Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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Fest der hl. Monika, 27. August 2018 (07,12)

27/08/2018 


Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Das Verhältnis zwischen Juden und Christen muss schwierig sein. Es gibt derzeit wieder eine Debatte, in der Juden, Katholiken und vor allem natürlich die Journalisten des Feuilletons laut werden. Anlass ist, wenn ich recht verstehe, eine kleine Schrift des emeritierten Papstes Benedikt XVI. Die Diskussion zeigt im Grunde nur dies: dass sich das Problem nicht lösen lässt. Wo die einen auf den Messias warten und die anderen glauben, dass der Messias längst da ist, seit 2000 Jahren, da gibt es keine Vermittlung. Es sei denn, das Judentum würde Christus anerkennen oder das Christentum würde sagen: Jesus von Nazareth ist einer von vielen, aber nicht der Herr, nicht der Erlöser aller Menschen, auch der Juden.

Der Weg von dieser aktuellen Debatte hin zur heiligen Monika, die wir heute feiern, ist sehr kurz. Nur ein Schritt, von einer Frage zur nächsten. Erste Frage: Dürfen Christen für die Bekehrung der Juden zu Christus beten? Ist das nicht wahnsinnig herablassend, eine Missachtung des Judentums? Zweite Frage: Dürfen Mütter für die Bekehrung ihrer Kinder beten? Denn das hat Monika getan. Dass ihr Sohn Augustinus zum Glauben finde und sein Leben ändere, war ihr Lebensinhalt geworden. Das aber bedeutet doch: Sie wusste es besser als er. Darf es das geben, dass der eine es besser weiß als der andere? Soll nicht jeder einfach sein Leben leben?

Prüfen Sie dies: Eine Mutter darf zu ihrem Sohn sagen: „Ich bete für dich, dass du gesund bleibst / dass du die Prüfung bestehst.“ Niemand wird sich aufregen. Aber was, wenn eine Mutter ihrem Sohn sagt: „Ich bete, dass du Christ wirst?“ Allgemeines Unbehagen. Das geht zu weit. Gebet ist entweder eine Illusion, also belanglos – oder, wenn das Gebet nämlich tatsächlich etwas bewirkt, es ist ein Übergriff. Eine massive Einmischung in das Leben des anderen. Nicht jeder, der mir sagt „Ich bete für Sie!“, ist mir willkommen…

Wohin treibt uns das Begehren? Was verlangt die Wahrheit von uns? Was bedeutet es, einen andern Menschen zu lieben? Sein Kind zu lieben? Will Monika für sich oder für ihren Sohn? Will sie Recht behalten? Wollen die Christen Recht behalten, wenn sie für die Bekehrung anderer beten? Geht es ihnen also in Wahrheit um sich selbst? Und schließlich: Werden Gebete überhaupt erhört? Unsere Sonntagszeitung propagiert derzeit ein frohes, uneingeschränktes Ja. Ich zweifle. Ich betrachte die Geschichte und sehe Milliarden von nicht erhörten Gebeten. Mach, dass ich gesund werde! Mach, dass er zurückkommt! Mach, dass meine Kinder glauben! Mach, dass wir überleben! So viele Gebete – und: nichts. Ich kann es mir nur so erklären: Unsere Gebete werden erhört, aber wir wissen kaum je wie. Wir werden verstehen, eines Tages.

Augustinus war brillant, erfolgreich und verkommen. Die große Sorge seiner Mutter Monika. Das allein schon zeigt die Qualität dieser Frau. Viele Mütter fördern den moralischen Ruin ihrer Kinder, damit sie gesellschaftlichen Erfolg haben. Erfolg und Begabung interessierten Monika nicht weiter. Ihr großer Schmerz war, dass Augustinus ein liederliches Leben führte und allen möglichen Sekten nachlief. Wie die Witwe aus Nain hat auch Monika ihren Sohn tot gesehen. Tot an der Seele: ein brillanter, eitler, verkommener, liebloser Mann. Jahrelanges Beten, Tränen, Worte, Flehen, gefährliche Reisen… alles, was dieser Frau zu Gebote stand, setzte sie ein. Um ihren Sohn zu retten. Denn das ist doch die Botschaft des Evangeliums: Christus rettet. Ohne Christus Untergang. Zu Ostern 387 empfing Augustinus die heilige Taufe.

Wo einer sich so in das Leben eines anderen einmischt, wo einer den anderen überzeugen will, ihn gar retten, aber auch da schon, wo einer echte Verantwortung für einen anderen übernimmt, da muss es schier misslingen. Indiskretion, Taktlosigkeit, bloße Durchsetzung des eigenen Willens, Machtkampf, geistige Gewalt: so viele Klippen sind da zu nehmen. Es muss schief gehen, – wenn sich beide nicht läutern lassen vom Heiligen Geist. Beziehungen sind immer ein Risiko. Erst recht Beziehungen, in denen es um Liebe geht. Wer sich auf einen anderen Menschen wirklich einlässt, der wird sich früher oder später eine blutige Nase holen. Und das lebt keiner gut, der sich nicht läutern lässt vom Heiligen Geist. Wie leicht hätte das in einer Katastrophe enden können zwischen Monika und ihrem Sohn. Doch Monika war eine Heilige, und ihr Sohn wurde ein Heiliger. Das bedeutet nichts anderes als: zwei Menschen, die ihren Willen haben, ihre eigene Geschichte, ihre Beziehung zu einander, die alles das aber immer wieder öffnen. Die begehren, aber nicht besitzen. Die das, was sie wollen (oder nicht wollen) dem Hl. Geist aussetzen. Monika bewusst, Augustinus zunächst unbewusst. Er war auf der Suche, das genügt.

Vielleicht muss das Gebet manchmal zum hilflosen Schweigen werden. Die Witwe im Evangelium betet nicht mehr. Sie klagt. Sie kann ja nichts mehr tun für ihr Kind, denn noch hat sie von der Auferstehung nichts gehört. Sie weint, das ist alles, was wir ihr bleibt. Gott ist es, der handelt. „Junger Mann, ich sage dir: Steh auf!“ – „Und er gab ihn seiner Mutter zurück.“

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