30/12/2018 


Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

So stellt sich der Klerus die Idealfamilie vor: Mann, Frau, kirchlich verheiratet, niemals geschieden, viele Kinder. Okay, inzwischen hat man eingesehen, dass Sex auch mit Spaß und Zärtlichkeit zu tun hat und nicht nur mit Fortpflanzung und dass man bei Kindern auch auf Verhütung und Verantwortung und nicht nur auf Gottvertrauen setzen soll. Aber diese Erkenntnisse sind nicht alt. Lange Zeit vertraten die Pfarrer ganz andere Ideen. Die Ehe-Lehre der katholischen Kirche: eine lange Geschichte vom Leiden. Vor allem litten die Frauen und die Kinder. Und bei all dem beriefen sich die Bischöfe, Theologen und Pfarrer auf die Familie in Nazareth. Sie war das Modell.

Ein seltsames Modell, genau betrachtet. Gut, eine kirchliche Trauung gab es noch nicht. Aber Joseph war nicht der Vater von Jesus. Maria wurde schwanger vor der Ehe. Vor 40, 50 Jahren hätte sie nicht in Weiß heiraten dürfen; alle hätten getuschelt, der Pfarrer hätte sie geschnitten. Maria, Joseph und Jesus: keine kinderreiche Familie. Wo bleibt da die Vermehrung, das Gottvertrauen, das man ja auch dann haben sollte, wenn der Mann nichts verdient oder alles versäuft? – Kurz, vielleicht ist die Familie in Nazareth uns Modernen näher als unseren Großeltern, heute, wo es alle möglichen Formen des Zusammenlebens gibt. Ich bin sicher, dass diese drei Menschen ein Vorbild sind. Und wir brauchen Vorbilder.

Maria, Joseph und Jesus sind eine Gemeinschaft. Sie halten zusammen. Untereinander und mit ihren Verwandten und Freunden. Sie sind unterschiedlich, sie haben verschiedene Meinungen, aber sie gehören zusammen. Zusammenhalten ist etwas anderes als sich zusammenrotten und mehr als gemeinsame Interessen durchsetzen. Gemeinschaft ist etwas anderes als der Pöbel auf den Plätzen und die Networker auf facebook.

Diese drei Menschen ließen sich ihre Geheimnisse. Nicht immer haben sie gleich gewusst, wie es um den anderen stand. Man muss nicht alles verstehen oder mögen, was der andere denkt und tut: Hauptsache, sie vertrauen einander.

Die Familie in Nazareth kannte Geld-Sorgen und musste ihre Heimat verlassen. Die Heilige Familie war eine Flüchtlingsfamilie. Joseph, Maria und das Kind waren auf das Mitgefühl anderer Menschen angewiesen.

Schließlich, entscheidend: Die drei hatten einen gemeinsamen Glauben. Gott war wichtig für sie. Also beteten sie, gingen in den Gottesdienst, pflegten die frommen Bräuche.

Alles das: Gemeinschaft, Respekt, Mitgefühl, Glaube ist kein Privatvergnügen. Was eine Familie tut, prägt ein Dorf mit. Es wirkt auf die ganze Gesellschaft. Wir sind nie nur privat. Sie hier entscheiden mit, ob die Demokratie bleibt oder eine Diktatur kommt. – Ob alle gleich sein müssen oder Verschiedenheit etwas Gutes ist. – Ob es Mitgefühl und Hilfsbereitschaft gibt in diesem Land. – Ob alle sich als Bürger sehen, die geduldig gemeinsam handeln, oder ob sie nur noch Einzelne sind, die sich zusammenrotten und brüllen: „Wir sind das Volk!“ – Ob Macht, Geld und Überleben die einzigen Ziele sind oder das „allgemeine Wohl“. Und vielleicht sogar der Glaube.

Wir alle haben, hoffentlich, einen Mann, eine Frau, Kinder, Enkel, Freunde – also Gemeinschaft. Also Glück. Also Verantwortung. Und Möglichkeiten. Wie Sie zusammenleben, wie Sie mit einander reden (ob Sie mit einander reden), ob Sie zusammen auf etwas warten können oder alles sofort haben müssen, ob Ihre Kinder die Nachbarn grüßen und Sie selbst Ihren Nachbarn helfen: Das formt die Gemeinde.

Ob die Großeltern und Eltern den Glauben weitergeben (und wenn sie das nicht können, versuchen es lernen), ob die Kinder lernen, die Sexualität nicht zu fürchten, aber auch nicht zu banalisieren, ob die Jungs lernen, die Frauen zu achten, ob die Kinder überhaupt lernen zu lieben: Das alles formt Österreich. Und bei all dem braucht es Vorbilder – z. B. das der Heiligen Familie. Das Evangelium zeigt, wie diese drei miteinander umgingen.

Vorbilder – und Hilfe von oben. „Gnade.“ Ich weiß wirklich nicht, wie man die Kraft zu Liebe und Verstand erreichen will ohne Gott, alleine.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

Souveräner Malteser-Ritter-Orden

Johannesgasse 2 - 1010 Wien - Österreich | T: +43 1 512 72 44 | E: smom@malteser.at

X