1. Adventssonntag (C), 2. Dezember 2018 – Lernen zu vertrauen
Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes Frage an die Männer: Was sind Sie vor allem, Mensch oder Mann? Frage an die Frauen: Was ist Ihnen wichtiger, Frausein oder Menschsein? Sind Sie zuerst Katholikin oder zuerst Österreicherin? Jeder hat bewusst, unbewusst eine Wahl getroffen im Leben. Aber war es die richtige Entscheidung? Keine Zeit des Jahres fragt mich klarer als der Advent: Was bist du zuerst? Wo liegt der Schwerpunkt deines Lebens? Welchen Advent feierst du? Den Allerwelt-Advent oder den christlichen Advent? Mehr Glühwein oder mehr Gebet? Innige Volksmusik oder Stille? Glanz oder Einfachheit? Oder alles zusammen? Geht das? Zeit der Klarheit und der Neuentscheidung, das ist der Advent für mich. Und woher sollen sie kommen, die Klarheit und die Kraft zu einer neuen Entscheidung? Aus dem Vertrauen. Alle drei Lesungen heute sind geprägt vom Vertrauen. Da ist Ernst, aber keine Angst. Klarheit, aber kein Pessimismus. Die erste Lesung sieht „Recht und Gerechtigkeit“ am Horizont. Die zweite zeichnet das Bild eines verantwortlichen Christen. Das Evangelium sagt: „Fasst Mut!“ Was ist der Mut? Der Bruder des Vertrauens. Und wann braucht es Mut? Wenn es dunkel wird. Die Bibel kennt Angst; Sie hier kennen die Angst. Aber die Menschen gehen so unterschiedlich mit ihr um… Man kann durchs Leben laufen wie ein Gestörter, sich totarbeiten: Merkt man die Angst nicht. Man kann den Advent in Warenhäusern und auf Weihnachtsmärkten verbringen, im Lichterglanz, benebelt vom Glühwein: Merkt man die Angst auch nicht. Man kann sich aber auch still hinsetzen und schauen und hören. – Warum haben die Leute solche Angst, dass es in der Kirche zu ernst werden könnte? „Bleibt immer wach und betet“, sagt das Evangelium heute. Wachen: So kommt man zu Ruhe, von der Ruhe zu Klarheit und von der Klarheit zum Vertrauen. Ich entschließe mich zu vertrauen. Der Gesellschaft hier ist das Vertrauen völlig verloren gegangen. Frauen misstrauen Männern und Männer Frauen. Alle sichern sich ab, alle greifen an, niemand heißt willkommen, alle haben Angst. Vor dem sozialen Abstieg, vor den Fremden, vor dem Börsenkrach, vor der Klimakatastrophe, vor den Politikern. „Die Menschen werden vor Angst vergehen“, hat Jesus prophezeit. Ich sage nicht, dass die Sorgen nicht berechtigt sind. Aber sind Christen Menschen, die vor allem Angst haben und Misstrauen? Sehen Sie das an Jesus, an den Heiligen? Vertrauen ist nicht leicht. Den Priestern kann keiner mehr vertrauen, auf lange Zeit hin. Und Christus zu vertrauen, – wer in der Kirche hätte Sie das gelehrt? Das ist mein großer Vorwurf an die Priester früherer Generationen: dass sie nichts getan haben, um Jesus Christus lebendig werden zu lassen im Leben der Gläubigen. Außer Moral und Bräuchen nichts. Keine Beziehung. Die Lesungen vom Ersten Adventsonntag sagen Ihnen: Es wird sein. Nicht jetzt. Es wird gut, aber nicht jetzt. – Du hast eine Aufgabe. – Ihr habt eine Zukunft. Es wird schwierig, aber bleibt ruhig. Vertraut! Mir! Vielleicht ist der Advent heuer eher eine Zeit des Vertrauens als die „Zeit des Wartens“, von der immer die Rede ist. Warten ohne Vertrauen ist nur frustrierend. Dumm. Untätig. Wer nur wartet, verändert nichts. Wer wartet, weil er vertraut, gibt dieser Welt ein anderes Gesicht. Die Worte der Schrift lassen uns verstehen: Vertrauen hat mit Willen zu tun. Mit Gestaltung. Mit Zielen. Wer kein Ziel hat, wieso sollte der vertrauen? Was ist also Ihr Ziel im Leben? In diesem Advent? Weihnachten nur irgendwie zu überstehen? Warten mit Vertrauen meint: Ich kann darauf warten zu empfangen. Ich beschaffe mir nicht jeden Trost, jede Sicherheit selber. Ich – will – das – so! Ich will auch das: anderen ermöglichen, dass sie vertrauen können. „Wir bitten und mahnen euch, noch vollkommener zu werden“, schreibt Paulus. Noch vollkommener? Wozu das? Um mehr zu glänzen? Nein, um eine Richtung zu geben. Vorbild statt Ratlosigkeit. Vorbild statt Zwang. Vorbild statt Manipulation. Wer nicht alles selber nehmen muss, lernt, sich zu lösen. Der Advent der Christen ist eine Zeit der Lösung. Sich lösen von dem, was nicht wichtig ist. Was den Weg nur verstellt. Schenken z. B. nicht als Eindruck-schinden oder Schulden abtragen, sondern Schenken als Weggeben. Überlegen Sie: Mit was identifiziere ich mich? Ist das richtig so? Bin ich das wirklich? Und lassen Sie ’s fallen. Geht auch ohne. Auch das ist Vertrauen. Zeit des Vertrauens. Maria vertraut dem Engel; sie vertraut Joseph. Joseph vertraut seinen Träumen. Und Maria. Jesus vertraut seinem Vater. Sie können Ihren Kindern neu vertrauen, Ihrem Partner, dem Leben. Sie müssen lernen, Gott zu vertrauen. Der Prophet verheißt: „Recht und Gerechtigkeit schafft Gott im Land.“ Vater im Himmel, wir warten noch immer auf eine gerechte Welt. Gib uns Vertrauen, Weisheit und Mut, dass wir mitwirken. Paulus spricht vom Herz, das „gefestigt und ohne Tadel“ ist. Heiliger Geist, forme unsere Herzen. Jesus sagt: „Nehmt euch in Acht, dass Rausch und Sorgen des Alltags euch nicht verwirren.“ Christus, schenke uns Klarheit. Advent, Zeit des Wartens. Nicht auf irgendetwas, sondern auf eine Begegnung. Christus, begegne uns. Lass uns spüren, dass du da bist. Jesus sagt: „Wacht und betet allezeit, dann werdet ihr entrinnen.“ Wir bitten um den Geist des Gebetes für Laien und Priester, Frauen und Männer und Kinder. Mit dem Papst beten wir im Dezember für die Lektoren, Prediger, Lehrer, Eltern, Großeltern, Priester…: dass sie den Glauben gut vermitteln. Der Souveräne Malteser-Ritter-Orden feiert am 2. Dezember Unserer Liebe Frau von Liesse, Maria, Quelle unserer Freude. Gott, durch die Menschwerdung Deines Sohnes Jesus Christus hast Du die echte Freude in die Welt gebracht. Richte unsere Herzen an der wahren Freude des Himmels aus. Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.FÜRBITTEN